Dieselbetrugsprozess

Ex-Audi-Chef Stadler ringt sich zum Geständnis durch

Der Mammutprozess um den Dieselabgasbetrug bei Audi neigt sich nach mehr als zweieinhalb Jahren dem Ende zu. Auch der Hauptangeklagte, Ex-CEO Rupert Stadler, legte ein Geständnis ab. Zuvor bekannten sich drei Mitangeklagte zu ihrer Schuld.

Ex-Audi-Chef Stadler ringt sich zum Geständnis durch

Rupert Stadler ringt sich zum Geständnis durch

sck München

Nach zähen Vorgesprächen mit der Strafkammer und der Staatsanwaltschaft hat sich der Hauptangeklagte im Mammutprozess um den Dieselabgasbetrug bei Audi vor dem Landgericht München ebenfalls als schuldig bekannt. Für Ex-Vorstandschef Rupert Stadler endet das Verfahren voraussichtlich mit einer Bewährungsstrafe. Mit einem „Ja“ bestätigte der 60-Jährige vor der zuständigen Strafkammer eine von seinen Verteidigern verlesene Erklärung. Er habe es unterlassen zeitnah einzugreifen. Vertragspartner seien nicht rechtzeitig informiert worden. Stadler drückte sein Bedauern aus. Es wäre „ein Mehr an erforderlicher Sorgfalt“ nötig gewesen. Dieses Fehlverhalten habe dazu geführt, dass mit unzulässiger Software ausgestattete Dieselfahrzeuge in den Verkauf gekommen seien. Dass Fahrzeuge manipuliert und dadurch Käufer geschädigt wurden, „habe ich zwar nicht gewusst, aber als möglich erkannt und billigend in Kauf genommen“, ließ er erklären.

Damit steht fast acht Jahre nach dem aufgeflogenen Dieselabgasbetrug im Volkswagen-Konzern Stadler als erster Top-Manager vor einer Verurteilung. Anfang Mai ließ er nach einem vierwöchigen Poker um die Details einer Verständigung mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft über seinen Anwalt ankündigen, ebenfalls ein Schuldeingeständnis abzulegen. Sein Mandant stimme dem Verständigungsvorschlag des Gerichts zu, sagte sein Rechtsbeistand Thilo Pfordte vor zwei Wochen. Das Gericht hatte Stadler zuvor bei einem umfassenden Geständnis und Zahlung von 1,1 Mill. Euro eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt. Die Strafermittler stimmten dem zu. Eine Verständigung sei zustande gekommen, stellte der Vorsitzende Richter Stefan Weickert fest. Weickert signalisierte zuvor, dass ein Urteil im Juni zu erwarten sei. Damit würde der Mammutprozess nach zwei Jahren und acht Monaten enden. Der Prozess hatte im September 2020 begonnen.

Eine Kehrtwende zeichnete sich bereits zuvor ab. Ende April gestand der mitangeklagte Wolfgang Hatz seine Schuld ein. Der frühere Chef der Motorenentwicklung bei Audi gab die Tatvorwürfe der Staatsanwaltschaft vollumfänglich zu, ebenso zwei mitangeklagte leitende Ingenieure. Diese räumten ein, die Software für den Abgasstand manipuliert zu haben. Dadurch seien Zulassungs- und Umweltbehörden sowie Kunden getäuscht worden.

Die Geständnisse kamen auf Druck des Gerichts nach mehr als 160 Verhandlungstagen zustande. Die beiden angeklagten Ex-Manager reagierten auf einen Rechtshinweis des Vorsitzenden Richters von Ende März. Weickert sieht die Tatvorwürfe als erwiesen an. Der Vorsitzende Richter kündigte seinerzeit an, dass Stadler und Hatz eine Gefängnisstrafe nur noch mit einem vollumfänglichen Geständnis abwenden könnten.

Stadler bestritt indes bis dahin die Tatvorwürfe und pochte auf seine Unschuld. Nach der Rechtsindikation der Strafkammer rückten aber beide von ihrer Verteidigungsstrategie ab. Nach Einschätzung des Gerichts dürfte Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben müssen, dass die Abgaswerte manipuliert gewesen sind. Statt die Mängel beheben zu lassen und die Handelspartner zu informieren, habe er den Verkauf der Autos zunächst bis 2018 fortsetzen lassen. Daher komme für ihn eine Freiheitsstrafe wegen Betrugs durch Unterlassung in Betracht, begründete das Gericht. Bei einem Geständnis könne dies aber noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Auf Basis der Verständigung wird das Gericht Stadler zu einer Freiheitsstrafe zwischen eineinhalb und zwei Jahren verurteilen. Laut Strafgesetzbuch kann Betrug mit Gefängnis von bis zu fünf Jahren geahndet werden, in besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren.

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