Zulieferprobleme verzögern den neuen Airbus-Frachtjet A350F
Airbus will 2025 trotz angespannter Zulieferkette 820 Jets ausliefern
Übernahme von Spirit-Werken dauert länger als erhofft – Neue Rückstellungen für Satellitengeschäft
wü Toulouse
von Gesche Wüpper, Toulouse
Anhaltende Schwierigkeiten mit der Zulieferkette sowie Probleme im Satelliten- und Rüstungsgeschäft haben Airbus 2024 ein „hartes Jahr“ beschert, so Konzernchef Guillaume Faury. Trotzdem will der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern die Auslieferungen 2025 um 7% steigern und 820 Flugzeuge an Airlines übergeben. Analysten hatten ein höheres Auslieferungsziel erwartet, obwohl Airbus letztes Jahr mit 766 Auslieferungen knapp das im Sommer von 800 auf 770 gesenkte Ziel verfehlt hat. Airbus kündigte jetzt neben neuen Abschreibungen für das Satellitengeschäft an, dass die geplante Übernahme von Werken des US-Zulieferers Spirit länger dauert als gehofft.
Konzernchef Guillaume Faury bestätigte erneut, vorläufige Gespräche mit Thales und Leonardo über eine mögliche Zusammenarbeit im Satellitengeschäft. „Wir sprechen über verschiedene Szenarien, um die europäische Raumfahrtbranche zu stärken“, sagte Faury bei der Präsentation der Bilanz. Die Gespräche seien unverbindlich und es sei nicht sicher, mit welchem Ergebnis sie wann beendet werden können. „Wir wären glücklich, wenn wir ein Modell wie bei MBDA haben könnten, wo wir einen großen Anteil haben.“ Raketenbauer Ariane ist nach Angaben Faurys nicht an den Gesprächen beteiligt, da es ausschließlich um das Satellitengeschäft gehe.
Es gäbe jedoch weitere Bereiche in denen eine Zusammenarbeit denkbar sei, meint der Airbus-Chef. Er hofft, dass die europäischen Wettbewerbsbehörden eine mögliche Zusammenarbeit im Satellitenbereich ermöglichen. Faury hält auch eine Annäherung der beiden miteinander konkurrierenden Programme für ein künftiges Kampfjetsystem, dem FCAS (Future Combat Air System) unter Beteiligung von Airbus und dem Global Combat Air von BAE Systems, Leonardo sowie Mitsubishi Heavy Industries, für möglich. „Es ist Sache der Länder, darüber zu entscheiden“, erklärte Faury.
Satellitengeschäft belastet
Satellitenhersteller wie Airbus und Thales Alenia Space, das Joint Venture von Thales und Leonardo, leiden unter der Konkurrenz durch Elon Musks Starlink. Airbus musste im Schlussquartal 2024 neue Abschreibungen in Höhe von 300 Mill. Euro für die Raumfahrtsparte vornehmen. Diese sind dem Vernehmen nach vor allem unter dem verlustreichen OneSat-Programm geschuldet. Insgesamt hat der Konzern damit im letzten Jahr 1,3 Mrd. Euro für die Satellitenaktivitäten abgeschrieben. Für den A400M-Militärtransporter nahm er ebenfalls Abschreibungen in Höhe von 121 Mill. Euro vor.
Auch die anhaltenden Probleme der Zulieferkette bereiten Airbus Sorgen. Zwar hält der Konzern an den geplanten Produktionssteigerungen fest, doch er hat jetzt die geplante Indienststellung des 2021 lancierten Frachtjets A350F von 2026 auf das zweite Halbjahr 2027 verschoben. Erstkunde ist Singapore Airlines. Zudem räumte Airbus ein, dass Probleme der Zulieferkette, allen voran die des US-Konzerns Spirit Aerosystems, die geplante Produktionshochfuhr des A350- und des A220-Programms unter Druck setzen. Bisher hält Airbus aber an dem Ziel fest, die Produktion des A350-Langstreckenjets bis 2028 auf zwölf Maschinen pro Monat und die des A220-Mittelstreckenjets nächstes Jahr auf 14 Exemplare pro Monat steigern zu wollen.
Spirit bereitet Sorgen
Spirit liefert Rumpfteile für den A350-Langstreckenjet sowie Flügel, mittlere Rumpfsektionen und Pylone für den A220-Mittelstreckenjet. Boeing ist gerade dabei, seine vor zwanzig Jahren verkaufte Tochter wieder zu übernehmen. Gleichzeitig will Airbus für seine Produktion wichtige Werke des Zulieferer für den symbolischen Preis von einem Euro kaufen. Die Transaktion soll in den nächsten Wochen unterzeichnet, die Integration Mitte des Jahres abgeschlossen werden. „Wir hatten gehofft, dass es schneller geht. Ich hätte das gerne schon Ende letzten Jahres unterzeichnet“, sagte Faury. Noch immer helfen mehrere Dutzende von Airbus-Mitarbeiter in den Spirit-Werken in Belfast (Nordirland) und Kinston (USA), die Produktion zu stabilisieren.
Der finanzielle Ausblick für Spirit sei herausfordernder als zunächst gedacht, erklärte Finanzchef Thomas Toepfer. „Um unsere Produktion zu sichern, müssen wir investieren.“ Die für Airbus bestimmten Arbeitspakete schrieben Verluste. Toepfer geht deshalb davon aus, dass die Integration den freien Cashflow vor Kundenfinanzierung 2025, 2026 und 2027 mit einem mittleren dreistelligen Millionen-Betrag belasten dürfte. Dennoch soll der Mittelzufluss vor Kundenfinanzierungen 2025 mit 4,5 Mrd. Euro ähnlich wie 2024 ausfallen. Zwar erwartet Airbus durch die Spirit-Integration eine Belastung von etwa einer halben Milliarde Euro. Doch dies dürfte eine Ausgleichszahlung von Spirit praktisch neutralisieren.
Gleitflugzeuge in Hamburg
Die Probleme des Triebwerksherstellers CFM wiederum belasten derzeit die Produktion des Kassenschlagers A320, die Airbus bis 2027 auf 75 Maschinen pro Monat steigern will. Derzeit seien nicht genug CFM-Triebwerke da, so dass leider in Hamburg ein paar Flugzeuge ohne Triebwerke stünden, erklärte Faury. Airbus hoffe aber, dass sich die Situation bis zur Jahreshälfte wieder normalisiere.
2024 hat Airbus seinen Umsatz um 6% auf gut 69 Mrd. Euro gesteigert. Obwohl der bereinigte operative Gewinn 8% auf 5,4 Mrd. Euro einbrach, legte das Nettoergebnis 12% auf 4,2 Mrd. Euro zu. Für dieses Jahr peilt der Konzern ein bereinigtes operatives Ergebnis von rund 7 Mrd. Euro an.