Mercedes-Benz wird vorsichtiger
jh Stuttgart
Mercedes-Benz stellt sich für dieses Jahr auf einen stagnierenden Umsatz und einen leichten Rückgang des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (Ebit) ein. Der Absatz soll stabil bleiben. „Wir bevorzugen Marge vor Volumen“, sagte Finanzvorstand Harald Wilhelm in der Jahreskonferenz vor Journalisten und Analysten. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz des Stuttgarter Autoherstellers um 12% auf 150 Mrd. Euro, das Ebit nahm überproportional um 28% auf 20,5 Mrd. Euro zu (siehe Tabelle).
Der Konzern profitierte von gestiegenen Verkaufspreisen, die sich angesichts des knappen Angebots als Folge des Halbleitermangels relativ leicht durchsetzen ließen. Zudem konzentriert sich Mercedes-Benz stärker auf die Fahrzeuge im oberen Premiumsegment, die höhere Margen liefern. Der Absatz dieser Autos stieg um 8%.
„2022 war ein starkes Jahr“, sagte der Vorstandsvorsitzende Ola Källenius. Das Unternehmen habe in einem herausfordernden Umfeld seine Resilienz bewiesen. Für dieses Jahr rechnet der Vorstand mit „einer leicht positiven Entwicklung der Nettopreise“. Damit sollten alle Widrigkeiten, besonders die weiter steigenden Kosten, ausgeglichen werden, ergänzte Wilhelm.
Insgesamt fällt der Ausblick nach Einschätzung des Vorstands vorsichtig aus. Gründe dafür sind die Risiken für die Lieferketten, die hohen Preise für Rohstoffe und Energie, der Inflationsdruck auf Verbraucher und Unternehmen sowie die abgeschwächte Konjunktur. Der Aktienkurs stieg am Freitag dennoch in einem etwas schwächeren Markt um 2,8 % auf 74,64 Euro.
Wilhelm berichtete von einem verhaltenen Auftragseingang in Europa und fügte hinzu: „Allerdings stützt der hohe Auftragsbestand die Verkäufe in der ersten Jahreshälfte.“ In den USA sei die Nachfrage auf einem guten Niveau, in China gebe es Hinweise auf eine Rückkehr der Dynamik nach dem Neujahrsfest.
Für die Fahrzeuge im oberen Segment erwartet der Vorstand einen leichten Absatzanstieg – dank des neuen EQS SUV sowie anderer neuer Produkte wie dem Mercedes-Maybach EQS SUV. Der Absatz von rein batterieelektrischen Autos (BEVs) werde sich in etwa verdoppeln, 2022 wurden rund 149000 an Händler ausgeliefert. Die um Sondereffekte bereinigte Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern von Mercedes-Benz Cars (Pkw und Vans für private Kunden) wird in einer Spanne von 12 bis 14 % erwartet (siehe Grafik).
Mehr Elektroautos
Dass dieser Korridor unter den 2022 erzielten 14,6 % liegt, begründete Finanzchef Wilhelm unter anderem damit, dass der kräftige Volumenanstieg der BEVs die Marge leicht verwässere. Auf Nachfrage bezifferte er den Effekt auf einen halben Prozentpunkt der Umsatzrendite. „Wir stellen uns darauf ein, dass ein Kostenunterschied bleibt“, sagte Wilhelm. Wegen der Batterie sei ein E-Auto im Vergleich mit einem Verbrennerfahrzeug einige tausend Euro teurer. Der Übergang zur Elektromobilität sei für das Unternehmen mit Produkten im Luxussegment „leichter zu verdauen“. Källenius betonte, Mercedes-Benz brauche „eine zweite Welle“ der Elektromobilität von 2025 oder 2026 an, und erwähnte die volumenstarke C-Klasse.
Die Margenprognose für dieses Jahr enthält nach Wilhelms Worten zudem die Annahme, dass sich das Geschäft mit Gebrauchtwagen abschwächt. Schließlich sei wegen der Vielzahl makroökonomischer und politischer Unsicherheiten auch ein Risikopuffer in der Prognose berücksichtigt. Höhere Kosten belasteten auch in diesem Jahr das Ergebnis, auch wenn der Anstieg nicht mehr so hoch ausfalle wie 2022, berichtete der Finanzvorstand. Die Stahlpreise seien gesunken, doch bis dies im Unternehmen ankomme, dauere es wegen der Verträge mit den Lieferanten einige Zeit.
Höhere Dividende
Den Nettogewinn steigerte Mercedes-Benz im vergangenen Jahr um gut ein Drittel auf 14,8 Mrd. Euro. Den Aktionären wird eine Dividende von 5,20 (5) Euro je Aktie vorgeschlagen. Die Gewinnbeteiligung für 2021 hatte 70 Cent der abgespaltenen Daimler Truck Holding AG enthalten. Die Dividende von Mercedes-Benz nimmt also um 90 Cent oder 21 % zu. Die Ausschüttungsquote liegt mit 38% leicht unter der Vorgabe von 40%.
Am Abend vor der Jahreskonferenz hatte der Konzern angekündigt, vom kommenden Monat an zwei Jahre lang Aktien im Wert von maximal 4 Mrd. Euro zurückzukaufen (vgl. BZ vom 17. Februar). Die Nettoliquidität des Industriegeschäfts nahm im vergangenen Jahr auf 26,6 (21) Mrd. Euro zu. Der Rückkauf von Aktien werde mit dem in diesem und im kommenden Jahr erzielten Cashflow finanziert, kündigte Wilhelm an. „Das ist auch ein Zeichen unserer Zuversicht.“
Er betonte, dies gehe nicht zu Lasten von Zukunftsaufgaben. Pro Auto investiere Mercedes-Benz am meisten in der Branche – auch für Software. „Was sollten wir sonst noch tun?,“ fragte Wilhelm.