TARGET2

Zur Sache, bitte!

Der Streit über die sogenannten Target2-Forderungen der Bundesbank wird in Deutschland zunehmend giftig geführt. Die Gegner stempeln das System als "Selbstbedienungsladen" zuungunsten Deutschlands ab und wähnen das Land wenn nicht vor dem...

Zur Sache, bitte!

Der Streit über die sogenannten Target2-Forderungen der Bundesbank wird in Deutschland zunehmend giftig geführt. Die Gegner stempeln das System als “Selbstbedienungsladen” zuungunsten Deutschlands ab und wähnen das Land wenn nicht vor dem finanziellen Ruin, so doch kurz vor exorbitanten Milliardenlasten. Die Befürworter wiederum qualifizieren Sorgen als “Panikmache” und Bedenkenträger gleich als “Euro-Feinde” ab. Beide Seiten müssen Maß und Mitte wiederfinden. Zur Sache, bitte!Fakt ist, dass Target2 zuvorderst ein Zahlungsverkehrssystem ist, das grenzüberschreitende Transaktionen in einem dezentral organisierten Zentralbanksystem wie dem Eurosystem erst ermöglicht. Ohne diese dezentrale Organisation gäbe es die ganze Debatte so gar nicht. Fakt ist auch, dass der jüngste Anstieg der Target2-Salden und der Target2-Forderungen der Bundesbank zuallererst eine Folge der Wertpapierkäufe (Quantitative Easing, QE) ist. Das kann und sollte sich auch wieder normalisieren. Fakt ist schließlich, dass zu Target2 alles öffentlich ist und nichts verheimlicht wird. Wer anderes behauptet, betreibt ein gefährliches Spiel.Also viel Lärm um nichts? Nein, denn genauso richtig ist, dass sehr wohl signifikante finanzielle Risiken für Deutschland drohen, wenn ein Land aus dem Euro ausscheidet – ein Szenario, das nach der “Grexit”-Debatte anno 2015 und mit Blick auf Italien niemand mehr einfach abtun sollte. Noch größer wären die Risiken ohne Frage bei einem kompletten Kollaps der Währungsunion. Und richtig ist auch, dass bereits ohne den Euro-Austritt eines Landes oder den Zusammenbruch mindestens die Gefahr besteht, dass jene Länder mit Target-Verbindlichkeiten diese in Diskussionen zur Euro-Zukunft zur Erpressung nutzen – getreu dem Motto: Das sind unsere Schulden, aber euer Problem! So wenig überzogene Ängste geschürt werden sollten, so wenig sollten solche Sorgen leichtfertig abgebügelt werden.Nötig sind Aufklärung und eine sachliche Debatte über die Schwächen und Stärken des Systems. Dabei ist aber auch Vorsicht geboten: Der freie Kapitalverkehr ist ein hohes Gut und sollte nicht eingeschränkt werden, und der Diskurs sollte nicht in ein ungewolltes Misstrauensvotum gegen den Euro münden. Viel besser wäre es mit Blick auf die Target2-Salden ohnehin, wenn durch eine verantwortungsvolle Politik Sorgen über die Zukunft in Ländern wie Italien und der Eurozone als Ganzes beseitigt werden und es eine sinnvolle weitere Integration gibt, gerade der Kapitalmärkte. Das wäre deutlich effektiver als jedes Herumdoktern an Target2.