Brüssel geht gegen Devisenkartelle vor
Die Großbanken Barclays, RBS, Citigroup, J.P. Morgan und MUFG müssen wegen Absprachen im Devisenhandel insgesamt rund 1,1 Mrd. Euro an Strafe zahlen. Dies entschied die EU-Kommission, die zwei Kartelle aufgedeckt hatte. UBS hatte den entscheidenden Hinweis gegeben und geht daher straffrei aus.ahe/dz Brüssel/Zürich – Nach jahrelangen Ermittlungen hat die EU-Wettbewerbsbehörde fünf Banken Geldbußen von insgesamt 1,1 Mrd. Euro wegen einer Beteiligung an Devisenhandels-Kartellen aufgebrummt. Die Untersuchung der Brüsseler Behörde hatte ergeben, dass einzelne Devisenhändler, die für den Forex-Kassahandel auf Rechnung der beteiligten Banken zuständig waren, sensible Informationen und Handelsabsichten ausgetauscht und ihre Handelsstrategien von Zeit zu Zeit über verschiedene professionelle Online-Chatrooms koordiniert hatten. Dabei wurden offene Kundenaufträge und Risikopositionen der Händler oder auch Kurse für bestimmte Transaktionen weitergegeben. Dieser Austausch begann Ende 2007 und dauerte teilweise bis Anfang 2013.Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu, die EU werde Verhaltensabsprachen in keinem Finanzmarktsektor tolerieren. “Das Verhalten der Banken hat die Integrität des Sektors auf Kosten der europäischen Wirtschaft und der europäischen Verbraucher untergraben.” Nach Angaben der EU-Kommission geht es um zwei Kartelle, an denen in beiden Fällen Barclays sowie die Royal Bank of Scotland (RBS) beteiligt waren. Hinzu kamen in dem einen Fall – dem sogenannten “Three-Way-Banana-Split-Kartell” – noch Citigroup und J.P. Morgan. Im zweiten Fall – dem “Essex-Express-Kartell” – war noch die MUFG Bank, die frühere Bank of Tokyo-Mitsubishi beteiligt.Auch die Schweizer Großbank UBS mischte in beiden Kartellen mit. Da das Institut aber als Kronzeuge in dem Verfahren auftrat, wurde ihr die Geldbuße von 285 Mill. Euro erlassen, wie die EU-Kommission mitteilte. Auch die meisten anderen Banken erhielten noch Ermäßigungen, die sich danach richteten, wann die Banken ihre Zusammenarbeit angeboten hatten (siehe Tabelle).Die Citigroup muss nun rund 311 Mill. Euro zahlen, RBS 249 Mill. Euro, J.P. Morgan 229 Mill. Euro, Barclays 210 Mill. Euro und die MUFG Bank etwa 70 Mill. Euro. J.P. Morgan und RBS erklärten, sie seien froh, das Thema mit der Strafe aus der Welt zu schaffen. Sie hätten ihre Kontrollen verbessert. Auch die MUFG Bank betonte, ihre Vorkehrungen gegen Manipulationen verstärkt zu haben. Barclays und Citigroup lehnten dagegen zunächst eine Stellungnahme ab.Nach Erkenntnissen der EU-Kommission kannten sich die meisten der beteiligten Händler persönlich. Sie richteten verschiedene Chatrooms ein und forderten dann den Angaben zufolge je nach Handelstätigkeit und persönlichen Affinitäten weitere Händler zur Teilnahme auf. “So schafften sie auf Vertrauen basierende geschlossene Kreise”, erklärte die Brüsseler Wettbewerbsbehörde.Betroffen von den Absprachen war der Devisenkassahandel mit insgesamt elf Währungen. Alle weltweit wichtigen Währungen vom Euro über Pfund Sterling, Yen, Schweizer Franken bis hin zum Dollar waren darunter. Durch den Informationsaustausch konnten die Händler bisweilen feststellen, wann eine Koordinierung möglich war, und dann beispielsweise vorübergehend auf Abschlüsse verzichten, um die Geschäfte anderer Händler im Chatroom nicht zu beeinträchtigen.Die EU-Kommission verwies darauf, dass neben dem jetzt abgeschlossenen Verfahren noch weitere Verfahren in Brüssel liefen, die den Devisenkassamarkt beträfen. Diese würden weiter fortgesetzt. Auf die betroffenen Banken könnten zudem auch noch Schadenersatzklagen von Betroffenen zukommen. Die jetzt verhängte Geldbuße würde dabei nicht mindernd angerechnet.Die UBS spielte in diesem Kartell bis zum letzten Tag eine Schlüsselrolle. Zunächst wirkte sie an vorderster Front bei den vielfältigen Manipulationen mit, um sich im September 2013 selbst bei den Kartellwächtern in Brüssel anzuzeigen. Aufgrund der seit 2006 in der EU geltenden Kronzeugenregelung kommt die Bank nun um die Zahlung einer Strafe herum. Schon im letzten großen Kartellfall in der EU war die UBS als Kronzeugin straffrei davongekommen. Bei der Manipulation von Referenzzinssätzen im Londoner Interbankenmarkt (Libor) hatten die europäischen Wettbewerbshüter die meisten Spuren bei der UBS entdeckt. Ohne den Kronzeugenstatus hätte sie in diesem Fall 2,5 Mrd. Euro zahlen müssen. Auch die amerikanische Justiz gewährte der Bank für ihre Hinweise zur Aufdeckung des Kartells Straffreiheit.Auf Anfrage von Nachrichtenagenturen zeigte sich die UBS erleichtert über den Entscheid der EU-Kommission: “Wir haben viel investiert, um unsere Kontrollmechanismen weiter zu verstärken, und wir sind froh, diese Angelegenheit beigelegt zu haben.” Auch die Börse reagierte sichtlich positiv auf die Neuigkeit. Die UBS-Aktien legten im gestrigen Handel mehr als 2 % auf über 12 sfr zu, nachdem sie in den Tagen zuvor unter erheblichem Verkaufsdruck gestanden hatten.Vollständig abgearbeitet sind die Altlasten aber noch lange nicht. Ausstehend ist unter anderem der Entscheid der schweizerischen Wettbewerbskommission, der noch vor Ende Juni erwartet wird. Überdies ist – nicht nur bei der UBS – eine Reihe von Zivilklagen anhängig, mit denen betroffene Kunden auf Schadenersatz klagen.