Alberto Nagel organisiert den Abwehrkampf gegen die Monte dei Paschi
Mediobanca-CEO
Alberto Nagel organisiert Kampf gegen Monte dei Paschi di Siena
Der Mediobanca-CEO hat gute Chancen, das Monte-dei-Paschi-Angebot abzuwehren
bl Mailand
Von Gerhard Bläske, Mailand
Das Übernahmeangebot der teilstaatlichen Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) für die Investmentbank Mediobanca könnte Konsequenzen für das gesamte italienische Bankensystem haben. Denn es geht dabei um den Kampf eines etatistischen und protektionistischen Modells - verkörpert von den Monte-dei-Paschi-Aktionären Francesco Caltagirone, der Holding Delfin der Familie Del Vecchio sowie dem italienischen Staat – gegen ein modernes und offenes Konzept.
Überall dabei
Dafür steht Mediobanca-CEO Alberto Nagel (59). Er war es, der das 1946 gegründete Institut zu einer modernen Bank machte. Über Jahrzehnte hatte der legendäre CEO Enrico Cuccia aus dem in einer engen Gasse direkt hinter der Mailänder Scala gelegenen Firmensitz die Fäden gezogen: Ob es um die Rettung von Olivetti, Fiat oder Pirelli oder um die Übernahme von Telecom Italia durch Olivetti ging: Die Mediobanca war überall dabei.
Tempi passati! Der allergrößte Teil der Überkreuzbeteiligungen zwischen Mediobanca und Unternehmen ist verkauft. Der äußerst diskrete Nagel, der seit 2006 CEO ist, hat die Mediobanca zu einem der ertragsstärksten Institute Europas gemacht. Sie ist heute eine der führenden Investmentbanken nicht nur in Italien, Frankreich und Spanien, sondern auch in der Schweiz. Seit kurzem gibt es auch ein Büro in Frankfurt. Mit der Konsumentenkreditsparte und einer stark ausgebauten Vermögensverwaltung ist die Mediobanca heute breit aufgestellt. Dazu kommt eine Beteiligung von 13% an der Versicherung Generali, die etwa 40% zum Gewinn des Instituts beisteuert.
Süddeutsche Vorfahren
Es ist geradezu irrwitzig, dass ausgerechnet Nagel, der süddeutsche Vorfahren hat, die im 18. Jahrhundert nach Apulien ausgewandert sind, und Wert auf die deutsche Aussprache seines Namens legt, nun Opfer eines klassischen Hinterzimmerkomplotts werden könnte.
Fast alle Analysten sehen durch eine Übernahme das Geschäftskonzept gefährdet. Das wäre auch zum Schaden der Aktionäre. Das zeigt der Aktienkurs, der weit über den Angebotspreis gestiegen ist. Die Anteilseigner haben nicht nur von stetigen Kurssteigerungen profitiert, sondern auch von üppigen Ausschüttungen. Zwischen 2024 und 2026 sollen sie insgesamt mindestens 3,7 Mrd. Euro erhalten.
Widerstand gegen die Monte dei Paschi
Nagel organisiert nun den Widerstand gegen die Monte dei Paschi. Er kennt seine Herausforderer. Caltagirone und die Erben des verstorbenen EssilorLuxottica-Großaktionärs Leonardo Del Vecchio machen ihm seit Jahren das Leben schwer. Die miteinander verbündeten Investoren halten zusammen mindestens 27% der Mediobanca. Schon in den letzten Jahren haben sie in Hauptversammlungen immer wieder versucht, die Kontrolle über die Mediobanca und die Generali zu erlangen, bei der sie 17% der Anteile kontrollieren. Mit ihrem Einstieg bei der MPS und der Offerte versuchen sie es nun anders. Dass sie die Unterstützung von Premierministerin Giorgia Meloni haben, liegt daran, dass diese eine dritte große Bankengruppe haben will, die dauerhaft unter italienischer Kontrolle bleiben soll.
Nagel, Vater zweier erwachsener Kinder, der mit einer führenden Managerin des Versicherers Aon verheiratet ist und privat zwischen Mailand und London pendelt, organisiert den Widerstand. Er hat gute Chancen. Ihm hilft, dass er bestens verdrahtet ist mit der Finanzwelt. Er unterhält etwa enge Beziehungen zu Blackrock-Chef Larry Fink. Blackrock ist mit 4,2% an der Mediobanca beteiligt. Und er kann wohl auf viele institutionelle Anleger und langjährige Aktionäre zählen.