Volkswagen und Rivian bündeln die Kräfte
Volkswagen und Rivian bündeln die Kräfte
Wolfsburger Konzern investiert 5 Mrd. Dollar in Software-Kooperation mit amerikanischem E-Autohersteller
jh München
Volkswagen und Rivian wollen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen. Es soll sich auf die Entwicklung von Software und elektronische Steuergeräte konzentrieren. VW investiert zunächst 1 Mrd. Dollar. Zusätzliche 4 Mrd. Dollar folgen, wenn das Joint Venture die angestrebten Fortschritte erreicht.
Auf der Suche nach Lösungen für die Schwierigkeiten in der Entwicklung von Software hat sich Volkswagen für eine Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Elektroautohersteller Rivian entschieden. VW lässt sich das voraussichtlich 5 Mrd. Dollar kosten. Beide Unternehmen haben die Absicht bekundet, ein Joint Venture zu gründen. Es soll im vierten Quartal dieses Jahres startbereit sein.
Die Partner wollen sich zu gleichen Anteilen an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligen und sich auf Software, elektronische Steuergeräte und Netzwerkarchitekturen konzentrieren. „Der Volkswagen-Konzern plant, von der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts an die zonale Steuergerätearchitektur und das Software-Paket von Rivian zu nutzen“, heißt es in der Mitteilung der Unternehmen.
Weniger Steuergeräte im Auto
Rivian mit Sitz in Irvine in Kalifornien hat diese Architektur entwickelt, in der die Elektronik im Auto in Zonen mit eigenen Steuergeräten unterteilt ist. Für die neue, die zweite Generation der Plattform, hat Rivian die Zahl dieser Computer nach Angaben von CEO Robert „RJ“ Scaringe von 17 auf 7 reduziert. In einer Telefonkonferenz stellte er klar, dass andere Elemente wie die Antriebstechnik und Batterien nicht Teil der Zusammenarbeit mit Volkswagen seien.
Für das finanzielle Engagement von Volkswagen sind mehrere Schritte mit jeweils 1 Mrd. Dollar vorgesehen: zum Start der Kauf einer unbesicherten Wandelanleihe von Rivian für 1 Mrd. Dollar, gefolgt von der Zahlung einer weiteren Milliarde zur Gründung des Joint Ventures und in den nächsten zwei Jahren bei Erreichen von Meilensteinen wie einem Entwicklungslabor der Kauf von Rivian-Aktien im Wert von jeweils 1 Mrd. Dollar. Zudem wurde für 2026 auch ein Kredit von VW in Höhe von 1 Mrd. Dollar vereinbart. Scaringe erwartet von dem Geld aus Deutschland einen soliden Kapitalrahmen, um künftiges Wachstum zu unterstützen.
Begrenzte Erfolge
Mit einem Kursrückgang um 1,6% auf 104,80 Euro im Xetra-Handel gehörte die Vorzugsaktie von Volkswagen am Mittwoch zu den Tagesverlierer im Dax. Die Analysten von J.P. Morgan erwarten von dem Joint Venture die Chance, dass sich der Wandel im VW-Konzern beschleunigt und neue Modelle schneller auf den Markt gebracht werden könnten. Es sei aber zu früh, um die Auswirkungen auf die Strategie abzusehen.
Die Schweizer UBS Bank weist darauf hin, dass die Erfolge von Gemeinschaftsunternehmen in der Automobilindustrie bisher eher begrenzt seien. Die Bedenken, Rivian könnten Mittel für den Marktstart des Kompakt-SUV R2 fehlen, hätten sich dank der Finanzspritze von Volkswagen erledigt.
Kurssprung
Die seit 2021 an der Nasdaq notierte Aktie von Rivian reagierte mit einem Kurssprung auf die angekündigte Zusammenarbeit. In New York legte der Wert zum Handelsstart um knapp 32% auf 15,76 Dollar zu. Das Engagement von Volkswagen verschafft dem 2009 von CEO Scaringe gegründeten Unternehmen finanziell Luft. Für das vergangene Jahr hat Rivian bei einem Umsatz von 4,43 Mrd. Dollar einen Nettoverlust von 5,43 Mrd. Dollar ausgewiesen nach 6,75 Mrd. Dollar im Jahr zuvor. Rund 50.100 Fahrzeuge lieferte das Unternehmen aus.
Volkswagen ist nicht der erste deutsche Partner von Rivian. Jedoch war im Dezember 2022 ein geplantes Joint Venture mit Mercedes-Benz für die Produktion von großen Elektro-Vans zumindest vorerst gescheitert. Drei Monate zuvor hatten beide Unternehmen eine Absichtserklärung für ein gemeinsames Werk in Polen unterzeichnet. Der Sinneswandel wurde damals damit begründet, dass Rivian anderen Projekten den Vorrang gebe. Das Unternehmen produziert elektrische SUV- und Pickup-Modelle und hat für Amazon ein Lieferfahrzeug entwickelt.
Streit mit Tesla
Im Juni 2022 hatte Tesla-Chef Elon Musk behauptet, der Konkurrent steuere auf einen Konkurs zu. 2020 hatte Tesla Rivian beschuldigt, Geschäftsgeheimnisse gestohlen zu haben und das Unternehmen wegen unfairen Wettbewerbs verklagt. In jüngster Zeit hat Rivian Arbeitsplätze abgebaut, um die Kosten zu senken. Wie in Europa hat sich das Wachstum des Markts für Elektroautos in den USA erheblich abgeschwächt.