Ermittlungen

Ein skandal­umwitterter Banker stößt an seine Grenzen

Seit anderthalb Jahrzehnten steht Peter Weinzierl im Verdacht, als einstige Führungsfigur der mittlerweile abgewickelten Wiener Meinl Bank in mannigfaltigen Skandalen und Skandälchen eine prägende Rolle gespielt zu haben. Alle Vorwürfe und...

Ein skandal­umwitterter Banker stößt an seine Grenzen

fir

Seit anderthalb Jahrzehnten steht Peter Weinzierl im Verdacht, als einstige Führungsfigur der mittlerweile abgewickelten Wiener Meinl Bank in mannigfaltigen Skandalen und Skandälchen eine prägende Rolle gespielt zu haben. Alle Vorwürfe und Prozesse perlten letztlich an ihm ab: Anleger soll er um Millionenbeträge geprellt, Steuern hinterzogen, sich der Untreue, des betrügerischen Bankrotts, der Marktmanipulation und der Geldwäsche schuldig gemacht haben. Doch seit Kurzem hat der 55-Jährige ein ernsthaftes Problem: Die Amerikaner haben ihn am Haken. Auf ihr Betreiben hin wurde er über einen internationalen Haftbefehl in Großbritannien dingfest gemacht, und auf ihr Drängen hin wird er voraussichtlich ausgeliefert. Dagegen sei vonseiten Wiens wenig zu machen, da die Briten bekanntlich seit dem Brexit an kein EU-Recht mehr gebunden sind, spekulieren österreichische Medien.

Vorwurf der Geldwäsche

Die US-Justiz beschuldigt Weinzierl und seinen Ex-Kollegen Alexander Waldstein (73), zwischen 2006 und 2016 170 Mill. Dollar durch das US-Finanzsystem geschleust zu haben, um damit zugunsten des brasilianischen Odebrecht-Konzerns ge­schäftsfördernde Schmiergelder an hochrangige Entscheidungsträger zu verteilen. Die brasilianische Baufirma war deshalb 2017 von einem US-Gericht­ zu einer Strafe von 2,6 Mrd. Dollar verdonnert worden.

Als Weinzierl vor zwei Wochen mit seinem Privatflugzeug auf einem kleinen Flugplatz nahe London landete, wartete bereits die Polizei. Sein Versuch, mittels Kaution auf freien Fuß zu kommen, misslang. Die Behörden lehnten die angebotenen 5 Mill. Pfund ab, schrieb Bloomberg, obwohl Weinzierl von den Ermittlungen gegen ihn gewusst und stets mit den österreichischen wie US-Behörden, so auch dem FBI, kooperiert haben soll. Als zu hoch stuften die Ermittler das Risiko ein, dass der Hobbypilot sich auf und davon macht. Nach Russland etwa, wo er nicht nur ein Anwesen besitzen soll, sondern wo ihm hervorragende Kontakte nachgesagt werden. Schon 2012, als ihm und weiteren Managern die Wiener Polizei auf den Fersen war, hatte die „Soko Meinl“ mit Verweis auf Weinzierls Immobilien und erhebliches Auslandsvermögen in Russland und der Türkei vor Flucht- und Verdunklungsgefahr gewarnt, schrieb die Zeitung „Falter“. Kompagnon Waldstein weilt unterdessen in Freiheit.

Der Wiener Weinzierl, der sich selbst als ebenso ehrlichen wie friedfertigen Menschen beschreibt, beteuerte stets seine Unschuld und sieht sich als Opfer von Juristen, Aufsehern und der Presse – mit denen er sich ein ums andere Mal auch in verbalen Scharmützeln erging. Als die Staatsanwaltschaft ihm und Aufsichtsratschef Julius Meinl V. 2018 Untreue vorwarf, weil Detektive und Personenschützer nicht für die Bank, sondern für den persönlichen Einsatz bestimmt, allerdings von ihr bezahlt worden seien, verdammte er dies als Verzweiflungsakt eines irregeleiteten Justizsystems, das nicht aufzugeben vermöge. Durch die Anklage fühle er sich „verarscht“. Vertreter der Medien bezeichnete er als willfährige Handlanger des Justizapparats.

Die Bankenaufsicht versuchte dreimal, ihn mangels fachlicher wie persönlicher Eignung abzuberufen – und scheiterte am Verdikt des Bundesverwaltungsgerichts, welches das Ansinnen zuletzt im Juni 2016 aus formalen Gründen ablehnte. Ein halbes Jahr zuvor hatte Weinzierl von sich aus zwar nach dem aufsichtlichen Widerstand den Vorstand verlassen, aber nur, um flugs aus dem operativen Geschäft in den Aufsichtsrat zu wechseln. Nach achtjährigen Ermittlungen gegen ihn reiche es ihm „dann klarerweise schon auch“, begründete er den Schritt.

1993 stieß Weinzierl zur altehrwürdigen Meinl Bank, welche auf eine Dynastie zurückgeht, die einst mit Kaffee und Delikatessen ein Vermögen machte. Dem Vorstand der 1923 als „Spar- und Kreditverein der Freunde & Angestellten der Julius Meinl AG“ gegründeten Bank gehörte er von 1999 bis 2015 an. Bald nach der Umfirmierung in Anglo Austrian AAB Bank zog die EZB Ende 2019 den Stecker. Sie verwehrte dem Institut die Lizenz, weil es den Sorgfaltspflichten zur Geldwäscheprävention nicht nachkomme. Eine Klage der Bank und ihrer Hauptaktionärin, der auf Malta registrierten Belegging-Maatschappij Far East, vor dem Gericht der Europäischen Union führte zwar kurzfristig zum Erfolg, verhinderte aber nicht, dass die Bank kurz darauf in die Pleite rutschte.