Weltsteuerreform

130 Staaten einigen sich auf neues Regime

Mit der Einigung von 130 Staaten auf ein Grundsatzkonzept zur internationalen Besteuerung wird nicht nur eine Mindestbesteuerung eingeführt. Es gibt auch eine Alternative zur Digitalsteuer.

130 Staaten einigen sich auf neues Regime

wf Berlin

Weltweit 130 Staaten haben sich unter dem Dach der OECD auf ein neues internationales Steuerkonzept geeinigt.  Nach fast zehnjährigen Verhandlungen steht nach Angaben der OECD nun ein Zwei-Säulen-Konzept. Neu verteilt werden die Besteuerungsrechte zwischen den Ländern auf die Gewinne von besonders profitablen multinationalen Konzernen. Neben dieser ersten Säule steht in einer zweiten Säule die Einführung einer internationalen Mindestbesteuerung mit einem effektiven Satz von 15%. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach mit Blick auf die Mindestbesteuerung von einem „kolossalen Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit“. Die Bundesregierung halte ihr Versprechen. „Künftig werden die großen Konzerne ihren fairen Anteil an der Finanzierung unseres Gemeinwohls leisten“, erklärte Scholz.

Konzept bis Oktober

Bei der Einigung handelt es sich zunächst um ein Rahmenkonzept, das beim Treffen der Finanzminister der Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) am 9./10. Juli unterstützt werden dürfte. Alle G20-Länder stehen hinter dem Konzept. Konkrete Details sollen laut OECD bis Oktober ausgearbeitet werden. Von ursprünglich 139 Ländern tragen nur neun Staaten die Neuregelung bislang nicht mit. In Europa sind es nach Angaben aus Verhandlungskreisen Irland, Estland und Ungarn. Scholz sagte, er werden auf eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse in Europa dringen. Da in der EU Steuerfragen Einstimmigkeit erfordern, ist der Widerstand der drei Länder relevant.

Auslöser der Steuerdebatte waren unter anderem die geringen Steuerzahlungen von Digitalunternehmen wie Amazon, Google oder Facebook in den Absatzländern. Die Neuverteilung der Besteuerungsrechte erfasst Konzerne mit einem Umsatz von mehr als 20 Mrd. Dollar und einer Profitabilität von mehr als 10%. Durch Segmentierung der Geschäftsbereiche wird sichergestellt, dass auch Firmen wie Amazon erfasst werden, die nur in Teilbereichen besonders profitabel sind. Die OECD rechnet damit, dass jährlich 100 Mrd. Dollar Steuersubstrat in die Marktstaaten verlagert werden. Rund 100 Konzerne dürften weltweit unter das neue, administrativ sehr aufwendige Regime fallen. Von der globalen Mindeststeuer sind Unternehmen von einem Umsatz von 750 Mill. Dollar an betroffen. Die OECD rechnet mit einem zusätzlichen Steueraufkommen von 150 Mrd. Dollar jährlich. Konzerngewinne, die in einem Steuerparadies anfallen, werden im Sitzland der Mutter auf die effektive Mindeststeuer hochgezogen. Steuerexperten rechnen aber kaum mit zusätzlichen Einnahmen für die Sitzländer. Vielmehr wird erwartet, dass die Niedrigsteuerländer die Sätze anheben, um selbst vom zusätzlichen Aufkommen zu profitieren.