Regierungssuche in Frankreich

Linke Premier-Kandidatin setzt Macron unter Druck

Lucie Castets, die Kandidatin des Linksbündnis Nouveau Front Populaire für den Posten der Premierministerin, ist Finanzchefin der Stadt Paris. Hoffnungen Macrons auf eine Koalition unter Beteiligung des Regierungslagers erteilt sie eine Absage.

Linke Premier-Kandidatin setzt Macron unter Druck

Linke Premier-Kandidatin setzt Macron unter Druck

wü Paris

Emmanuel Macron hatte um einen politischen Waffenstillstand während der Olympischen Spiele gebeten, doch das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) will bei der Regierungsbildung nicht noch mehr Zeit verlieren. „Ich fordere den Präsidenten auf, seine Verantwortung zu übernehmen und mich zur Premierministerin zu berufen“, erklärte die NFP-Kandidatin Lucie Castets Mittwoch im Radiosender France Inter. Das Linksbündnis, dem neben der linksextremen Partei La France Insoumise Sozialisten, Grüne und Kommunisten angehören, hatte sich nach zähem Ringen Dienstagabend auf die Nominierung Castets geeinigt, kurz bevor Macron im Fernsehen sein erstes Interview nach der zweiten Runde der vorgezogenen Parlamentswahlen gab.

Wegen der Olympischen Spiele will Frankreichs Staatsoberhaupt jedoch erstmal keine neue Regierung ernennen. „Es ist klar, dass wir bis Mitte August nicht in der Lage sind, die Dinge zu ändern, weil das für Unruhe sorgen würde“, erklärte er. Außerdem habe das Linksbündnis keine Mehrheit. Macron verleugne die Demokratie, konterte Castets wenige Stunden später. Die in der Öffentlichkeit bisher unbekannte Staatsdienerin, die Macrons Rentenreform rückgängig machen will, erteilte zudem einer möglichen Koalition der Linken unter Beteiligung des Regierungslagers eine Absage. „Eine Koalition zwischen denjenigen, die den öffentlichen Dienst stärker finanzieren wollen und denjenigen, die denken, dass die Mittel für ihn dringend gekürzt werden müssen, ist nicht möglich“, sagte die 37-Jährige.

Finanzchefin der Stadt Paris

Die Absolventin der Kaderschmiede Ecole Nationale d'Administration (ENA) und des Institut d'Etudes Politiques in Paris gehört keiner Partei mehr an, war jedoch 2008 bis 2011 Mitglied der Sozialisten. Dafür engagiert sie sich in dem Kollektiv „Nos services Publics“ („Unser öffentlicher Dienst“). Ihre berufliche Karriere hat sie beim Schatzamt begonnen. Anschließend hat sie bei der Antigeldwäschebehörde Tracfin Steuerhinterziehung und Wirtschaftskriminalität bekämpft. Nachdem Castets drei Jahre lang Beraterin der sozialistischen Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo für Haushalts- und Finanzfragen war, stieg sie letztes Jahr zur Finanz- und Einkaufschefin der französischen Hauptstadt auf.

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