Berlin

Taler, Taler, du musst wandern

Die Sondermünzen der Bundesregierung erzählen etwas zur gesellschaftlichen Lage Deutschlands. Es weihnachtet auch sehr.

Taler, Taler, du musst wandern

Mit den Motiven auf Münzen können Staaten Akzente setzen. Die gilt zumindest für solche, bei denen nicht obligatorisch das Konterfei des Königs oder einer Königin den Wertgegenstand ziert. Deutschland hat nur einen Bundespräsidenten und ist freier. Die jährlichen Sondermünzen sind deshalb Themen von politischer und gesellschaftlicher Relevanz gewidmet, streicheln die regionale Seele oder präsentieren Brauchtum. Die Münzen sind somit ein kleiner Spiegel der inneren Verfassung des Landes. Die Bundesregierung gibt sie in der Hoheit des Bundesfinanzministeriums heraus.

Kurz vor Weihnachten veröffentlichte das Ministerium das Motiv für das Christfest im nächsten Jahr. 2023 wird auf einer 25-Euro-Silbermünze ein Schwibbogen aus dem Erzgebirge zu sehen sein. Die Vorlage von 1925 zeigt die heimatliche Stube vor dem Heiligen Abend. Bekränzt von Kerzen kam der Bogen im 18. Jahrhundert bei Bergleuten auf, wohl aus Sehnsucht nach dem Tageslicht. Die heute so bekannten Holzschnitzereien von Engeln, Räuchermännchen oder Weihnachtspyramiden waren zunächst nur Zeitvertreib, wurden aber später zum Wirtschaftsfaktor in einer verarmten Gegend, nachdem das Erz ausgebeutet war.

Dieses Jahr Weihnachten grüßt der Herrnhuter Stern von der Sammlermünze. Der Himmelskörper mit seinen 25 Zacken symbolisiert den Stern von Betlehem. In Verbindung gebracht wird er mit der Brüdergemeinde in Herrnhut in der sächsischen Oberlausitz nah der Grenze zu Tschechien. Hinter dem weihnachtlichen Stern steht eine erfolgreiche Wirtschaftsgeschichte: Erfunden wurde der Schmuck Endes des 19. Jahrhunderts nicht von den Herrnhuter Brüdern, sondern von einem Geschäftsmann – Pieter Hendrik Verbeek. Der schloss mit der Brüdergemeinde einen Vertrag, produzierte die Sterne zunächst in Manufaktur und von den 1920er Jahren an industriell in der Sternegesellschaft mbH. Die 17 viereckigen und acht dreieckige Zacken des Sterns ließen sich zusammenstecken und gut transportieren. Die DDR verstaatlichte den Betrieb 1956, übertrug ihn aber schon 1968 zurück an die Brüder. Zu christlich dürfte das Produktionsprogramm für den Arbeiter- und Bauernstaat gewesen sein.

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Was hat uns 2022 bewegt, schenken wir den Münzen Glauben? Die Zwei-Euro-Sondermünze mit der Wartburg in Thüringen beendete die Bundesländer-Serie. Diese Serie wird allerdings künftig mit prägnanten Wahrzeichen aus den Ländern fortgesetzt. Damit es keinen Streit gibt, richtet sich die Reihenfolge streng nach der Präsidentschaft im Bundesrat. Nächstes Motiv ist die Elbphilharmonie in Hamburg.

Die politisch unverfängliche Serie Musikinstrumente wurde 2022 mit einer Konzertgitarre auf einer 50-Euro-Gold­münze abgeschlossen. Die dreiteilige staatstragende Serie „Säulen der Demokratie“ vollendete auf einer 100-Euro-Goldmünze die „Freiheit“, symbolisiert durch das Brandenburger Tor. Die „Einigkeit“ war 2020 mit dem Abbild der Paulskirche erschienen, 2021 folgte das „Recht“ mit der Fassade des Bundesverfassungsgerichts. Auch Geburtstage wurden 2022 gewürdigt: Das Kinderhilfswerk wurde 50, das EU-Pro­gramm Erasmus zum Jugendaustausch 35, und die Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff 225.

Neue Serien setzten 2022 neue Themen. Mit der Kegelrobbe startete die „Rückkehr der Wildtiere“, also fast ausgestorbener Tiere, die der Arten- und Naturschutz rettete. Nächstes Jahr folgt der Steinbock. Eine grüne Handschrift trägt auch die Fünf-Euro-Serie „Wunderwelt Insekten“: Siebenpunkt-Marienkäfer, Schwalbenschwanz, Rostrote Mauerbiene oder die Gebänderte Prachtlibelle summen dort zu den Sammlern. Neu ist auch die 10-Euro-Sammlermünzenserie „Im Dienst der Gesellschaft“. Den Auftakt macht die „Pflege“. Ihr folgt 2023 die „Feuerwehr“. In der Serie „Grimms Märchen“ kam in diesem Jahr die 20-Euro-Sammler­münze Rumpelstilzchen zur Geltung – ein Jahr, in dem so mancher gern einmal kräftig mit dem Fuß aufgestampft hätte. Diese Serie endet 2023 mit „Hans im Glück“ – hoffentlich kein Hinweis des Finanzministeriums auf die künftige Entwicklung der Fiskalpolitik.