Schwere Zeiten für Italiens Thermalbäder
Nach Jahren der Krise hoffen Italiens Thermalbäder, dass es wieder aufwärts geht. Die Hotels sowie die Spas des Thermal- und Medical Centers der Thermalgesellschaft Terme di Sirmione auf der traumhaften Halbinsel ganz im Süden des Gardasees waren schon vor Ostern gut besucht. Die Betreiber konnten aber auch in den schwersten Zeiten der Coronakrise zumindest auf den Verkauf ihrer Pflege- und Gesundheitsprodukte setzen.
Anders als viele andere der 317 Kureinrichtungen in Italien haben Sirmione, die Insel Ischia oder das bei Deutschen beliebte Abano Terme in Venetien auch viele internationale Gäste. Doch die große Mehrheit der Thermalbäder in Italien lebt vor allem von Italienern. Der Großteil der Anwendungen wie Inhalationen, Fangobäder oder Hydromassagen wird von italienischen Gästen genutzt. Sie haben Anspruch auf eine Kur von zwölf Tagen jährlich und müssen für die Behandlungen lediglich eine Pauschale von 55 Euro zahlen. Doch etliche der meist älteren Gäste bleiben selbst jetzt, wo viele Bäder wieder geöffnet sind, aus Angst weg, berichtet Sofia Stringa von den Terme di Rivanazzano, auf halbem Weg zwischen Mailand und Genua.
Die Zahl der Gäste sei 2020 gegenüber 2019 um 75% zurückgegangen und habe 2021 noch immer um 60% unter den Zahlen von 2019 gelegen. Der Neustart ist schwierig. In Rivanazzano sucht man jüngere Gäste. Von den älteren Stammgästen, die teilweise seit Jahrzehnten kamen und über eigene Fahrdienste von zuhause abgeholt werden, sind viele während der Pandemie gestorben.
Die Lombardei und das nahe Piemont waren Hotspots der ersten Coronawelle. Der kleine Ort in einer landwirtschaftlich geprägten Region im Süden der Lombardei setzt auf Angebote auch für Menschen mit kleinem Geldbeutel. Günstige Appartements im Hotel „Terme di Rivanazzano“ erlauben die Zubereitung von Mahlzeiten in der Unterkunft. Vor Jahren wurde in ein kleines Spa mit Sauna und Wellness investiert.
Der Umsatz der italienischen Thermalbäder ging 2020 gegenüber 2019 von 765,5 Mill. auf 283,1 Mill. Euro zurück. Kleinere Einrichtungen haben stärker gelitten als größere, heißt es beim Branchenverband Federterme. Dazu gehören etwa die Terme di Trescore in der Nähe von Bergamo. Nur wenige Patienten sitzen im nüchternen Wartesaal des thermalmedizinischen Zentrums und warten, bis sie zur Inhalation oder zum Fangobad gerufen werden. In der Vor-Corona-Zeit sei hier kein Platz frei gewesen, berichtet der zuständige Arzt.
Die Branche profitierte von Hilfen wie dem Bonus Terme, einem einmaligen Zuschuss von maximal 200 Euro pro Person bei Buchung eines Kuraufenthalts. Insgesamt machte Rom dafür 53 Mill. Euro locker. Die rund 12000 Mitarbeiter der Branche erhielten großzügiges Kurzarbeitergeld. Darüber hinaus gab es Steuererleichterungen für die Betreiber der Therme.
Federterme erwartet in den nächsten Jahren zwar ein jährliches Wachstum von 12%. Doch die Hilfen in der Corona-Pandemie waren für viele Thermen nur ein Tropfen auf den heißen Stein und nun kommen die drastisch gestiegenen Energiepreise hinzu, die gerade diese Branche extrem stark treffen. Die monatliche Strom- und Gasrechnung etwa der Betreiber der Terme von Rivanazzano hat sich seit Dezember mehr als vervierfacht. Federterme hat bei der Regierung um Hilfen nachgesucht. Die hohen Kosten, denen vielfach noch keine höheren Einnahmen gegenüberstehen, sind der Grund dafür, dass viele Thermalbäder noch geschlossen sind.
Einige bleiben womöglich für immer zu. In Acqui Terme etwa, einem traditionsreichen Thermalbad in Piemont, in dem einst illustre Gäste wie Winston Churchill kurten, hat nach vielen anderen Einrichtungen kürzlich auch der traditionsreiche Belle-Époque-Palast Grand Hotel delle Terme geschlossen. Und in Salice Terme, nur wenige Kilometer von Rivanazzano entfernt, verfallen die Strukturen seit Jahren. Massimo Caputi, Präsident von Federterme und Besitzer der Terme di Saturnia Spa & Golf Resort sowie von 47% der Chianciano Terme, beide in der Toskana, hat gerade das Nuovo und das Grand Hotel sowie weitere Einrichtungen in Salice erworben und verspricht große Investitionen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. (Börsen-Zeitung,