Hohe EU-Zölle auf chinesische Elektroautos starten
EU-Zölle auf chinesische E-Autos starten
Habeck hofft auf politische Einigung bis November – VDA warnt vor hohem wirtschaftlichen Schaden – Ökonomen uneins
Noch in dieser Woche greifen die neuen hohen EU-Zölle auf chinesische Elektroautos. Fällig werden die Abgaben allerdings erst im November. Die Bundesregierung hofft, dass bis dahin noch eine politische Einigung mit Peking gelingt. Unter Ökonomen erhalten die Zölle allerdings eine erstaunlich hohe Zustimmung.
ahe/fed Berlin/Brüssel
Angesichts der voraussichtlich am Freitag in Kraft tretenden neuen Etappe im EU-Zollstreit mit China haben sowohl die Bundesregierung als auch die Automobilindustrie noch einmal eine politische Lösung der Auseinandersetzung angemahnt. Der Branchenverband VDA warnte eindringlich vor den absehbaren schweren wirtschaftlichen Schäden. Wirtschaftsminister Robert Habeck betonte, die Zeit bis November müsse genutzt werden, um eine Verhandlungslösung zu erreichen.
Die Europäische Kommission hatte angekündigt, dass die Zölle bei Importen chinesischer E-Autos in die EU um bis zu 38% erhöht werden. Die Verhandlungsfrist über diese „Ausgleichszölle“ läuft am Donnerstag ab. Sie gelten dann ab Freitag – werden aber erst im November fällig. Bis dahin werden sie als „vorläufig“ gekennzeichnet. Mit der Maßnahme folgte die EU den USA, die Mitte Mai Importzölle auf Elektroautos zum Teil vervierfacht hatten.
Habeck sieht noch einen Gesprächskorridor mit Peking bis November
Habeck betonte am Mittwoch in Berlin, zwar müsse die EU um ein Level Playing Field kämpfen. Aber keine Seite habe Interesse an immer höheren Zöllen. Es gebe nun aber einen „Korridor von einigen Monaten für eine politische Lösung“. Erste – ergebnislose – Gespräche zwischen EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao hatten Ende Juni schon stattgefunden. Diese Intensivierung von Konsultationen war von Dombrovskis auch als „offen und konstruktiv“ beschrieben worden. Nach Einschätzung von Brüsseler Diplomaten ändert diese Gesprächsbereitschaft allerdings nichts am Fahrplan des Verfahrens, zumindest auf kurze Sicht.
Gegenmaßnahmen befürchtet
Eine Verhandlungslösung forderten auch noch einmal der Verband der Automobilindustrie (VDA) und seine Präsidentin Hildegard Müller. In einem am Mittwoch verbreiteten Eckpunktepapier betonte der VDA, dass die Brüsseler Antisubventionszölle insbesondere auch EU-Unternehmen und deren Joint Ventures träfen. Ein großer Teil der Importe aus China komme von europäischen und amerikanischen Herstellern, und die Zölle seien für diese Unternehmen teilweise sogar noch höher als für chinesische.
Der VDA warnte auch vor Gegen- und Vergeltungsmaßnahmen und damit einem „realen Risiko einer Eskalation des Handelskonflikts“. Die im Raum stehende Erhöhung von Einfuhrzöllen auf Fahrzeuge mit Motoren mit über 2,5 Liter Hubraum würde demnach die EU-Automobilproduktion empfindlich treffen. 2023 wurden rund 120.000 Pkw von den deutschen Herstellern mit einem Hubraum von über 2,5 Liter aus der EU nach China exportiert.
Volkswirte sind sich bei Zöllen auf chinesische E-Autos nicht einig
Bei einer Umfrage unter 162 deutschen Volkswirten durch das Ifo-Institut ergab sich unterdessen ein sehr uneinheitliches Bild in Bezug auf die von der EU geplanten Zölle: Ein Drittel der Professoren sprach sich aufgrund des Risikos eines drohenden Handelskrieges gegen Zölle aus. Zudem würden europäische Autohersteller durch die Einführung von Zöllen nicht effizienter werden. Ein Drittel des Ifo-Ökonomenpanels hielt in der Umfrage die geplanten Zölle dagegen für genau passend, um den Subventionen der Regierung in Peking entgegenzuwirken.
Deutsche Abhängigkeit
Die übrigen Teilnehmer der Umfrage plädierten für niedrigere Ausgleichszölle (11%) oder sogar noch höhere (6%).
Nur ein Drittel des Ökonomenpanels befürwortete EU-Subventionen in Zukunftsindustrien, um die Abhängigkeit von China zu verringern. Eine knappe Mehrheit (53%) lehnte dies ab. Fast drei Viertel der Befragten (72%) sehen zugleich ein hohes oder sehr hohes Risiko dafür, dass die chinesische Regierung in den kommenden fünf Jahren die wirtschaftliche Abhängigkeit ausnutzen wird, um außenpolitische Ziele gegenüber Deutschland durchzusetzen.