Nachdem der Kupferpreis im vergangenen Jahr aufgrund des makroökonomischen Gegenwinds und der coronabedingten Schließungen in China rückläufig gewesen ist, sieht der ETP-Anbieter Wisdom Tree an den Rohstoffmärkten gegenwärtig Anzeichen, dass das Industriemetall in diesem Jahr wieder beflügelt werden könnte. Grund dafür sei unter anderem die Öffnung Chinas nach den Lockdowns. „China verbraucht mehr als die Hälfte des weltweit raffinierten Kupfers, wobei sich seine Nachfrage in den vergangenen vier Jahrzehnten verachtfacht hat. Die chinesische Produktionstätigkeit ist daher unweigerlich ein Haupttreiber der Kupferpreise“, so Mobeen Tahir, Direktor im Bereich Makro-Research und taktische Anlagelösungen bei Wisdom Tree.

Zwar sei die Produktivität des chinesischen verarbeitenden Gewerbes von August bis Dezember des vergangenen Jahres rückläufig gewesen, was sich auch im Januar dieses Jahres fortgesetzt habe, jedoch erwartet Wisdom Tree einen Anstieg der Produktivität, wenn die Lockdowns langfristig aufgehoben werden. Des Weiteren stelle China eine wichtige Quelle für die grüne Nachfrage nach Kupfer dar. „Chinesische Subventionen für Hersteller von Elektrofahrzeugen haben eine boomende Industrie entstehen lassen, so dass Unternehmen wie BYD nun mit Tesla um weltweite Marktanteile konkurrieren. Obwohl die Subventionen für die Hersteller in diesem Jahr auslaufen, werden die Steuerbefreiungen für die Käufer 2023 beibehalten.“

Die Nachfrage werde auch durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur unterstützt, die eine Schlüsselkomponente des 14. Fünfjahresplans Chinas vom Dezember 2022 sei. Ein batteriebetriebenes Elektroauto benötige drei- bis viermal so viel Kupfer wie ein entsprechendes Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, während eine Schnellladestation mit 200 Kilowatt einen Bedarf von etwa 8 Kilogramm Kupfer habe. Einen ähnlichen Multiplikatoreffekt auf die Kupfernachfrage hätten auch andere Komponenten der Energiewende wie Windkraft- und Solaranlagen, in die China stark investiere. Nicht nur die Nachfrage, sondern auch das verfügbare Angebot wirkt sich laut dem Assetmanager auf die Entwicklung des Kupferpreises aus. „Die Kupferbestände an den Börsen sind bedrohlich niedrig. Das ist ein Zeichen für eine Angebotsverknappung, die sich bei einem raschen Anstieg der Nachfrage noch verschärfen könnte“, sagt Tahir.

Als Beispiel diene Peru. Das zweitgrößte kupferproduzierende Land sei für etwa 10% der weltweiten Produktion verantwortlich. „Eine Unterbrechung der Lieferungen aus Peru kann den Kupfermarkt leicht in ein Defizit stürzen“, so der Experte. „Auch wenn die Unterbrechungen diesmal vielleicht nicht so gravierend sind wie bei den coronabedingten Minenschließungen in Chile und Peru in den Jahren 2020 und 2021, könnten sie dennoch bedeutende Auswirkungen haben.“ Dies sei insbesondere der Fall, wenn sie mit einer höheren Nachfrage aus China einhergingen. Die Preisbildung auf dem Markt habe sich als Reaktion auf diese Entwicklungen verändert.

Da die Energiewende zu einem Synonym für Energiesicherheit ge­worden sei, erwartet Wisdom Tree in diesem Jahr auch weitere Maßnahmen von den USA, Europa und China. „Wenn Europa in der neuen Ära der sauberen Energie wettbewerbsfähig bleiben will, muss es etwas bieten, das mit dem US Inflation Reduction Act mithalten kann“, so Tahir. Für ihn deuten die langfristigen Nachfragetrends bei Kupfer darauf hin, dass sich der Aufwärtstrend fortsetzen könnte, allerdings je nach makroökonomischer Lage zyklisch bleiben werde. Zyklische Rückschläge jedoch könnten für Anleger, die die strukturellen Argumente für Kupfer erkennen, interessante Einstiegsmöglichkeiten bieten.