Empörung unter Hausbauern
hek Frankfurt – Der plötzliche Förderstopp für Gebäude mit niedrigem Energieverbrauch schlägt nicht nur in der Politik hohe Wellen. Branchenverbände zeigen sich entsetzt über den abrupten Antragsstopp für die Programme der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Denn für Bauwillige und Immobilienentwickler verändern sich die Rahmenbedingungen schlagartig. Sie müssen sehen, wie sie den Wegfall der Förderung finanziell ausgleichen.
Die Aktie des Eigenheimbauers Helma reagierte prompt. Sie sackte nach Bekanntwerden des Stopps der Bundesförderung bis zu 8% ab. Die Notierung des Projektentwicklers für Wohnimmobilien Instone gab bis zu 5% nach, hat sich aber wieder erholt. Ein Instone-Sprecher versichert, dass man keine Abschwächung der Nachfrage durch den Förderstopp erwarte. Bei der in Lehrte bei Hannover ansässigen Helma führte der noch von der alten Bundesregierung beschlossene Wegfall der Neubauförderung für das Effizienzhaus 55, das 55% der Energie des Referenzhauses verbraucht, zum 31. Januar 2022 zu „spürbaren Vorzieheffekten“. Diese veranschlagt das Unternehmen, das sich auf Einfamilienhäuser in Massivbauweise konzentriert, auf bis zu 10% des Gesamtauftragseingangs. Das katapultierte die Bestellungen von 312,5 Mill. Euro im Jahr 2020 auf 446,6 Mill. Euro 2021 – ein Anstieg um 43%. Auch ohne die Vorzieheffekte lägen die Orders oberhalb von 400 Mill. Euro, ein Plus von etwa 30%. Im Juli war das Management noch von 20 bis 25% Zuwachs ausgegangen.
Für die Hausbauerbranche hängt nun viel davon ab, wie finanzierende Banken auf den Wegfall der Förderung reagieren, also wie sie den veränderten Finanzierungsmix bewerten und ob sie gegebenenfalls bereit sind, Finanzierungslücken zu stopfen. Womöglich müssen Bauträger damit rechnen, dass das ein oder andere Vorhaben aus dem Auftragsbestand wegbricht und weniger neue Bestellungen hereinkommen. Bei Helma macht man sich darüber aber keine großen Sorgen. Vorstandschef Gerrit Janssen versichert, dass die allermeisten Kunden ihre Förderanträge beizeiten, also bis Mitte Dezember 2021, gestellt hätten und diese inzwischen bestätigt seien.
Grund für das von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck verhängte Stoppsignal ist die Flut an Anträgen, die dazu führt, dass die eingeplanten Haushaltsmittel bei weitem überschritten würden. Das Vorgehen betrifft nicht nur die ohnehin auslaufende EH55-Förderung, sondern auch das noch sparsamere EH40, das 60% weniger Energie als das Referenzhaus benötigt. Die Höhe dieser Unterstützung gibt Helma mit immerhin 33 750 Euro pro Wohneinheit an. Auch die Förderung für energetische Sanierungen wurde eingestellt, soll aber ebenso wie die EH40-Förderung demnächst wieder anlaufen. Häuser mit dem Energiestandard 55 benötigen aus Sicht des Ministeriums keine Förderung mehr, weil sie längst Neubaustandard seien. Offen ist in Berlin offenbar noch, wie mit eingereichten, aber noch nicht bewilligten Förderanträgen umgegangen wird.
Scharfe Kritik kommt von Branchenverbänden. Sie machen geltend, dass die Ampel-Regierung sowohl ihre eigenen wohnungspolitischen als auch ihre Klimaziele konterkariere. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe spricht von einem Schock für Bauherren und Bauwillige. Die Bundesregierung könne ihr Ziel von 400000 neuen Wohnungen jährlich jetzt halbieren, schimpft Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW. Eigene Berechnungen zeigten nämlich, dass der Neubau von 200 000 Wohnungen gefährdet sei. Zudem würden 100 000 Sanierungen unterbleiben. „Viele unserer Mitgliedsunternehmen halten ihre Projekte an“, warnt Andreas Ibel vom BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen.