SERIE ZUR US-WAHL: ENERGIE- UND KLIMAPOLITIK

Nicht nur die CO2-Grenzsteuer

Die EU-Klimapolitik birgt etliches Störpotenzial fürs transatlantische Verhältnis

Nicht nur die CO2-Grenzsteuer

ahe Brüssel – Die Europäische Kommission will ab dem kommenden Jahr nach und nach die gesamte europäische Gesetzgebung in Richtung Klimaneutralität umstellen. Für das kommende Jahr ist bereits ein umfangreiches Legislativpaket mit dem Namen “Fit for 55” angekündigt, das darauf abzielt, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu senken. Teil dieses Pakets ist die Einführung einer CO2-Grenzsteuer, die die europäische Industrie schützen soll.Geplant ist eine Steuer auf in die EU importierte Produkte, die sich nach den bei der Herstellung freigesetzten Emissionen bemisst. Dieser “Zoll” könnte allerdings die Beziehungen zu wichtigen Handelspartnern schwer belasten und entsprechende Gegenreaktionen auslösen, wie Kritiker auch in Brüssel befürchten. Dies gilt vor allem auch für die USA – egal, wie die Präsidentschaftswahlen ausgehen.Sollte Joe Biden die Wahl gewinnen, könnte sich eine CO2-Grenzsteuer – deren WTO-Vereinbarkeit auch schon wiederholt in Frage gestellt worden ist – als Hemmschuh für den erhofften Neustart in den transatlantischen Handelsbeziehungen erweisen. Hinzu kommt, dass die Europäische Kommission ihre komplette Handelspolitik ab dem kommenden Jahr stärker auf den Umwelt- und Klimaschutz ausrichten will. Dies hatte der neue EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis kurz nach seinem Amtsantritt schon angekündigt. Im Augenblick läuft hierzu in Brüssel noch eine öffentliche Konsultation, deren Ergebnisse die EU-Kommission abwarten will. Klar ist für Dombrovskis aber: Die Handelspolitik muss künftig einen größeren Beitrag zum Green Deal liefern.Bei den neueren Freihandelsabkommen, die die EU abgeschlossen hat, ist der Umwelt- und Klimaschutz ohnehin schon integraler Bestandteil. Ohne einen Verweis auf das Pariser Klimaabkommen von 2015 wird in Brüssel kein Abkommen mehr ratifiziert. Sollte Donald Trump US-Präsident bleiben, wird es daher ganz sicher keine Neuauflage der “TTIP”-Gespräche geben.Für die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen sind der Green Deal und die Klimaneutralität bis 2050 dennoch ohne Abstriche das wichtigste Projekt der nächsten Jahre. Auch der 750 Mrd. Euro große Corona-Wiederaufbaufonds soll ja entscheidend zum nachhaltigen Umbau der europäischen Wirtschaft beitragen. Allein aus diesem Hilfsfonds, dessen Details zurzeit noch in Brüssel verhandelt werden, fließen in den kommenden Jahren bis zu 250 Mrd. Euro in die Klima- und Umweltschutzprojekte der 27 EU-Mitgliedstaaten.Das “Fit for 55”-Paket wiederum wird konkret schon im nächsten Jahr breit ansetzen: Es geht hier unter anderem um mehr Energieeffizienz im Immobiliensektor, um eine Neuausrichtung der Energiebesteuerung sowie des Emissionshandels. Dass das vorgeschlagene neue 2030-Klimaziel von 55 % noch gar nicht von den Mitgliedstaaten abgesegnet wurde, spielt für von der Leyen dabei offenbar keine große Rolle.