Autozulieferer

Aus für Conti-Finanzchef verunsichert Anleger

Der plötzliche Abgang von Continental-Finanzchef Wolfgang Schäfer im Zusammenhang mit dem VW-Dieselskandal verunsichert Anleger. Die Aktie des Zulieferers ist am Donnerstag größter Verlierer im Dax.

Aus für Conti-Finanzchef verunsichert Anleger

ste Hamburg

Die am Mittwochabend bekannt gewordene plötzliche Abberufung des langjährigen Finanzvorstands von Continental, Wolfgang Schäfer, im Zusammenhang mit dem Dieselskandal von Volkswagen sorgt an der Börse für Verunsicherung. Die Aktie des Autozulieferers und Reifenherstellers aus Hannover rutschte am Donnerstag zunächst um bis zu 5,9% ab, ehe sie den Handel als größter Verlierer im Dax mit einem Minus von 3,1% bei 107,40 Euro beendete. Einige Analysehäuser hielten an ihren bisherigen Einschätzungen zu der Aktie fest, Nord/LB und DZ Bank stuften ihre jeweiligen Kursziele indes herunter, die DZ Bank rät nun auch zum Halten und nicht mehr zum Kauf des Papiers.

Continental hatte nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrats mitgeteilt, dass die Vorstandsbestellung des seit Anfang 2010 amtierenden CFO einvernehmlich mit sofortiger Wirkung beendet worden sei. Die Ablösung von Schäfer (62), zuständig für die Bereiche Finanzen und Controlling, IT, Compliance sowie Recht, stehe „im Zusammenhang mit den bereits bekannten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover zur Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren und Defiziten bei der andauernden Aufklärung bei Continental“, so die Erklärung des Konzerns. Die Ressorts Compliance sowie Law & Intellectual Property fallen nun in die Verantwortung des seit vorigem Herbst amtierenden Vorstandsvorsitzenden Nikolai Setzer, sie sollen unterhalb der Vorstandsebene neu besetzt werden. Bis zur Regelung der Nachfolge im Vorstand würden die Bereiche Finanzen, Controlling und IT kommissarisch von Katja Dürrfeld geleitet.

Man werde den vorliegenden Sachverhalt „konsequent und vollumfänglich“ aufklären und kooperiere rückhaltlos mit der Staatsanwaltschaft Hannover, betonte Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle. Die Behörde äußert inzwischen öffentlich den Tatverdacht der Beihilfe zum Betrug, der Untreue und der vorsätzlichen Aufsichtspflichtverletzung gegen fünf Beschuldigte der ersten und zweiten Leitungsebene bei dem Zulieferer, darunter neben Schäfer der im November 2020 ausgeschiedene langjährige Vorstandsvorsitzende Elmar Degenhart sowie der Ende September 2018 verabschiedete Vorstand für die im September dieses Jahres abgespaltene Antriebssparte, José A. Avila. Der Tatverdacht habe sich in den seit 2019 andauernden Ermittlungen mittlerweile „so weit verdichtet, dass wir hiermit auch herausgehen können an die Medien“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover auf Anfrage. Insgesamt führt die Behörde im Zusammenhang mit dem Dieselskandal aktuell 61 Beschuldigte bei Continental.

Die Ermittlungen der Strafverfolger drehen sich um die Rolle von Continental-Mitarbeitern bei der Lieferung von Motorsteuerungsgeräten und dem Einbau einer verbotenen Abschalteinrichtung in die Steuerungssoftware. Die in einem von Volkswagen für den Verkauf in Europa entwickelten 1,6 Liter-Dieselmotor verwendete Software soll von Continental gestammt haben. Die Vorwürfe gegen den Zulieferer erstrecken sich auf Vorgänge bis in das Jahr 2006.

Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte, wurden in der vergangenen Woche in Frankfurt die Compliance-Abteilung von Continental sowie die Privatwohnung eines Mitarbeiters unterhalb der Vorstandsebene durchsucht. An diesem Mittwoch seien ebenfalls in Frankfurt in der Rechtsanwaltskanzlei, die der Zulieferer für die internen Untersuchungen beauftragt hatte, Unterlagen und elektronische Daten sichergestellt worden. Inzwischen, so der Behördensprecher weiter, lägen eine Vielzahl von Unterlagen und eine große Datenmenge vor, die sukzessive ausgewertet würden. Diese Auswertungen würden sich noch „über Monate hinziehen“, der Tatverdacht aber sich aber verdichtet.

Zu möglichen strafrechtlichen Konsequenzen für die Beschuldigten und für das Unternehmen wollte sich der Sprecher nicht näher äußern. Neben einer Geldbuße für Continental könne es, soweit Gewinne aus strafbaren Handlungen erzielt wurden, auch zu einer Vermögensabschöpfung kommen. Bei der DZ Bank hieß es, auf Basis der aktuell vorliegenden Informationen ließen sich die möglichen finanziellen Folgen aus der Dieselthematik für Continental nicht beziffern. Für möglich hält Analyst Michael Punzet mit Blick auf die laufenden Ermittlungen aber „einen anhaltend negativen Newsflow, der das Sentiment gegenüber Continental belastet“. Warburg Research-Analyst Marc-René Tonn verwies eine Strafzahlung des Continental-Konkurrenten Bosch von 90 Mill. Euro im Zusammenhang mit dem Dieselskandal.

Der Konzernbetriebsrat von Continental forderte derweil am Donnerstag weitergehende Schritte über die vom Aufsichtsrat angekündigte Aufklärung des Sachverhalts hinaus. Notwendig seien ein „Neustart mit mehr Mut zur Ehrlichkeit und ohne Angst vor Fehlern“ sowie „eine Rückbesinnung darauf, wofür Continental steht: Vertrauen und Verlässlichkeit, Transparenz und Offenheit“.

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