Fünf Fragen anAnja Schulz (FDP)

„Jeder sollte selbst entscheiden können, wie er seine Altersvorsorge gestalten will.“

Für Anja Schulz (FDP) beflügelt die Reform der privaten Altersvorsorge in Deutschland die Aktienkultur. Das neue Vorsorgedepot und die höhere staatliche Förderung bringt die Altersvorsorge auch auf eine zeitgemäßes Niveau.

„Jeder sollte selbst entscheiden können, wie er seine Altersvorsorge gestalten will.“

Frau Schulz, die Bundesregierung hat die Reform der privaten Altersvorsorge (pAV) auf den Weg gebracht. Der Referentenentwurf wird derzeit innerhalb der Ressorts abgestimmt. Zieht jetzt mehr Aktienkultur in die private Vorsorge ein?

Absolut! Mit dem Altersvorsorgedepot bieten wir ein flexibles Vorsorgeprodukt, das den Bürgern die Wahl der Anlageform überlässt – egal ob Aktien, Fonds oder ETFs. Zudem knüpfen wir an den Trend zum Depotsparen an, der seit einigen Jahren zu beobachten ist. Und dank der vereinfachten Förderung wird jeder gesparte Euro stärker und direkt belohnt.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat eine erhöhte Förderung bis zu einem Sparbetrag von zunächst 3.000 Euro, von 2030 an bis zu 3.500 Euro im Jahr vorgeschlagen. Manche Kritiker finden das zu viel, andere Länder fördern stärker. Passt der Vorschlag für Sie?

Jahrelang wurden Zulagen und steuerliche Förderbeträge nicht an Inflation und steigende Löhne angepasst. Mit dem pAV-Reformgesetz bringen wir die Förderung auf ein zeitgemäßes Niveau. Bis zu 3.000 Euro Förderung entsprechen einem monatlichen Sparplan von 250 Euro. Zum Vergleich: Der durchschnittliche deutsche Sparer legt rund 164 Euro im Monat in ETFs an – damit sind wir bestens aufgestellt.

Die Versicherungswirtschaft rebelliert gegen den Begriff „Fondsrente“, weil ein Auszahlungsplan aus dem Vorsorge-Depot keine lebenslange Versorgung garantiert. Ist ein Auszahlungsplan risikoreich?

Das Risiko, länger zu leben als das Geld reicht, ist nicht zu unterschätzen. Dennoch setzen wir auf die Empfehlung der Fokusgruppe, mehr Flexibilität zu ermöglichen – ohne verpflichtende Absicherungen über das 85. Lebensjahr hinaus. Ab dem Punkt besteht volle Entscheidungsfreiheit auf das Restkapital. Studien zeigen, dass Auszahlungspläne in Ländern wie den USA und Australien gut funktionieren, weil Sparer aus Vorsicht konservativ entsparen.

Diskutiert wird immer noch ein Obligatorium oder zumindest ein Opt-out aus einem Obligatorium. Im Entwurf ist dies nicht enthalten. Würde die Pflicht zur Vorsorge die Lage im Alter verbessern?   

Jeder sollte selbst entscheiden können, wie er seine Altersvorsorge gestalten will. Ein Obligatorium greift in die persönliche Freiheit ein und könnte zu ungewollten Belastungen führen, gerade bei Menschen, die vor finanziellen Herausforderungen stehen. Statt Zwang setzen wir auf Anreize und Transparenz, um Eigenvorsorge attraktiv und verständlich zu machen – das stärkt langfristig die Altersvorsorge und den individuellen Spielraum.

Geplant ist, eine unabhängige Vergleichsplattform für die Vorsorgeprodukte einzuführen. Was kann diese Plattform bewirken?

Die Vergleichsplattform schafft Transparenz im Dschungel der Vorsorgeprodukte. Viele Sparer tun sich schwer, die Vielzahl an Angeboten zu vergleichen. Die Plattform soll einen klaren Überblick bieten und den unkomplizierten Vergleich ermöglichen. Gleichzeitig stärkt sie den Wettbewerb zwischen den Anbietern und legt die Grundlage für informierte Vorsorgeentscheidungen der Verbraucher.