Standortpolitik

Ifo fordert Fitnessprogramm für die deutsche Wirtschaft

Die aktuell geplanten Finanzpakete für mehr Investitionen in die deutsche Wirtschaft fruchten nur, wenn gleichzeitig Strukturreformen umgesetzt werden, warnt Ifo-Chef Fuest. Und er warnt die Politik, der Bevölkerung die Illusion zu verkaufen, dass alles so weitergehen könne wie bisher.

Ifo fordert Fitnessprogramm für die deutsche Wirtschaft

Fitnessprogramm für deutsche Wirtschaft gefordert

Ifo-Chef Fuest: Finanzpakete alleine reichen nicht – Größere Reformen unabdingbar

lz/mpi Frankfurt

Das Ifo-Institut hat die Politik vor der Illusion gewarnt, die geplanten Finanzpakete für Infrastrukturinvestitionen, Energie und Verteidigung würden die deutsche Wirtschaft alleine aus der tiefen Verunsicherung holen und an frühere Wachstumserfolge wieder anknüpfen lassen. Um Kürzungen und neue Priorisierungen der Ausgaben werde man nicht herumkommen, machte Ifo-Chef Clemens Fuest bei der Vorstellung der neuen Konjunkturprognose deutlich. Wohlstandseinbußen könne man nicht alleine durch Finanzpakete aus der Welt schaffen: „Die Schulden zu beschließen, ist der leichtere Teil. Das kann jeder.“ Der schwerere Teil sei die Entscheidung über die Neuordnung der Staatsausgaben und ein komplementäres Reformprogramm, um die Finanzimpulse effizient wirken zu lassen.

Denn durch den Kurswechsel der USA seien deutlich höhere deutsche Militärausgaben notwendig. Das müsse langfristig durch Kürzungen oder Mehrarbeit an anderer Stelle kompensiert werden. Das Finanzpaket und die höhere Verschuldung seien nur ein Impuls, um schnell handeln zu können. Zudem müsse sich Deutschland dranmachen, die verschlechterte Wettbewerbssituation deutscher Unternehmen und des Standorts zu beheben. Seit Jahren gingen die Unternehmensinvestitionen zurück und schmälern das Produktionspotenzial. Nötig sei ein Fitnessprogramm wie Anreize für Vollzeitjobs und mehr Zuwanderung, ein Rückbau der Bürokratie, niedrigere Kosten insgesamt, eine Modernisierung des Landes und eine langfristige Perspektive für mehr Investitionen.

Bürokratie bremst Entwicklung

Im Interview der Börsen-Zeitung fordert auch die Chefökonomin für Europa von PGIM begleitende Strukturreformen. „Nicht selten scheitert die Umsetzung von Projekten in Deutschland gar nicht am Geld, sondern an der Bürokratie“, sagte Katharine Neiss. Sorgen um die Finanzstabilität Europas macht sie sich durch das deutsche Schuldenpaket nicht. Sie stellt jedoch klar, dass die Bundesrepublik nicht dauerhaft auf eine solch expansivere Fiskalpolitik schwenken sollte. „Deutschland darf nicht langfristig auf diesem Pfad bleiben.“

Bleiben die Finanzpakete und Reformen aus, sieht das Ifo-Institut die Perspektiven der deutschen Volkswirtschaft sehr kritisch. In der neuen Prognose wurde für das laufende Jahr (ohne Finanzpakete) die Wachstumsprognose auf 0,2% zurückgenommen, und für 2026 wird nur ein Plus von 0,8% erwartet. Mit der Wettbewerbsfähigkeit geht es dann weiter bergab. Auch die OECD kappte ihre Prognose für Deutschland für 2025. Von den G20 fällt nur die Vorhersage für Mexiko noch schlechter aus.


Mehr zur Ifo-Wachstumsprognose

Berichte Seiten 6 und 7 Im Interview Seite 7