Kartellamt verhängt geringere Bußgelder
ab Düsseldorf – Mit 358 Mill. Euro hat das Bundeskartellamt 2020 deutlich weniger Bußgelder wegen verbotener Kartellabsprachen verhängt als im Vorjahr. Betroffen waren 19 Unternehmen und 24 natürliche Personen, wie aus dem Jahresrückblick der Bonner Wettbewerbshüter hervorgeht. “Auch der Wettbewerbsschutz musste in diesem Jahr auf außergewöhnliche Rahmenbedingungen reagieren”, sagt Behördenchef Andreas Mundt.Krisenbedingt habe es in vielen Branchen Bedarf an vorübergehend engerer Zusammenarbeit zwischen Unternehmen gegeben, als dies in normalen Zeiten der Fall sei. Die Behörde habe Unternehmen und Verbänden unbürokratisch unter die Arme gegriffen, um im Wege von Kooperationen Engpässe in Produktion, Lagerhaltung und Logistik zu überwinden.Allerdings macht Mundt auch deutlich, dass “wirtschaftlich schwierige Zeiten keine Rechtfertigung für Kartellabsprachen sind”. Angesichts der rückläufigen Kronzeugenanträge – 2020 machten nur 13 Firmen von der Bonusregelung Gebrauch nach 16 (2019) und 21 (2018) – wollen die Bonner innovative Ermittlungsmethoden wie das Screening von Märkten genauer erkunden. “Wir werden die Möglichkeiten unseres digitalen anonymen Hinweisgebersystems ausbauen”, kündigt Mundt an. Für den Rückgang der Hinweisgeber macht Mundt Schadenersatzprozesse im Nachgang zu Kartellvergehen verantwortlich.In puncto Fusionskontrolle lagen den Wettbewerbshütern 1 200 Vorhaben auf dem Tisch. Davon wurden sieben Zusammenschlüsse in die vertiefte Prüfung geschickt. In zwei dieser Fälle (XXXLutz/Tessner und Kaufland/Real) erfolgte die Freigabe unter Auflagen, drei Fälle wurden ohne Auflagen freigegeben. In zwei Fällen ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Besonders große Aufmerksamkeit kam dabei der Veräußerung von Real-Standorten zu. Die Übernahmepläne von Edeka werden derzeit noch geprüft.Unverändert sieht das Kartellamt in der Digitalwirtschaft auch 2020 einen Arbeitsschwerpunkt. Ins Visier genommen werden dabei vornehmlich die US-Techriesen wie Amazon und Facebook. Beim weltgrößten Onlinehändler prüfen die Bonner derzeit, inwieweit Amazon in die Preissetzungsfreiheit der Händler auf den eigenen Marktplätzen eingreift und inwiefern diese Händler von der Zusammenarbeit der US-Amerikaner mit Markenherstellern benachteiligt werden. Zudem hoffen die Wettbewerbshüter, den seit 2019 schwelenden Streit mit Facebook über die Zusammenführung von Daten im neuen Jahr abräumen zu können. Erst kürzlich haben die Bonner ein zweites Missbrauchsverfahren gegen Facebook eingeleitet (vgl. BZ vom 11. Dezember).Gerade mit Blick auf die digitale Wirtschaft setzt das Kartellamt auch auf die zehnte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. “Im deutschen Kartellrecht werden wir hoffentlich schon bald sehr wichtige Ergänzungen sehen, um den Missbrauch von Marktmacht durch große digitale Plattformen wirksam verhindern zu können”, sagt Mundt. “Wir bereiten uns auf die Anwendung dieses neuen Instruments ab dem kommenden Jahr vor.” – Wertberichtigt Seite 6