Recht und Kapitalmarkt

US-Privatplatzierung als Alternative zum Bankkredit

Überschaubarer Investorenkreis ansprechbar - Keine Pflichten nach dem Sarbanes-Oxley Act

US-Privatplatzierung als Alternative zum Bankkredit

Von Alexander Georgieff und Patrick Kenadjian *)In unserem Beitrag vom 20. Oktober 2004 in dieser Zeitung untersuchten wir die Vorteile, die der Einschluss einer Privatplatzierung von Aktien an “qualified institutional buyers” (“QIB”) nach der Rule 144A des Securities Act aus dem Jahr 1933 in einen Börsengang oder eine Kapitalerhöhung eines deutschen Unternehmens bieten kann, bei dem ein Börsen- oder Verkaufsprospekt bereits erstellt wurde. Dieser Beitrag behandelt weitere Möglichkeiten der außerbörslichen Kapitalbeschaffung in den USA, nämlich die einer Privatplatzierung von Schuldtiteln an eine überschaubare Gruppe von US-Investoren nach Section 4 (2) des Securities Act ohne Prospektpflicht. Eine solche Platzierung löst keine gesetzlich angeordneten Publizitätspflichten gemäß Sarbanes-Oxley Act aus. US-Versicherer investierenSeit Jahren investieren vor allem Versicherungsgesellschaften in den USA direkt, d. h. außerhalb einer öffentlichen Emission, in Schuldtiteln, die von Unternehmen begeben werden, die von einer Ratingagentur ein Rating erhalten haben. Sie begannen allerdings in der jüngeren Vergangenheit in nicht geratete Schuldtitel europäischer Unternehmen zu investieren. Deutsche Unternehmen haben bis 2002 von dieser Finanzierungsquelle keinen nennenswerten Gebrauch gemacht. Während im Jahre 2002 das Gesamtvolumen von deutschen Emittenten in den USA privat platzierter Schuldtitel lediglich 375 Mill. Dollar betrug, waren es 2003 schon 805 Mill. Dollar und in den ersten sechs Monaten des Jahres 2004 dann 3,9 Mrd. Dollar. Deutsche Unternehmen finanzieren sich aus den verschiedensten Gründen in diesem Markt. Eine US-Platzierung ermöglicht es ihnen unter anderem, ihre Fremdfinanzierungsquellen in Ergänzung zu bestehenden Bankkrediten stärker zu diversifizieren, langfristige Investoren anzusprechen, um Schuldtitel mit einer längeren Laufzeit begeben zu können, oder Bilanzen und den Finanzbedarf von Tochtergesellschaften oder Aktivitäten in den USA in Dollar zu finanzieren. Der Eurobond-Markt sowie der deutsche Schuldscheinmarkt sind aufgrund der kürzeren Laufzeiten von durchschnittlich drei bis fünf Jahren nicht immer die richtige Alternative zu einer Bankfinanzierung. Zu den weiteren Vorteilen zählen die gegenüber der Emission einer öffentlichen Anleihe erzielbare Zeitersparnis (eine Privatplatzierung erfolgt in der Regel innerhalb von sechs bis zwölf Wochen), geringere Emissionskosten sowie die größere Vertraulichkeit. Die Zinssätze für privat platzierte Anleihen in den USA, die sich an US-Schatzanleihen mit entsprechender durchschnittlicher Laufzeit orientieren, sind aufgrund der aktuell immer noch sehr niedrigen Basiszinsen und engen Spreads vergleichsweise niedrig und unterstreichen damit die Attraktivität dieses Finanzierungsinstruments. Keine ProspektpflichtIm Unterschied zu einem syndizierten Bankkredit, an dem oft bis zu 60 Banken teilnehmen, wird eine Platzierung gemäß Section 4 (2) in der Regel von wenigen Investoren (zehn bis 20) gezeichnet. Für eine solche Platzierung ist die Erstellung eines Prospekts gemäß 10b-5 nicht erforderlich. Die Investoren führen im Wesentlichen aufgrund ihres direkten Kontakts mit dem Unternehmen ihre eigene Due Diligence durch. Wie bei einem syndizierten Bankkredit werden in einem Information Memorandum zwar umfangreiche Informationen über das Unternehmen und seine Geschäftsstrategie präsentiert – allerdings nicht in aller Öffentlichkeit, sondern nur gegenüber den Investoren, die in Abstimmung mit dem Unternehmen eingeladen werden. Das Information Memorandum wird in der Regel von der beratenden Investmentbank ohne Einbeziehung des US-Anwalts erstellt und bedarf keiner langen Verhandlungen zur Erstellung eines Verkaufsprospekts (“drafting sessions”). Rating und CovenantsIn den USA handelt es sich bei Private Debt Placements um ein sehr standardisiertes Produkt. Das trifft auch auf die