Citigroup

„Wir sind keine Bling-Bling-Bank“

Der deutsche Mittelstand lockt: Im Gespräch mit der Frankfurter Finanzpresse stellt Jane Fraser, Chefin des US-Finanzkonzerns Citigroup, die gewachsene Präsenz in Europa heraus.

„Wir sind keine Bling-Bling-Bank“

lee Frankfurt

Die US-Großbank Citigroup buhlt nicht nur um den deutschen Mittelstand, sondern reicht auch kommunikativ Europa die Hand. Bei einem Besuch des Frankfurter Standorts betonte die seit gut einem Jahr amtierende Konzernchefin Jane Fraser vor Journalisten die regionalen Stärken des Instituts, die aus ihrer Sicht gerade in der aktuellen geopolitischen Lage ein wichtiges Asset sind. Von einer De-Globalisierung will Fraser indes nicht sprechen. „Das trifft es nicht, auch wenn die Welt sich verändert und das Lokale an Bedeutung gewinnt.“

Dafür sei Citigroup dank einer gewachsenen internationalen Präsenz bestens gerüstet. „Wir sind keine Bling-Bling-Bank wie manch andere, was uns auszeichnet, ist unser ausgezeichnetes Netzwerk“, sagte Fraser. So betreibe die Citi-group in Kontinentaleuropa nicht bloß Büros oder einen zentralen Hub, sondern unterhalte seit mehr als 100 Jahren enge Geschäftsbeziehungen in den wesentlichen Märkten: „Unsere Leute kennen den lokalen Fußballclub und wissen, was in der Politik los ist.“ Das schätzten die Kunden, weshalb Citigroup vielerorts die Nummer eins im grenzüberschreitenden Geschäft sei. „Insbesondere in Bereichen, die wie etwa das Cash- oder Risikomanagement zutiefst unsexy sind“, ergänzte sie.

Unkommentiert lassen wollte sie die Kritik der europäischen Bankenaufsicht an der offenbar schleppenden Verlagerung der Geschäftstätigkeit internationaler Großbanken von London in die Eurozone infolge des Brexit (BZ vom 19. Mai): „Ich kann dazu nur betonen, dass wir in 20 von 27 Märkten präsent sind“, ließ sie sich dazu lediglich entlocken. In Frankfurt, dem Sitz von Citigroup Global Markets Europe, zähle das Institut derzeit etwa 450 Beschäftigte und damit 50 mehr als 2019.

Ukraine-Krieg als Zäsur

Den russischen Angriff auf die Ukraine betrachtet die Bankerin als Zäsur: „Auch wenn das sehr große Worte sind: Dieser Krieg ändert den Lauf der Geschichte.“ Die tektonischen Verschiebungen beträfen nicht nur die Energieversorgung, sondern auch das internationale Finanzsystem und die globalen Lieferketten.

Aufgrund der regionalen Nähe werde sich insbesondere ein Abrutschen Europas kaum vermeiden lassen: „Es ist der perfekte Sturm, der hier aufzieht.“ Allerdings seien ereignisgetriebene Rezessionen in der Regel besser zu managen als Rezessionen, deren Ursachen makroökonomischer Natur seien. Zudem befinde sich Europa und mehr noch die USA in einer konjunkturell relativ starken Verfassung, was die Auswirkungen einer Rezession abfedere: „Die Taschen der Verbraucher sind nach der Pandemie mit Cash gefüllt, was die Inflation für die Bevölkerung erträglicher macht.“ Darüber hinaus befinde sich der Arbeitsmarkt in stabiler Verfassung.

Gleichwohl hält Fraser Zinserhöhungen im Euroraum für erforderlich, um die Preissteigerung in den Griff zu bekommen, die nicht von der Geldpolitik verursacht werde, sondern geopolitische Ursachen habe: „Mein Mitgefühl gilt momentan den Notenbankern, die das jetzt hinbekommen müssen, ohne die Rezession unnötig zu verschlimmern.“

Mit Blick auf das eigene Haus, das mit Abstand das größte Russland-Exposure der US-Banken aufwies, zeigte sich Fraser zufrieden mit dem Tempo des Rückbaus. Allein im ersten Quartal hatte das Institut das Exposure um 2 Mrd. Dollar auf 7,8 Mrd. Dollar reduziert und das Neugeschäft eingestellt. Momentan sei die Citigroup in Russland vor allem damit beschäftigt, ihre multinational tätigen Kunden beim Rückzug zu unterstützen, sagte sie. Auch sei der Verkauf von Geschäftsteilen geplant, um die Russland-Präsenz materiell zu verkleinern.

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