Firmenpleiten

Insolvenzen nehmen wieder zu

Im Oktober sind fast ein Fünftel mehr Unternehmen pleitegegangen als im Vormonat. Eine Insolvenzwelle erwarten Experten dennoch nicht – wohl aber weiter steigende Zahlen.

Insolvenzen nehmen wieder zu

ba Frankfurt

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt im Oktober nach dem deutlichen Rückgang im Monat zuvor, doch ist dies für Experten kein eindeutiges Zeichen, dass nun eine lang befürchtete Insolvenzwelle zu rollen beginnt. Auch wenn die Stimmung bei den Unternehmen derzeit schlecht ist – insbesondere Kleinstunternehmen und Soloselbstständige leiden unter der konjunkturellen Abkühlung infolge des hohen Preisdrucks, insbesondere bei Energie und Rohstoffen.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) stieg die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen im Oktober um 18,4% im Monatsvergleich. Im September fiel die Zahl noch um 20,6%. Allerdings, so betonen die Statistiker, sei dabei zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags in vielen Fällen annähernd drei Monate davor liege. Als einer der experimentellen Frühindikatoren gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen Hinweise auf die Entwicklung der Firmenpleiten in der amtlichen Insolvenzstatistik.

Hier liegen Zahlen für August vor: Destatis zufolge meldeten die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 1147 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das waren 11,5% mehr als im Vorjahr. Im Juli hatte es noch einen Rückgang um 3,8% gegeben. Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte dabei auf rund 0,8 Mrd. Euro. Im Vorjahr hatten sie noch bei rund 8,2 Mrd. Euro gelegen, „da mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen insolvent wurden als im August 2022“, wie die Statistiker erklären.

Baubranche trifft es hart

Die meisten Pleiten gab es im August im Baugewerbe mit 198 Fällen – das sind 4,2% mehr als im Vorjahr. Die Baubranche leidet nicht nur unter den steigenden Preisen und den anhaltenden Lieferengpässen, sondern auch unter Stornierungen. An zweiter Stelle der Insolvenzstatistik folgt der Handel einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 167 Verfahren, das ist ein Plus im Jahresvergleich von 18,4%. Gemessen am Jimdo-Ifo-Geschäftsklimaindex sind es auch bei den Kleinstunternehmen und Soloselbstständigen der Handel und die Baubranche, in der die Existenzsorgen am größten sind. Der Gesamtindex fiel im Oktober um 4,1 auf −25,0 Punkte. Ihre wirtschaftliche Existenz sehen gegenwärtig 19,5% der Firmen in diesem Segment bedroht – in der Gesamtwirtschaft sind es 7,5%.

IWH-Trend zeigt nach oben

Experten erwarten für die kommenden Monate eher steigende Insolvenzzahlen. Dies zeigt etwa der IWH-Insolvenztrend: Gemäß der Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) lag die Zahl der Insolvenzen im Oktober bei 722 nach 762 im September. Das sind 15% mehr als vor Jahresfrist. Der Rückgang könne auch an der geringeren Zahl an Arbeitstagen liegen, die zu einer niedrigeren Zahl von Insolvenzeröffnungen durch die Gerichte beigetragen haben könnte, erklärte das IWH.

Auch der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) tut sich schwer, aus dem monatlichen Auf und Ab eine eindeutige Tendenz herauszulesen. Auf diesem Niveau sei weder eine Normalisierung der Insolvenzzahlen noch eine Insolvenzwelle in Sicht, heißt es dort. Zudem würden viele Unternehmen scheinbar weiter auf staatliche Hilfen hoffen, „auch dann, wenn sich deren Krisenursachen nicht allein mit staatlichen Finanzhilfen lösen lassen“, erläuterte VID-Chef Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID).

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