Krisengeschüttelter Agrarhändler wagt Neuanfang

Hohe Abschreibungen und Zinsaufwendungen weiten Verlust der Baywa aus

Nach einem im August geschnürten Rettungspaket von 550 Mill. Euro und einer vorläufig positiven Fortführungsprognose ist der defizitäre und hoch verschuldete Agrarhandelskonzern Baywa noch längst nicht über den Berg. Das Unternehmen muss 220 Mill. Euro abschreiben.

Hohe Abschreibungen und Zinsaufwendungen weiten Verlust der Baywa aus

Hohe Abschreibungen weiten Verlust der Baywa aus

Wertberichtigungen von 222 Mill. Euro stammen überwiegend vom Bereich Erneuerbare Energien – Sanierungsgutachten auch für Konzerntochter Baywa r.e.

sck München

Der um seine Existenz kämpfende Agrarhandelskonzern Baywa fällt immer tiefer in die roten Zahlen. Das zuletzt aus dem SDax geflogene Münchner Unternehmen teilte zum Wochenschluss ad hoc mit, dass auf Basis eines Impairment-Tests 222 Mill. Euro an Firmenwerten abgeschrieben werden mussten. Der Großteil dieser Mehrkosten stammt vom Konzernsegment Regenerative Energien, für das die Tochtergesellschaft Baywa r.e. steht. Allein auf die Baywa r.e. entfällt ein Wertminderungsbedarf von 172 Mill. Euro. Das betraf vor allem eigene Wind- und Solarkraftanlagen zur Vermarktung des erzeugten Stroms. Bewertungsannahmen zum Jahresende 2023 hätten „angepasst“ werden müssen, berichtete die Baywa.

Eigenes Sanierungsgutachten für Tochter

Die Muttergesellschaft räumte ein, dass die Baywa r.e. sich ebenfalls in einer schweren Krise befindet. Den Unternehmensangaben zufolge wurde für die Tochtergesellschaft dafür eigens ein Restrukturierungsmanager ernannt und ein eigenes Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben. Seit Mitte Juli dieses Jahres ist bei der Baywa AG ebenfalls ein Restrukturierungsmanager tätig. Dabei handelt es sich um Michael Baur von Alix Partners. Diesen setzten die Gläubigerbanken ein. Baur agiert nun neben dem Vorstand der AG.

Ein Mitte Juli auf Druck der Gläubigerbanken in Auftrag gegebenes Sanierungsgutachten für die AG kam dieser Tage zu Ergebnis, dass die Baywa unter „bestimmten Bedingungen“ überlebensfähig sei. Dazu zählen die Unternehmensberater von Roland Berger den Verkauf von Konzerngesellschaften und eine Reihe von Sparmaßnahmen.

Das läuft auf eine Zerschlagung des Unternehmens hinaus. Die Gläubigerbanken und die Baywa-Ankeraktionäre ringen noch mit dem Vorstand um Detailfragen. CEO der Baywa ist seit April vergangenen Jahres Marcus Pöllinger.

Tochter schreibt tiefrot

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) des Konzerns – also vor den Wertberichtigungen – schrumpfte in der ersten Hälfte dieses Jahres auf null. Ein Jahr zuvor waren es noch 187 Mill. Euro gewesen. Hauptursache für den Ergebnisschwund ist wiederum die Baywa r.e. Die Konzerneinheit verbuchte einen operativen Verlust von 103 Mill. Euro nach einem Gewinn von 98 Mill. Euro ein Jahr zuvor. Der Umsatz des Bereichs erneuerbare Energien brach um 40% oder 1,2 Mrd. auf 1,8 Mrd. Euro ein. Das ist der Grund dafür, dass die Konzernerlöse im gleichen Zeitraum um 15% auf 10,7 Mrd. Euro zurückgingen.

Auch das Kernsegment Agrar musste derweil Federn lassen. Das Ebit des Segments schrumpfte um 11 Mill. auf 29 Mill. Euro. Trotz gestiegener Absatzmengen im Agrarhandel und im Geschäft mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln fiel der Bereichsumsatz um 0,2 Mrd. auf 2,6 Mrd. Euro zurück.

Erneut Verzögerungen

Bis zum Redaktionsschluss am Freitagabend konnte die Baywa keinen Zwischenbericht zum 30. Juni 2024 auf ihrer Internetseite vorlegen. Auf Nachfrage begründete das Unternehmen diese erneute Verzögerung mit Detailübersetzungen für die englischsprachige Version. Die Baywa wollte ursprünglich den Bericht am 8. August veröffentlichen. Infolge der Krise verschob sie diesen bis zum letztmöglichen Termin 27. September.

Aufgrund dessen lagen bis zum Wochenschluss keine öffentlich zugänglichen Angaben zum Konzernergebnis nach Steuern, zum Eigenkapital, zum Cashflow und zur Liquiditätslage des Unternehmens vor.

Eigenkapitalquote schrumpft auf 12,3 Prozent

Mit großer Wahrscheinlichkeit musste die Baywa aufgrund der Zusatzaufwendungen im zweiten Quartal einen noch höheren Fehlbetrag verbuchen als im Jahresauftaktquartal (-108 Mill. Euro). Allein dieses Defizit war noch höher als der Nettoverlust des Gesamtjahres 2023 (-93 Mill. Euro). Neben den Abschreibungen schlugen von April bis Juni erneut hohe Zinsaufwendungen ins Kontor. Im ersten Quartal sorgte das im Finanzergebnis für tiefrote Zahlen.

Angesichts dieser misslichen Lage ist davon auszugehen, dass das Eigenkapital des Konzerns zunehmend unter Druck steht. Denn die hohen Fehlbeträge nagen an den Eigenmitteln auf der Passivseite der Bilanz. Ende März lagen diese noch bei 1,6 Mrd. Euro. Davon machten Anteile anderer Gesellschafter die Hälfte aus. Der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme betrug nur noch 12,3%.

Nach einem im August geschnürten Rettungspaket von 550 Mill. Euro und einer vorläufig positiven Fortführungsprognose ist der defizitäre und hoch verschuldete Agrarhandelskonzern Baywa noch längst nicht über den Berg. Das in einer Existenzkrise befindliche Unternehmen muss 220 Mill. Euro abschreiben.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.