sogenannten Covenants, die vertraglichen Verpflichtungen des Emittenten, zu. Die Covenants können unter anderem vorsehen, dass das Unternehmen bestimmte Mindestgrenzen für die Zinsdeckung, den Leverage und das Eigenkapital einhält, und können des Weiteren sogenannte Cross-Default-, Event-Risk-Protection- und Pari-passu-Klauseln beinhalten. Bei amerikanischen Unternehmen hängt die Anzahl der Covenants vom jeweiligen Rating der Gesellschaft ab. Eine Herabstufung des Ratings führt i. d. R. zu einer Verschärfung der Covenants. Investoren sind jedoch bereit, die Privatplatzierung eines Unternehmens mit einem “A”-Rating ohne vorher vereinbarte Covenants zu zeichnen. Fehlt es einem europäischen Unternehmen an einem Rating, so muss es die Covenants mit amerikanischen Investoren einzeln verhandeln. Die Investmentbanken, die bei diesen Transaktionen die Rolle eines Placement Agent übernehmen, stehen im engen Kontakt mit den Investoren und können die Anforderungen der Investoren sowie deren Verhandlungsposition am besten beurteilen. Zum Teil ist es größeren deutschen Emittenten gelungen, Anleihen ohne nennenswerte Covenants zu platzieren. Investoren erlauben deutschen Unternehmen, die über einen guten Ruf und über eine gute Kapitalisierung verfügen, aber kein Rating besitzen, einen Schuldtitel mit denselben Covenants zu platzieren wie US Gesellschaften mit einer vergleichbaren Finanzstruktur. Neuerdings wird auch eine sogenannte Most-Favored-Lender-Klausel akzeptiert, nach der den Investoren garantiert wird, als Gegenleistung für eine weitgehende Covenant freie Emission auf alle Fälle pari passu mit anderen Gläubigern gestellt zu werden. Eine solche Vereinbarung kann jedoch ihre Tücken haben, was deutlich wird, wenn der Emittent bei anderen Finanzierungsvereinbarungen weiteren restriktiveren Covenants zustimmt. Im Vergleich zum syndizierten Bankkredit ist eine Änderung oder ein Verzicht auf die Einhaltung eines Covenant grundsätzlich schwieriger, aber dennoch wesentlich einfacher, als dies bei einer öffentlich angebotenen Anleihe der Fall wäre. Investoren machen diese Zugeständnisse jedoch nicht unentgeltlich. AuswahlkriterienOft werden US Private Debt Placements dem Unternehmen von Investmentbanken als standardisiertes Produkt, einschließlich der erwähnten Covenants, angeboten. Die Banken geben auch gelegentlich eine Empfehlung für einen sogenannten Transaction Counsel ab, d. h. einen Rechtsberater, der nicht ausschließlich die Interessen des Emittenten vertritt, oder aber auch einer Liste von Anwälten, die das Unternehmen beraten sollen. Bei der Auswahl seines Rechtsanwalts hat der Emittent jedoch freie Hand. Es steht selbstverständlich in seinem Ermessen, sich von einem Rechtsanwalt seiner Wahl beraten zu lassen. Bei der Auswahl eines geeigneten Rechtsberaters ist besonderes Augenmerk auf seine einschlägigen Erfahrungen bei der Beurteilung der Finanzstruktur eines Unternehmens, seine Branchenkenntnisse und seine Bereitschaft, sofern angezeigt, von dem standardisierten Vertragswerk abzuweichen, zu richten. Nur in diesen Fällen ist es gewährleistet, dass die Interessen des Emittenten gegenüber der platzierenden Bank und den Investoren gewahrt werden. Dies ist im Hinblick auf die regelmäßig lange Laufzeit eines US Private Placement von besonderer Bedeutung. Fazit: In der Vergangenheit konnten sich deutsche Unternehmen in der Regel über ihre Hausbanken finanzieren. Für Unternehmen, die sich weitere Finanzierungsmöglichkeiten erschließen, aber die Transparenzerfordernisse des Kapitalmarktes vermeiden wollen, kann eine private Platzierung von Schuldtiteln an US-amerikanische institutionelle Investoren eine durchaus attraktive Alternative darstellen. Es ist wichtig zu wissen, dass eine solche Privatplatzierung außer den mit den Investoren vertraglich vereinbarten Berichtspflichten keine gesetzlich angeordnete Publizität, auch nicht gemäß Sarbanes-Oxley Act, auslöst. *) Dr. Alexander Georgieff ist Co-Head Investment Banking Deutschland der Deutschen Bank, Patrick Kenadjian ist Partner bei Davis Polk & Wardwell und Leiter des Frankfurter Büros der Sozietät.