Brexit

Happy Days

Die britische Finanzbranche hat das Pandemiejahr 2020 gut überstanden. Sie exportiert zwar weniger in die EU, dafür aber mehr in die Vereinigten Staaten. Die Reue nach dem Brexit hält sich in Grenzen.

Happy Days

Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis die Briten auf Knien nach Brüssel gerutscht kommen, um sich für den Brexit zu entschuldigen. Die Finanzbranche und ihre Dienstleister sind gut durch das Pandemiejahr 2020 gekommen. Alles in allem exportierten sie in etwa so viel wie im Jahr zuvor. Doch lösten die Vereinigten Staaten die EU als wichtigster Abnehmer von Finanzdienstleistungen und darauf bezogenen Diensten ab.

Darin spiegelt sich die wachsende weltweite Bedeutung der Wall Street wider, die mit der City of London eng verbunden ist – nicht nur durch eine gemeinsame Sprache und sich überschneidende Handelszeiten, sondern auch durch sich oft ergänzende Angebote. Andererseits zeigen sich in den vom Branchenverband The City UK vorgelegten Daten die Konsequenzen des EU-Austritts: Die Exporte in die Staatengemeinschaft sind geschrumpft.

Doch blickt man in der Square Mile lieber nach vorn. Die Ausfuhren in die USA sind gewachsen, und der Ausbau der mitunter symbiotischen Beziehung von City und Wall Street wäre ein logischer Schritt, um die herannahenden Wettbewerber aus Fernost auf Abstand zu halten. Die künftigen Wachstumsfelder sind klar definiert: Green Finance, islamisches Fi­nanzwesen, Fintech, maritime Dienstleistungen und Infrastrukturfinanzierung. Mit New York kommt man sich da nicht groß in die Quere.

Von anderen Geschäften verabschiedet man sich langsam. Es ist kein Zufall, dass die Londoner Börse den Anteil des Clearing­geschäfts am Umsatz der Gruppe herunterfahren will. Aus Londoner Sicht wäre die EU zwar gut beraten, bei der Abwicklung von Derivate- und Wertpapiertransaktionen auch weiterhin auf das größte europäische Finanzzentrum zu setzen. Doch sehen das viele Regierungen auf dem Kontinent anders. So nimmt man in London noch so viel wie möglich mit, bis die nötigen Kapazitäten innerhalb der Staatengemeinschaft aufgebaut sind.

Wer glaubte, die Briten für den EU-Austritt abstrafen zu können, hat sich in erster Linie selbst geschadet. Es ist nicht besonders effizient, ein Finanzzentrum durch viele kleine zu ersetzen. Zudem wird dadurch die Position der europäischen Finanzbranche im Wettbewerb mit den Vereinigten Staaten und fernöstlichen Finanzzentren wie Singapur und Hongkong ge­schwächt. In London ist man sich darüber im Klaren, dass es sich dabei um ernst zu nehmende Konkurrenten handelt. Auf dem Kontinent scheint man dagegen innereuropäische Rivalitäten wichtiger zu nehmen.

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