Unternehmen schöpfen Hoffnung
ba Frankfurt
Die leicht aufgehellte Unternehmensstimmung im Euroraum schürt die Hoffnung, dass die anstehende Rezession etwas milder verlaufen dürfte als zuletzt befürchtet. Denn eine Gasmangellage im Winter wird für nicht mehr ganz so wahrscheinlich gehalten, bei den Lieferkettenproblemen zeigen sich leichte Entspannungstendenzen und der robuste Arbeitsmarkt könnte den Konsumverzicht wegen der steigenden Lebenshaltungskosten zumindest etwas eindämmen.
So ist der Dienstleister und Industrie zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI Composite) für die Privatwirtschaft im November um 0,5 auf 47,8 Punkte gestiegen. Ökonomen hatten hingegen einen erneuten Rückgang erwartet, und zwar auf 47,0 Zähler. Das Stimmungsbarometer notiert damit allerdings den fünften Monat in Folge unter der neutralen Marke von 50 Punkten. Werte darunter signalisieren einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität. Für Chris Williamson, Chefökonom bei S&P Global, steht der vorläufige Composite PMI für ein Schrumpfen der Euro-Wirtschaft im Schlussabschnitt um knapp über 0,2% im Quartalsvergleich.
„Lediglich ein blaues Auge“
Ökonomen werten die Daten als Hoffnungsschimmer. Der unverändert niedrige Dienstleisterindex stützt für Commerzbank-Ökonom Christoph Weil zwar die Erwartung einer bevorstehenden Rezession. Der Anstieg des Industrie-Barometers mache aber Hoffnung, „dass diese nicht allzu schwer ausfallen wird“. Oder wie Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, formuliert: „Kein konjunktureller Knockdown, sondern lediglich ein blaues Auge.“
Das Stimmungsbarometer der Industrie ist im November unerwartet um 0,9 auf 47,3 Punkte gestiegen. Die Prognose lag hier im Schnitt bei 46,0 Zählern. Der Index für die Dienstleister stagniert bei 48,6 Punkten, wohingegen Ökonomen einen Rückgang auf 46,0 Zähler vorausgesagt hatten.
Die somit insgesamt bessere Stimmung erklärt S&P Global mit geringeren Auftragsverlusten, nachlassenden Lieferengpässen und verbesserten Geschäftsaussichten. Der Ausblick sei jedoch weiter „überaus pessimistisch“. Die Nachfrage sei erneut kräftig zurückgegangen, was zu einem verlangsamten Stellenaufbau führte. Zudem sei der Preisdruck zwar immer noch auf hohem Niveau, habe sich aber abgeschwächt – vor allem in der Industrie. „Dies dürfte nicht nur dazu beitragen, die Krise bei den Lebenshaltungskosten bis zu einem gewissen Grad einzudämmen“, kommentiert Williamson. „Die verbesserten Inflationsaussichten dürften auch dafür sorgen, dass die Notwendigkeit einer weiteren aggressiven Straffung der Geldpolitik sinkt.“ Seit der im Julie eingeleiteten Zinswende hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins um 200 Basispunkte erhöht. Ausmaß und Tempo der weiteren Zinsschritte sind im EZB-Rat umstritten – für die Dezembersitzung hatten sich Mitglieder des EZB-Rats zuletzt in ihren Äußerungen für Schritte von 50 bzw. 75 Basispunkten starkgemacht.
Deutschland bleibt hinten
Unter den großen Euro-Volkswirtschaften bleibt Deutschland das Schlusslicht. Zwar hat der Composite PMI um 1,3 auf 46,4 Punkte zugelegt, doch ist dies S&P Global zufolge „erneut der stärkste Rückgang der Wirtschaftskraft innerhalb der Eurozone“. Mit Ausnahme der Monate während der Pandemie-Lockdowns ist dies der drittstärkste Einbruch seit 2009, also der Zeit der globalen Finanzkrise. Industrieproduktion und Geschäftstätigkeit im Servicesektor sind mit ähnlich hohen Raten gesunken.
Der PMI Composite für Frankreich ist um 1,4 auf 48,8 Zähler gefallen und signalisiert erstmals seit Februar 2021 Schrumpfung. Dafür war vor allem der erste Rückgang der Geschäftstätigkeit im Servicesektor seit März 2021 verantwortlich, die Industrieproduktion fiel den sechsten Monat nacheinander. In den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern fiel der dritte Rückgang der Wirtschaftskraft in Folge schwächer aus als in den beiden Vormonaten.