DEVISENWOCHE

Der Real fällt gegenüber dem Peso zurück

Von Stefan Grothaus *) Börsen-Zeitung, 8.9.2020 Lateinamerika ist weltweit die am stärksten von der Corona-Epidemie betroffene Region. Dies gilt auch für die beiden größten Länder Brasilien und Mexiko. Auf den Wirtschaftseinbruch durch die...

Der Real fällt gegenüber dem Peso zurück

Von Stefan Grothaus *)Lateinamerika ist weltweit die am stärksten von der Corona-Epidemie betroffene Region. Dies gilt auch für die beiden größten Länder Brasilien und Mexiko. Auf den Wirtschaftseinbruch durch die Corona-Epidemie reagierte die brasilianische Regierung mit massiven Unterstützungen. So kamen zuletzt rund 66 Millionen Brasilianer, fast ein Drittel der Bevölkerung, in den Genuss der Hilfszahlungen von 600 BRL pro Monat. Nach Schätzung des IWF umfassen die direkten Hilfen in Brasilien insgesamt ein Volumen von 6,5 % des BIP. In Mexiko hielt sich die Regierung dagegen zurück, so dass die Hilfen hier nur rund 0,7 % des BIP erreichen. Dieser deutliche Unterschied spiegelt sich auch in den Wirtschaftsdaten wider. Zwar schrumpfte das BIP im zweiten Quartal auch in Brasilien mit – 9,7 % (Q/Q) in einem erheblichen Umfang, in Mexiko sackte die Wirtschaftsleistung aber sogar um 17,1 % (Q/Q) ab. Aufstieg aus dem LochZudem gelingt es Brasilien offenbar besser, aus dem wirtschaftlichen Loch zu steigen. In der Coronakrise zeichneten sich die Präsidenten beider Länder zwar durch einen persönlich eher laxen Umgang mit dem Infektionsgeschehen aus. Einschränkungen in der Wirtschaft blieben in Mexiko jedoch merklich länger wirksam. Den besseren Wirtschaftsdaten zum Trotz geriet der brasilianische Real in diesem Jahr gegenüber dem mexikanischen Peso aber ins Hintertreffen. Dabei waren beide Währungen vom allgemeinen Absturz der Emerging-Market-Währungen im ersten Quartal noch in einem vergleichbaren Ausmaß betroffen. Anschließend gelang es dem Peso aber, zumindest einen Teil der Verluste wieder aufzuholen, während der Real noch länger zur Schwäche neigte und sich bis heute nicht nachhaltig erholen konnte. Kehrseite der HilfenDie Kehrseite der großzügigen fiskalischen Hilfen in Brasilien ist die deutliche Ausweitung der Defizite in den öffentlichen Haushalten. Ausgehend von einem trotz früherer Konsolidierungsanstrengungen hohen Haushaltsdefizit von knapp 6 % des BIP 2019 dürfte der Fehlbetrag in diesem Jahr bis auf fast 16 % des BIP (Bloomberg-Consensus) nach oben schnellen. Dies ließ an den Finanzmärkten die Befürchtung der Rückkehr zu einer früheren Schuldenpolitik aufkommen (in Mexiko dürfte die Ausweitung des Defizits von unter 2 % des BIP auf rund 5 % dagegen deutlich moderater bleiben). Die brasilianische Regierung schaffte es mit ihren Planungen auch nur begrenzt, diese Sorgen zu dämpfen. Die in diesem Monat auslaufenden Hilfszahlungen werden bis zum Jahresende zumindest in reduzierter Form (300 BRL) weitergeführt. PopularitätsschubSpannender ist aber, wie es im kommenden Jahr weitergeht. Die großzügigen Hilfen verhalfen Präsident Bolsonaro zu einem Popularitätsschub, den er sich auch mit Blick auf seine Wiederwahlchancen erhalten will. In dem in der letzten Woche dem Parlament vorgelegten Haushaltsentwurf ist noch nicht das von Bolsonaro angekündigte Programm “Renda Brasil” enthalten, das das Sozialprogramm seines ungeliebten Vor-Vorgängers Lula da Silva sowie die aktuellen Corona-Hilfszahlungen ersetzen soll. Zwar sind hier noch kaum Details bekannt, allerdings dürfte es großzügiger ausfallen, und damit drohen gesetzliche Ausgabenbeschränkungen verletzt zu werden. Im parlamentarischen Entscheidungsprozess könnte zudem der Haushaltsentwurf noch zugunsten weiterer Ausgaben verwässert werden, ein zuletzt gern praktiziertes Vorgehen, um die Verabschiedung zu erleichtern. Der in dieser Woche in Mexiko ins Parlament zu bringende Haushaltsplan dürfte im Vergleich zum brasilianischen Pendant sehr bescheiden ausfallen.Gegenüber den Währungen des G10-Universums ist für Emerging-Market-Währungen ein auskömmlicher Zinsvorsprung immer ein Stabilisierungsfaktor. Die brasilianische Notenbank hat ihren Leitzins in der Coronakrise kräftig gesenkt, und mit nunmehr 2 % ist die Prämie gegenüber Euro, Dollar & Co nur noch vergleichsweise mager. Dennoch hätte der Real nach den Einbußen der vergangenen Monate zwar deutliche Erholungschancen, hierfür wäre aber eine glaubwürdige Konsolidierungspolitik notwendig, an der wir aber einige Zweifel hegen. Der Peso dürfte dagegen von der auch weiterhin konservativen Fiskalpolitik profitieren, da Präsident López Obrador seine Partei Morena, die im Parlament über eine auskömmliche Mehrheit verfügt, noch im Griff hat. Der zuletzt beschleunigte Preisauftrieb hat die Notenbank zwar noch nicht von Zinssenkungen abgehalten, die Wortwahl fiel aber erheblich vorsichtiger aus, was am Devisenmarkt dahingehend interpretiert wurde, dass vom aktuellen Niveau von 4,5 % aus allenfalls noch moderate Zinssenkungen zu erwarten sind. Selbst wenn sich die Notenbank zu weitergehenden Lockerungen entscheiden sollte, erscheint ein Leitzinsniveau wie in Brasilien unwahrscheinlich. Höheres Zinsniveau und solidere Haushaltspolitik sprechen daher auch weiterhin für den Peso. *) Stefan Grothaus ist Devisenanalyst bei der DZ Bank.