Deutsche Autokonzerne vor vielen Fragen
Deutsche Autokonzerne vor vielen Fragen
Wie soll die Wertschöpfung in den USA in die Zölle einbezogen werden? – Wichtiger Exportmarkt und Produktionsstandort
Die hohen Zölle der USA auf Autoimporte träfen die deutschen Hersteller hart. Es ist ihr zweitgrößter Einzelmarkt hinter China. Die Unternehmen rätseln jedoch, ob und wie die Wertschöpfung innerhalb der USA berücksichtigt wird, wenn die Fahrzeuge von Montagefabriken im Ausland exportiert werden.
jh/ste München/Hamburg
Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle könnten die deutschen Autohersteller hart treffen. Denn die USA sind der wichtigste Exportmarkt der Branche hierzulande. Angesprochen auf die Folgen der Zölle, halten sich die Unternehmen mit Aussagen zurück. „Wir brauchen noch einige Zeit, um zu verstehen, welche Herausforderungen entstehen“, sagte ein Sprecher von Mercedes-Benz. Zu Einzelheiten könne sich das Unternehmen deshalb nicht äußern. Der Sprecher verwies auf die Stellungnahme des Branchenverbands VDA. Dieser warnt vor einer erheblichen Belastung sowohl für die Unternehmen als auch für die Verbraucher – auch in Nordamerika.
Dass es um große Beträge geht, machte vor zwei Wochen der Vorstand von BMW in der Bilanzpressekonferenz deutlich. Konzernchef Oliver Zipse schätzte die Belastung von Zöllen für BMW auf rund 1 Mrd. Euro in diesem Jahr. Basis für die Annahme waren die am 12. März gültigen Zölle. Die nun von Trump angekündigte 25%-Keule auf alle importierten Pkw war darin also noch gar nicht berücksichtigt.
Zweifel an der IT der Zollbehörden
In der Branche heißt es, es gebe viele Fragen, ob und wie die Wertschöpfung in den USA sowie in anderen Ländern in die Berechnung der Zölle einfließen könne. Teile für die Produktion von Autos überschreiten mitunter mehrmals Staatengrenzen. Ob die Zollbehörden in den USA überhaupt mit ihren IT-Systemen in der Lage seien, solche Bewegungen der Wertschöpfung inner- und außerhalb der USA zu ermitteln, sei unklar. Denkbar sei, dass solche Erhebungen ohne Investitionen in die Informationstechnik nicht möglich wären.
Ein Beispiel für grenzüberschreitende Produktionsnetzwerke nannte vor kurzem Karin Rådström, die Vorstandsvorsitzende von Daimler Truck: Der Konzern produziert in Detroit Motoren, die in Mexiko in Lkw eingebaut werden, und exportiert diese Fahrzeuge in die USA. Ob und wie dieser US-Anteil in Zöllen berücksichtigt werde, sei offen, sagte die Schwedin. Zwar hat Trump bisher nur Importzölle für Pkw und Kleinlaster angekündigt. Doch es könnte auch große Nutzfahrzeuge treffen.
Größtes BMW-Werk in den USA
Die Premiumanbieter BMW und Mercedes heben die Bedeutung der USA als Markt und als Produktionsstandort hervor. Im Netzwerk des Münchner Autoherstellers ist das Werk in Spartanburg im Bundesstaat South Carolina seit einigen Jahren das größte. Im Geschäftsbericht von BMW ist zu lesen, dort seien im vergangenen Jahr knapp 400.000 SUVs produziert worden. Fast die Hälfte davon sei auch in den USA verkauft worden. Insgesamt hat der Konzern 2024 knapp 398.000 BMW und Mini in den USA abgesetzt. Das ergibt nach Angaben von Global Data eine Importquote von 52% (siehe Grafik).

Dieser Anteil von Mercedes-Benz liegt laut dem Datenanalyseunternehmen bei 63%. Der Stuttgarter Konzern hat im vergangenen Jahr 324.500 Pkw in den USA verkauft. Wie für BMW waren die Vereinigten Staaten nach China der zweitgrößte Einzelmarkt. Mercedes-Benz produziert im Bundesstaat Alabama unter anderem die SUVs GLE und GLS sowie von den E-Autos die SUVs EQE und EQS sowie das Maybach SUV. Etwa 60% davon werden exportiert. Vor zwei Jahren war nach den jüngsten Angaben von Mercedes-Benz die Zahl der aus den USA ausgeführten Autos in etwa so hoch wie die der eingeführten.
Hauptanteil aus der EU
Die Produktion in China wird ausschließlich dort verkauft, wie der Firmensprecher berichtet. Mexiko spielt als Standort für Mercedes-Benz nur eine kleine Rolle, auch weil das einzige dort gefertigte Modell GLB das Ende seines Lebenszyklus erreicht. Ein großer Teil der Produktpalette von der A- bis zur S-Klasse, die in den USA verkauft werden, stammt aus der EU.
Auch Volkswagen äußerte sich nicht konkret zu möglichen Auswirkungen der geplanten Zölle auf Preise, Produktion und Absatz. Man verfolge die Entwicklung aufmerksam und werde mögliche Auswirkungen unter anderem auf die Lieferketten und das Produktionsnetzwerk intern umfassend bewerten, teilte ein Sprecher des Wolfsburger Konzerns mit. Die USA seien ein wichtiger Markt für den VW-Konzern, in den man in jüngster Zeit 14 Mrd. Dollar investiert habe.
Audi und Porsche ohne Werke
Im vergangenen Jahr setzte der VW-Konzern einschließlich der Premiummarken Porsche und Audi rund 658.000 Pkw in einem leicht ansteigenden US-Markt ab – die meisten der drei deutschen Autokonzerne. Wie BMW und Mercedes lässt die Marke VW in den USA Autos vom Band rollen, womit ein Teil der Konzernfahrzeuge für den Markt ohne Zölle verkauft werden kann. Marken wie Audi und Porsche gehören indes zu den europäischen Anbietern ohne eigene Produktion in den USA und somit zu den von den geplanten Importzöllen stark betroffenen Herstellern.
UBS-Analysten zufolge zählt Volkswagen neben Stellantis zu den europäischen Herstellern, die am stärksten von Zöllen auf Importe aus Mexiko und Kanada betroffen sein könnten. Deutsche Premiummarken wie Porsche, BMW und Mercedes seien indes den US-Zöllen auf Autos, die in der EU hergestellt werden, stärker ausgesetzt. „Wir sehen für deutsche Autohersteller ein Risiko beim Ergebnis je Aktie von mindestens 10 bis 20% aufgrund von US-Importzöllen auf in der EU hergestellte Autos“, so die Bank.
Kaum freie Kapazitäten
Europäische Hersteller hätten begrenzte ungenutzte Kapazitäten, um ihre Produktion an den bestehenden US-Standorten auszuweiten, so das Analysehaus Bernstein. Wenn die Zusatzzölle an US-Verbraucher durchgereicht werden sollten, könnten sich die Preise um 8.000 bis 12.000 Dollar pro Fahrzeug erhöhen. Sollten die geplanten Zusatzzölle längerfristig gelten, erwartet Bernstein deutliche Belastungen der Gewinnmargen der drei deutschen Autokonzerne.