Werner Brandt 70
Werner Brandt 70
hei Frankfurt
Werner Brandt gehört zu den Managern, denen man fast unterstellen darf, dass sie in ihrer Zeit als aktiver Vorstand durch weniger Turbulenzen zu steuern hatten als danach. Das könnte daran liegen, dass der promovierte Betriebswirt, der am 3. Januar seinen 70. Geburtstag feiert, fast 14 Jahre das Finanzressort von SAP geleitet hat. In dieser Zeit hat er fünf Vorstandschefs, allein oder im Duett, kommen und gehen sehen, von denen einer zwar akquisitionsfreudiger war als andere. Aber auch Bill McDermott konnte die Finanzen von SAP nicht erschüttern. Die Walldorfer Softwareschmiede blieb immer ein solide geführtes, ertrags- und cashflowstarkes Unternehmen, das einem Finanzvorstand zu keinem Zeitpunkt den Schlaf rauben musste.
Sammelsurium an Mandaten
Daher scheint es fast, als habe der Stress angefangen, nachdem Brandt, der zur Jahresmitte 2014 bei SAP ausgeschieden war, damit begann, eine ganze Reihe von Aufsichtsratsmandaten zu sammeln, darunter den Energieriesen RWE, wo er seit 2016 Aufsichtsratsvorsitzender ist. Darüber hinaus war der Manager zeitweise noch im Aufsichtsrat der Lufthansa, bei Innogy, bei Qiagen und Osram. In den Siemens-Aufsichtsrat trat er 2018 ein und ist seit 2021 einer der stellvertretenden Vorsitzenden. Als besondere Herausforderung entpuppte sich indes das MDax-Unternehmen ProSiebenSat.1, wo Brandt von 2014 bis 2022 durchgehend an der Spitze des Aufsichtsgremiums stand. Dabei darf er sich keine allzu glückliche Hand im Umgang mit den Schwächen zweier CEOs bescheinigen. Sowohl Thomas Ebeling als auch den Nachfolger Max Conze ließ er länger gewähren, als für das Unternehmen aus Investorensicht gut war. In Brandts Amtszeit hat sich der ProSieben-Kurs gedrittelt.
Seit April 2020 ist der Finanzfachmann Mitglied der Regierungskommission Deutscher Governance Kodex. Eine gute Unternehmensführung war dem gebürtigen Westfalen, der seine ersten zehn Berufsjahre als Wirtschaftsprüfer bei PwC verbrachte, später einer der Väter des zweistufigen Enforcements der Bilanzprüfung wurde und im Ehrenamt zwölf Jahre an der Spitze des Trägervereins der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) stand, seit jeher ein Anliegen. Die mit dem Fall Wirecard zutage getretenen Schwächen der Corporate Governance hatten ihn „fassungslos“ gemacht, war zu hören.
Einsatz für Steuerfreibeträge
Wie es sich für einen Manager gehört, der den größten und wichtigsten Teil seiner aktiven Karriere bei einer Technologie-Ikone verbracht hat, die auch als berühmtestes einstiges Start-up Deutschlands gelten darf, hat Brandt bereits 2013 die steuerliche Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen hierzulande kritisiert und eine drastische Erhöhung der Steuerfreibeträge gefordert. Es hat indes zehn Jahre gedauert, bis eine Regierung sich des Themas angenommen hat, im Zuge des Zukunftsfinanzierungsgesetzes.