Datenschützer schwingen die Keule

Bußgeld über 10 Mill. Euro gegen Online-Händler wegen Videoüberwachung

Datenschützer schwingen die Keule

swa Frankfurt – Die niedersächsische Datenschutzbehörde (LfD) hat gegen den Online-Händler Notebooksbilliger.de ein Bußgeld über 10,4 Mill. Euro verhängt. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, seine Beschäftigten über mindestens zwei Jahre ohne Rechtsgrundlage per Video überwacht zu haben. “Die unzulässigen Kameras erfassten unter anderem Arbeitsplätze, Verkaufsräume, Lager- und Aufenthaltsbereiche”, teilt die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen mit. Es ist das höchste Bußgeld, das die LfD Niedersachsen bislang im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ausgesprochen hat. In anderen Bundesländern gab es noch höhere Strafen, zum Beispiel 2020 gegen den Modehändler Hennes & Mauritz in Höhe von 35,3 Mill. Euro.Notebooksbilliger hat nach eigenen Angaben Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt. Die Höhe der Strafe sei “völlig unverhältnismäßig” und stehe “in keiner Relation zur Größe und Finanzkraft des Unternehmens sowie zur Schwere des angeblichen Verstoßes”, sagt CEO Oliver Hellmold. Der Online-Händler dürfte laut Medienberichten zuletzt auf einen Umsatz von 1 Mrd. Euro gekommen sein, so dass das Bußgeld rund 1 % ausmacht. Notebooksbilliger lässt sich anwaltlich in dem Fall vom Datenschutzexperten Hanno Timner von der Kanzlei Morrison & Foerster vertreten sowie vom Berliner Strafverteidiger Uwe Freyschmidt. Beide Anwälte hatten den Telekommunikationsanbieter 1&1 bei seiner Klage vor dem Landgericht Bonn begleitet, wo es dem Unternehmen gelang, das wegen Datenschutzverstößen erlassene Bußgeld von 9,6 Mill. auf 0,9 Mill. Euro zu reduzieren. Der Umsatz eines Unternehmens könne nicht die entscheidende Bemessungsgrundlage für die Höhe des Bußgelds sein, sagt Timner.Die LfD Niedersachsen erläutert zu ihrer Entscheidung, Notebooksbilliger habe sich darauf berufen, es sei Ziel der installierten Videokameras gewesen, “Straftaten zu verhindern und aufzuklären sowie den Warenfluss in den Lagern nachzuverfolgen”. Zur Verhinderung von Diebstählen müsse eine Firma aber zunächst mildere Mittel prüfen, etwa stichprobenartige Taschenkontrollen. Eine Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten sei nur rechtmäßig, wenn sich ein begründeter Verdacht gegen konkrete Personen richte. Dann könne es zulässig sein, einzelne Mitarbeiter zeitlich begrenzt mit Kameras zu überwachen, so die Behörde.Videoüberwachung dürfe auch nicht vorsorglich zur Abschreckung eingesetzt werden, mahnt Datenschutzexperte René Sandor von der Kanzlei CMS Deutschland. “Das würde die Vertrauensbasis im Arbeitsverhältnis untergraben.”