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Corona-Infektionen mischen Chefetagen auf

Von Daniel Schauber, Frankfurt Börsen-Zeitung, 13.5.2020 Für immer mehr CEOs ist das Coronavirus inzwischen auch ein sehr persönliches Thema. Die Fälle der Erkrankten in den Chefetagen häufen sich. Der jüngste öffentlich bekannt gewordene Fall...

Corona-Infektionen mischen Chefetagen auf

Von Daniel Schauber, FrankfurtFür immer mehr CEOs ist das Coronavirus inzwischen auch ein sehr persönliches Thema. Die Fälle der Erkrankten in den Chefetagen häufen sich. Der jüngste öffentlich bekannt gewordene Fall hierzulande ist beim Düngemittelanbieter K+S zu verzeichnen: CEO Burkhard Lohr befindet sich nach einem positiven Testergebnis auf Sars-CoV-2 in häuslicher Quarantäne, wie das Unternehmen zum Wochenstart mitteilte. Die Infektion weise einen milden Krankheitsverlauf auf, beschwichtigt der Konzern zugleich und lässt Lohr in der knappen Mitteilung mit zwölf Worten erklären: “Mir geht es gut. Bis auf Weiteres werde ich im Homeoffice arbeiten.” Verlauf war “heftig”Zuvor hatte schon der Vorstandschef des Autozulieferers Norma seine Coronavirus-Erkrankung öffentlich gemacht. Norma-Chef Michael Schneider musste wegen der nötigen medizinischen Behandlung eine Auszeit nehmen, wie das Unternehmen am 24. März mitgeteilt hatte. Für Schneider war interimistisch COO Friedrich Klein eingesprungen. Am 6. Mai erklärte ein Norma-Sprecher auf Anfrage, Schneider gehe es inzwischen erheblich besser und er sei seit Anfang der vergangenen Woche wieder zurück im Büro und habe seine Aufgaben als CEO wieder übernommen. Schneider erklärte gestern Abend auf Anfrage der Börsen-Zeitung: “Der Verlauf von Covid-19 war in meinem Fall heftig, aber inzwischen nehme ich meine Aufgaben als CEO wieder in vollem Umfang wahr. Ich bin meinem Vorstandskollegen Friedrich Klein und unserem kompletten Führungsteam dankbar für ihren herausragenden Einsatz in dieser Zeit. In einer solchen schwierigen Situation zeigt sich, wie gut unsere Mannschaft aufgestellt ist. Nun geht es darum, dass wir die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie so gut wie möglich abfedern.”Wie viel Transparenz besteht tatsächlich über Corona-Infektionen von CEOs? Das ist schwer zu sagen. Fest steht, dass es mehrere weitere Covid-19-Fälle in deutschen Eckbüros geben dürfte. Zum einen wird auch bei CEOs, genau wie in der Gesamtbevölkerung, die Dunkelziffer hoch sein. Zum anderen sind auch börsennotierte Unternehmen nicht unbedingt verpflichtet, eine Erkrankung des Vorstandschefs sogleich öffentlich bekannt zu geben – auch wenn Aktionäre gern wüssten, ob der Vorstandschef gesund ist und noch mit voller Kraft auf der Kommandobrücke steht. Was Gesundheitsdaten von Topmanagern betrifft, so gilt allgemein, dass Informationsrechte der Stakeholder gegen Persönlichkeitsrechte des Managers abzuwägen sind. In Deutschland verpflichtet das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) alle Inlandsemittenten, Insiderinformationen, zu denen auch Details über Erkrankung und temporäre Abwesenheit eines Vorstandsmitglieds gehören können – “unverzüglich” weiterzugeben, damit andere Marktteilnehmer nicht gegenüber Insidern benachteiligt werden.Auch die US-Börsenaufsicht SEC sieht keine expliziten Regelungen zu Mitteilungspflichten hinsichtlich der Gesundheit des CEO vor. Die SEC fordert allgemein, dass Unternehmen “wesentliche” Informationen veröffentlichen müssen – also alles, was die Entscheidung eines Investors beeinflussen könnte, Aktien der Firma zu kaufen oder zu verkaufen.Das lässt viel Interpretationsspielraum. So erklärte Morgan-Stanley-CEO James Gorman am 9. April in einer internen Videobotschaft seinen Mitarbeitern, dass er von Covid-19 genesen sei – ohne zuvor die Erkrankung überhaupt öffentlich gemacht zu haben. Die Videobotschaft gelangte schnell in die Öffentlichkeit, und diese reagierte irritiert. Angesichts der Tatsache, dass Gormans Symptome “nicht schwerwiegend waren” und dass er während der Krankheit weiterhin als Chairman und CEO fungierte, während er von zu Hause aus arbeitete, habe man entschieden, dass seine Krankheit “nicht so wesentlich” gewesen sei, dass man sie den Aktionären in einer Pflichtmitteilung hätte anzeigen müssen, zitierte der Sender CNBC aus einer E-Mail eines Firmensprechers.Ganz anders verfuhr der Zigarettenkonzern Altria. Der Marlboro-Hersteller machte am 20. März in einer Pflichtmitteilung öffentlich, dass CEO Howard Willard sich mit der Coronavirus-Krankheit angesteckt habe und sich beurlauben lassen werde. Willard trat am 17. April zurück, wobei unklar blieb, ob sein Abgang im Zusammenhang mit seiner Erkrankung steht.Am 26. März gab Jeff Shell, CEO der zu Comcast gehörenden NBC Universal, bekannt, dass er positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. “Obwohl das Virus schwer zu bewältigen war, habe ich es geschafft, aus der Ferne in L.A. zu arbeiten”, schrieb Shell in einer internen Mitteilung an die Beschäftigten.Viel Wirbel gab es um Universal-Music-CEO Lucian Grainge. Er kam nach einem positiven Test auf Covid-19 ins Krankenhaus, wie Bloomberg am 15. März unter Berufung auf Insider berichtete. Eine Bestätigung der Vivendi-Tochter dazu gab es zunächst nicht. Anfang April zitierte die Zeitschrift “Variety” aus einer Mitteilung von Grainge an die Mitarbeiter, in der er erklärte, er habe “schwere Symptome” gehabt, sei aber “auf dem Weg zur völligen Genesung”.Ein Beispiel für hohe Transparenz bietet der Fall von BT-CEO Philip Jansen. Er wurde positiv auf Covid-19 getestet, wie der Konzern am 12. März mitteilte. Mittlerweile hat er sich angeblich wieder vollständig erholt. Offensiv ging auch der Chef des Biotech-Unternehmens Apellis, Cedric Francois, vor. Er gab auf Linkedin am 14. März bekannt, dass er positiv auf das Coronavirus getestet wurde, und isolierte sich in seiner Wohnung in Boston. Das “Wall Street Journal” berichtete Anfang April, er sei wieder vollständig genesen. “Nicht nur schlimme Grippe”Für alle, die die Seuche immer noch auf die leichte Schulter nehmen, hat Universal-Music-CEO Grainge eine klare Botschaft: “Lassen Sie sich von jemandem, der es erlebt hat, sagen: Dies ist nicht nur eine schlimme Grippe. Es ist so ernst, wie es nur sein kann. So ernst für die Jungen und Starken wie für die Alten und Gebrechlichen.”