Von der Börse Stuttgart zur Caritas-Stiftung

Oliver Hans findet seine Berufung

Nach seinem Abschied von der Börse Stuttgart hat sich Oliver Hans bei der Caritas-Stiftung gut eingelebt. Ratschläge für ein glückliches Leben bezieht der bekennende Katholik gerne aus der Bibel oder von Stoikern.

Oliver Hans findet seine Berufung

spe Stuttgart

Es sind die biblischen Geschichten von den anvertrauten Talenten, die es Oliver Hans besonders angetan haben. In diesen neutestamentlichen Gleichnissen im Matthäus- und Lukasevangelium schildert Jesus einen Herrn, der seine Knechte reich mit finanziellen Mitteln ausstattet und nach einer langen Reise zur Abrechnung ansetzt. Die ersten beiden Knechte haben inzwischen einen Gewinn erwirtschaftet und werden ihren Leistungen gemäß entlohnt. Der letzte Knecht hingegen hat aus Angst vor Verlusten gar nichts investiert und das Geld stattdessen verborgen. Also konnte er auch keinen Gewinn ausweisen, weshalb der Herr in dem Gleichnis ihm das Geld wieder wegnehmen lässt. „Wir haben also die Pflicht, aus unseren Fähigkeiten im Laufe des Lebens etwas zu machen“, schlussfolgert daraus Oliver Hans, Geschäftsführer der Caritas-Stiftung Stuttgart, der dieses Narrativ auch auf sein Leben bezieht.

Verwunderung über Wechsel

Bekanntlich hatte der heute 58-Jährige zum 1. Mai 2023 den Sessel des Geschäftsführers bei der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse mit dem bei der Caritas-Stiftung Stuttgart getauscht, was mancher am Finanzplatz Stuttgart mit Verwunderung registriert hatte – nicht zuletzt, weil ein solcher Wechsel auch mit einer spürbaren Gehaltseinbuße einhergegangen sein dürfte.

Den bekennenden Katholiken ficht dies freilich nicht an. Sicher, bei der Börse Stuttgart, wo er im September 2002 eingetreten war und großes Ansehen genoss, hatte er „eine tolle Zeit“, unter anderem als Leiter der Handelsüberwachungsstelle. Aber seit seinem Wechsel könne er einer Arbeit nachgehen, die in Zusammenhang mit seinem christlichen Glauben stehe.

Schließlich zählt es im neuen Job zu seinen wesentlichen Aufgaben, als Treuhänder mehrerer Stiftungen und Stiftungsfonds ein Gesamtvermögen von knapp 100 Mill. Euro zu verwalten. 65% stecken davon in Immobilien, der Rest in Wertpapieren und liquiden Mitteln, die er mithilfe von mehreren depotführenden Banken anlegt. Die Anlagerichtlinien geben ein Mindestrating von „BBB+“ vor.

Korridor oder feste Aktienquote

Dass er eine Aktiengrenze von maximal 25% beachten muss, findet der studierte Volkswirt nicht optimal. Er hätte hier gerne mehr Handlungsfreiheit, um bei einem steigenden Aktienmarkt nicht unbedingt verkaufen zu müssen – nur weil das Aktienportfolio die vorgegebene Quote übertroffen hat. „Ein Korridor könnte die Lösung sein“, sagt Hans mit Blick auf den Stiftungsrat, bei dem er sich gerne Rat holt – und auch gerne bekomme.

Die Mittel, die mit dem Stiftungsgeld erwirtschaftet werden, dienen unter anderem der Schaffung von Wohnraum für sozial bedürftige Menschen und Personen mit Behinderungen. Während der Niedrigzinsphase sei es nicht immer leicht gewesen, Rendite zu erwirtschaften. Aktuell sieht er die Aktienindizes als heiß gelaufen an, es gehe aber auch nicht runter – „weil zu viel Liquidität am Markt ist“.

Gelassenheit dank Stoikern

Seit einigen Jahren befasst sich Hans mit den Stoikern wie Seneca oder Marc Aurel, die mit ihrer stoischen Philosophie auf eine Ganzheitlichkeit der Welterfassung abzielten. Es geht dabei viel um emotionale Selbstbeherrschung, aber auch Gelassenheit und Seelenruhe. Letztere scheint Hans bei der Caritas-Stiftung tatsächlich gefunden haben, sagt er doch von sich selbst, noch nie eine solch glückliche Phase in seinem Leben gehabt zu haben wie derzeit.  

Ex-Börsianer findet seine Berufung

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