Deutsche Verbraucher bewahren Ruhe
ba Frankfurt
Die deutschen Verbraucher trotzen im Oktober den zunehmend schlechter werdenden Konjunkturaussichten: Ihre Stimmung hat sich ungeachtet der erneut höheren Inflation und der anhaltenden Energiekrise etwas verbessert. Dies ist aber ebenso wenig ein Zeichen der Trendwende wie die vom Ifo-Geschäftsklima gezeigte Stabilisierung der Unternehmensstimmung. Sowohl das DIW-Konjunkturbarometer als auch die GfK Konsumklimastudie für Oktober belegen, dass Deutschland bereits in der Rezession steckt. Ökonomen zufolge ist nur noch die Frage, wie tief sie ausfällt und wie lange sie anhält. Zumal sich der hiesige Jobmarkt zwar noch robust zeigt, die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen aber abnimmt wie auch das neueste Ifo-Beschäftigungsbarometer zeigt.
Die Nürnberger GfK prognostiziert für das Konsumklima im November ein Plus von 0,9 auf −41,9 Punkte (siehe Grafik). Ökonomen hatten allerdings mit einer Erholung auf −41,3 Zähler gerechnet, nachdem das Barometer im Oktober noch ein Rekordtief bei revidiert −42,8 (zunächst −42,5) Punkten markiert hatte. Auch im Euroraum hat sich das Verbrauchervertrauen im Oktober etwas von seinem im Vormonat gezeigten Rekordtief entfernt. In Italien allerdings, so meldet das Statistikamt Istat, fiel das Konsumklima um 4,7 auf 90,1 Punkte. Dies ist der niedrigste Stand seit der Euro-Schuldenkrise 2013. Vor allem die aktuelle und die persönliche Lage wurden dabei deutlich schlechter bewertet als im Vormonat. Bei den italienischen Unternehmen trübte sich die Stimmung ebenfalls ein – mit am stärksten im Einzelhandel. Ein ähnliches Bild also wie hierzulande, denn Ifo-Experte Klaus Wohlrabe bezeichnete den deutschen Einzelhandel in seinem Kommentar zum Ifo-Geschäftsklima als Sorgenkind. Die Einzelhändler befürchteten, dass die Kunden wegen der hohen Inflation zu Hause blieben.
„Die Situation bleibt für die Konsumstimmung sehr angespannt“, erklärte denn auch GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. „Die Inflation ist zuletzt in Deutschland auf 10% gestiegen, die Sorgen um die Sicherheit der Energieversorgung werden nicht geringer.“ Es sei unklar, ob die aktuelle Stabilisierung des GfK-Konsumklimas von Dauer sei oder angesichts des kommenden Winters eine weitere Verschärfung der Lage befürchtet werden müsse. Auch könne aktuell noch nicht beurteilt werden, „in welchem Umfang die beschlossenen Maßnahmen zur Deckelung der Energiepreise die Inflation dämpfen werden“.
Den größten Sprung nach oben machte im Oktober das Barometer der Einkommenserwartungen – womit allerdings nur ein Bruchteil der Verluste der vergangenen Monate wettgemacht worden sei, wie es bei der GfK heißt. „Explodierende Energie- und Lebensmittelpreise vermindern die Kaufkraft der Einkommen der privaten Haushalte und sorgen für den anhaltenden Einkommenspessimismus.“ Neben den steigenden Preisen für Haushaltsenergie und Treibstoff sind auch Lebensmittel überproportional teuer geworden – womit weniger Geld für größere Anschaffungen bleibt und auch die Konsumneigung in den kommenden Monaten niedrig bleiben dürfte.
Stützend dürfte noch der Arbeitsmarkt bleiben: „Meldungen zu Neueinstellungen und Entlassungen halten sich gegenwärtig in etwa die Waage“, erklärte Ifo-Experte Wohlrabe zum Rückgang des Ifo-Beschäftigungsbarometers im Oktober um 1,7 auf 97,7 Punkte. „Es kehrt Vorsicht auf dem Arbeitsmarkt ein“, die Einstellungsbereitschaft würde sinken. Im Einzelhandel allerdings sei mit Entlassungen zu rechnen.
Dämpfer für das BIP
Der geringere Güterkonsum der privaten Haushalte wird sich wohl bereits in den Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal zeigen, welche das Statistische Bundesamt am Freitag veröffentlichen wird. Ökonomen erwarten einen Rückgang um 0,2% zum Vorquartal. Das DIW-Konjunkturbarometer ist im Oktober um 5 auf 74,3 Punkte gefallen – ein Wert von 100 Zählern signalisiert ein durchschnittliches Quartalswachstum von 0,3%. Sofern keine Gasmangellage eintritt, dürfte die Wirtschaft aber deutlich weniger schrumpfen als während der Finanzkrise oder im ersten Jahr der Corona-Pandemie“, sagte DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi. „Die Risiken für den weiteren Verlauf bleiben aber erheblich.“