Geld oder BriefChipindustrie

Bei der Intel-Aktie überwiegt die Skepsis

Der Kurs der Intel-Aktie hat sich im laufenden Jahr deutlich erholt. Der Chiphersteller befindet sich aber nach wie vor in der Krise. Ob die Pläne, Intel aus der Krise zu führen, gelingen, steht in den Sternen. Für Anleger bestehen erhebliche Risiken.

Bei der Intel-Aktie überwiegt die Skepsis

Geld oder Brief

Bei der Intel-Aktie überwiegt die Skepsis

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Die Aktie des amerikanischen Prozessorenherstellers Intel hat sich im bisherigen Jahresverlauf überraschend gut geschlagen. Die Aktie verzeichnete einen Kursanstieg von etwas mehr als 31%, was sich mit einem deutlich schwächeren Anstieg des amerikanischen Leitindex von 15% vergleicht. Die Entwicklung überrascht, da Intel aktuell eine ganze Reihe von Problemen hat und auch gegenüber dem Wettbewerber AMD deutlich am Markt zurückgefallen ist. Allerdings setzen nun viele Anleger darauf, dass dem Konzern der Turnaround gelingt, und dem Management ist es sogar gelungen, an dem Hype rund um künstliche Intelligenz (KI), von dem beispielsweise Nvidia enorm profitiert, teilzuhaben.

Ob die Pläne des Managements gelingen, steht in den Sternen. Die Analysten sind jedenfalls eher skeptisch. Von 44 Analysten, die die Aktie beobachten, raten lediglich acht zum Kauf, bei einer Einstufung mit "Overweight". Dem stehen 28 Empfehlungen gegenüber, die Aktie lediglich im Portfolio zu behalten. Sechs Häuser raten zum Verkauf und eines zum Untergewichten. Für die notorisch zuversichtlichen Sell-Side-Analysten in den USA ist das ein deutlich negatives Votum. Nach wie vor beträgt der Aktienkurs aber lediglich rund die Hälfte seines Hochs von 2021. Ihr Allzeithoch hatte die Aktie übrigens vor sehr langer Zeit im Jahr 2000 markiert. Es ist nicht übertrieben, davon zu sprechen, dass sich Intel nach wie vor in einer Krise befindet. In wesentlichen Marktsegmenten hat bei den Prozessoren der Rivale AMD deutlich die Nase vorn. Dies betrifft inzwischen auch die lukrativste Produktlinie des Konzerns, nämlich die Prozessoren für Rechenzentren. Dort bieten die Genoa-Chips von AMD ein deutlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis als die Sapphire-Rapids-Prozessoren von Intel. Die Prozessoren von Intel basieren zudem auf der älteren 10-Nanometer-Technologie, während AMD bereits zu der 5-Nanometer-Fertigung übergegangen ist. Zudem befindet sich der gesamte PC-Markt in einer Krise, mit einem Rückgang der Verkäufe im Jahresvergleich von bis zu 29%. Als Reaktion hat sich der Konzern ein umfangreiches Sparprogramm verordnet. Im laufenden Jahr sollen die Kosten um 3 Mrd. Dollar gedrückt werden, bis Ende 2025 sogar um 10 Mrd. Dollar. Intel macht auch zu schaffen, dass Grafikprozessoren für die Anwender immer wichtiger werden, beispielsweise für KI-Anwendungen. Hier hat Nvidia gegenüber Intel die Nase weit vorn. Immerhin hat Intel Ende Juli für das laufende Quartal eine über den Erwartungen der Analysten liegende Prognose abgegeben, was den Aktienkurs stützte. Und auch für das zweite Quartal selbst lagen die Erlöse mit 12,9 Mrd. Dollar über den Analystenschätzungen von durchschnittlich 12,1 Mrd. Dollar. Die Erwartungen weit übertroffen hat ebenso das Ergebnis je Aktie mit positiven 13 Cent gegenüber der Konsensschätzung von −4 Cent. Bedenklich ist aber, dass der Free Cashflow in den vergangenen zwölf Monaten bei −17 Mrd. Dollar lag, was dafür sorgt, dass die Aktie auf Anlegersicht risikoreicher ist als in der Vergangenheit.

Teilhabe am KI-Hype

Intel versucht derzeit mit allen Kräften, an dem Hype um die künstliche Intelligenz teilzuhaben. So sagte Chief Financial Officer David Zinsner kürzlich in einem Interview, Intel werde von dem zunehmenden Interesse an KI profitieren. Er räumte aber ein, dass der Konzern unter dem verstärkten Interesse an Grafikprozessoren im Serverbereich und unter der Konjunkturflaute in China leiden werde. Intel will nun Prozessoren für KI-Anwendungen entwickeln, die zumindest bei KI-Anwendungen mit geringerem Rechenaufwand mit den Produkten von Nvidia Schritt halten sollen.

Intel hat aber noch andere Pläne. Der Konzern will das Foundry-Geschäft deutlich hochfahren und damit in der Chipfertigung zu Marktführern wie der taiwanesischen TSMC aufschließen. Im vergangenen Jahr hat Intel bereits sein Budget für Forschung und Entwicklung deutlich auf 17,5 Mrd. Dollar hochgefahren. Dies sind immerhin knapp 28% der Erlöse. Allerdings geben auch AMD und TSMC mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus, wobei klar ist, dass diese beiden Konzerne aufgrund ihres rasanteren Umsatzwachstums auch die Forschungsausgaben schneller hochfahren können. Es wird erwartet, dass der kombinierte Etat der beiden Wettbewerber für Forschung und Entwicklung im kommenden Jahr höher ausfallen wird als derjenige von Intel, wobei in der Branche die relative Höhe der F&E-Aufwendungen Rückschlüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit zulässt.

Anleger sollten sich also darüber im Klaren sein, dass die Aktie derzeit mit durchaus substanziellen Risiken verbunden ist. Ein Beispiel dafür ist beispielsweise die kürzlich gescheiterte Übernahme des israelischen Chipherstellers Tower Semiconductor aufgrund einer nicht erfolgten kartellrechtlichen Freigabe durch die chinesischen Behörden. Sollte es weitere Rückschläge dieser Art geben, wären die großen Pläne von Intel gefährdet.