Nächster US-Shutdown steht bevor
Von Peter De Thier, Washington
Am kommenden Donnerstag um Mitternacht geht der US-Regierung das Geld aus, um den staatlichen Verwaltungsapparat zu finanzieren. In Washington sind fieberhafte Bemühungen im Gange, um einen weiteren sogenannten „Shutdown“ zu verhindern. Das hätte aber aller Voraussicht nach einen hohen Preis, nämlich den Verzicht auf eine Anhebung der staatlichen Schuldengrenze. Dies lehnen nämlich die Republikaner kategorisch ab, und ohne die Zustimmung von mindestens zehn Oppositionsmitgliedern ist das kurzfristige Finanzierungsgesetz, das auch ein höheres Schuldenlimit vorsieht, im Senat zum Scheitern verurteilt.
Kommt es zum gefürchteten Verwaltungsstillstand, müssten wie in der Vergangenheit Behörden schließen. Tausende von Bundesbediensteten würden beurlaubt werden. Bundesgerichte würden den Betrieb einstellen, Anträge auf Reisepässe und Visa würden nicht mehr bearbeitet, und viele Amerikaner müssten damit rechnen, dass ihre gesetzlichen Rentenzahlungen ebenso wie Steuerrückerstattungen auf sich warten lassen.
Der letzte Verwaltungsstillstand begann im Dezember 2018 und war mit 28 Tagen Dauer der längste in der Geschichte. Nach Berechnungen der Haushaltsbehörde Congressional Budget Office (CBO) kostete er den Steuerzahler 11 Mrd. Dollar. Das mag im Kontext der Gesamtverschuldung, die bei über 28,5 Bill. Dollar liegt, kaum ins Gewicht fallen. Dennoch wäre ein solcher Shutdown ein politisches Debakel, das allen Parteien schaden würde. Insbesondere mit Blick auf die Kongresswahlen, die im November nächsten Jahres anstehen und eine Kräfteverschiebung nach sich ziehen könnten.
Je näher die Deadline rückt, desto mehr wächst die Nervosität, vor allem bei den Demokraten. Sie verabschiedeten nämlich diese Woche im Repräsentantenhaus ein Gesetz, welches die Finanzierung der staatlichen Verwaltung bis zum 3. Dezember sicherstellen würde. Das unterstützen auch die Republikaner. Eingeflochten haben sie in das neue Gesetz aber auch eine Suspendierung der staatlichen Schuldengrenze bis Ende 2022. Diese wird von der Opposition abgelehnt, weil sie einen weiteren Anstieg der Staatsschulden verhindern wollen.
Seit August greift US-Finanzministerin Janet Yellen tief in die Trickkiste, um eine Staatspleite abzuwenden. Jene „außerordentlichen Maßnahmen“, mit denen Gelder zwischen verschiedenen staatlichen Töpfen hin- und hergeschoben werden, könnten aber Anfang bis Mitte Oktober erschöpft sein. Der exakte Zeitpunkt ist dabei ungewiss. Hat der Kongress die Schuldengrenze bis dahin nicht entweder angehoben oder ein weiteres Mal ausgesetzt, dann droht jenes Szenario, das die Marktteilnehmer in Schrecken versetzen würde: Die US-Regierung könnte ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Die Folgen für die Finanzmärkte und selbst für die Stabilität des Finanzsystems wären kaum abzusehen.
Demokraten im Nachteil
Politikern beider Parteien ist klar, dass es dazu nicht kommen darf und auch ein Shutdown verhindert werden muss. Einige Demokraten scheinen mittlerweile auch einzusehen, dass sie das höhere Schuldenlimit nicht durch den Senat bekommen werden und dieses voraussichtlich werden streichen müssen. Der demokratische Senator Tim Kaine bedauert, „dass wir die Suspendierung der Schuldengrenze nicht in ein früheres Gesetz eingebaut haben, das wir über das Reconciliation-Verfahren auch ohne die Republikaner verabschieden konnten“. Der republikanische Senator John Cornyn hingegen sagte voraus, dass „das Finanzierungsgesetz in unserer Kammer auf jeden Fall scheitern wird“. Darüber soll voraussichtlich am Montag abgestimmt werden – der genaue Zeitplan steht noch nicht. Sollte Cornyn Recht behalten, dann hätten beide Parteien nur wenige Tage Zeit, um vor Donnerstag die Staatsfinanzierung sicherzustellen. Der Shutdown wäre damit vom Tisch, doch das größere Problem der drohenden Staatspleite bliebe weiter ungelöst.