EZB senkt Leitzinsen wegen schwacher Konjunktur
EZB senkt Leitzinsen wegen schwacher Konjunktur
Ökonomen mahnen zur Vorsicht – Löhne könnten Inflation wieder antreiben
mpi Frankfurt
Ein optimistischerer Inflationsausblick veranlasst die EZB zu einer zweiten Zinssenkung in Folge um 25 Basispunkte. Die Entscheidung fiel einstimmig, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag nach der Zinssitzung verkündete. Alle Inflationsdaten seit September hätten in dieselbe Richtung gezeigt – nach unten. „Wir glauben, dass wir bei der Disinflation auf einem guten Weg sind“, sagte Lagarde. Zudem verwies der EZB-Rat auf die schwächere Konjunktur als erwartet in der Eurozone, was die Inflationsaussichten beeinflusst.
Im September ist die Inflation derweil schwächer gewesen als zunächst vermutet. Eurostat revidierte sie wenige Stunden vor dem Zinsentscheid von 1,8 auf 1,7%. In den kommenden Monaten dürfte die Inflation jedoch wieder steigen, wie auch Lagarde am Donnerstag betonte.
Dax auf Rekordhoch
Nachfragen zu den anstehenden Prognosen der EZB zu Inflation und Wirtschaftswachstum im Dezember und zu einer möglichen weiteren Lockerung der Geldpolitik zum Jahresende blockte Lagarde auf der Pressekonferenz weitgehend ab. „Der Oktober ist nicht der Dezember“, sagte sie und ließ damit offen, ob zum Jahresende die dritte Zinssenkung in Folge anstehen dürfte.
An den Finanzmärkten wird damit mehrheitlich gerechnet. Anleger begrüßten zudem die erfolgte Zinssenkung. Der Dax kletterte am Nachmittag auf ein Rekordhoch.
Ökonomen mahnen zur Vorsicht bei Geldpolitik
Viele Ökonomen sahen die Zinssenkung anhand der Datenlage nicht als zwingend an. „Es handelt sich eher um einen vorsorglichen Schritt als um eine dringende Notwendigkeit“, meint etwa Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Sie mahnen bei der weiteren Geldpolitik zudem zur Vorsicht. „Die jüngst niedrige Inflation täuscht über weiterhin vorhandene Risiken hinweg“, meint Andreas Bley, Chefvolkswirt des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). „Insbesondere das kräftige Lohnwachstum und mögliche Energiepreissteigerungen könnten erneut Druck auf die Preisstabilität ausüben.“
Die EZB solle sich daher in den kommenden Wochen nicht vorab auf eine Zinssenkung im Dezember festlegen. „Eine Festlegung auf weitere Zinssenkungen wäre nicht zu empfehlen“, meint auch Michael Heise, Chefökonom des Family Office HQ Trust.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Heiner Herkenhoff, warnt die Euro-Staaten zudem vor einer Illusion. „Leitzinssenkungen werden die hartnäckige, weil strukturelle Wachstumsschwäche nicht beseitigen.“ Es brauche jetzt dringend Strukturreformen.