Frankfurt

Der David unter den globalen Bürostandorten?

Mit Beginn der Pandemie und der Homeoffice-Welle hatte mancher schon den Abgesang auf den Büromarkt am Main angestimmt. Doch zum Beginn des dritten Pandemiejahres zeigt sich: Frankfurts Büromarkt ist vital, das Investoreninteresse unverändert hoch.

Der David unter den globalen Bürostandorten?

Setzt man die globale Brille für Me­tropolen auf, dann dürfte die Stadt Frankfurt mit ihrer bescheidenen Größe von rund 750000 Einwohnern kaum zu erkennen sein. Zum Vergleich: Das chinesische Guangzhou, seit 1988 Frankfurts Partnerstadt, verfügt über die knapp 20-fache Einwohnerzahl im Kernbereich. Und doch hat Frankfurt international einen Namen, als Verkehrsdrehkreuz des internationalen Flugverkehrs, aber noch mehr als Finanz- und Dienstleistungsstandort. Schließlich ist der gesamte Wirtschaftsraum Rhein-Main mit Offenbach, Wiesbaden und Mainz mit knapp 6 Millionen Einwohnern einer der größten in Deutschland.

Mit Beginn der Pandemie und der Homeoffice-Welle hatte mancher schon den Abgesang auf den Büromarkt am Main angestimmt. Büros würden künftig nicht mehr gebraucht, Bankenarbeitsplätze tausendfach wegfallen, Millionen Qua­dratmeter würden über Nacht überflüssig. Doch zum Beginn des dritten Pandemiejahres zeigt sich: Frankfurts Büromarkt ist vital, das Investoreninteresse unverändert hoch und in Deutschlands Stadt der Türme wird aufsehenerregend gebaut.

Büronachfrage erholt sich

Im abgelaufenen Jahr hat sich der Bürovermietungsmarkt schon wieder deutlich erholt und einen Flächenumsatz von 468000 m² erzielt. Das sind 39% mehr als im Vorjahr. Auch die Anzahl der Mietvertragsabschlüsse nahm wieder deutlich von 426 auf 541 zu. Durch die langen Lockdowns in der ersten Jahreshälfte wurde allerdings noch nicht wieder zu der alten Stärke zurückgefunden. Spitzenumsätze wie die 700000 m² aus dem Rekordjahr 2017 scheinen derzeit illusorisch, doch der Trend ist wieder positiv. Auch die Spitzenmiete steigt weiter auf aktuell 42,50 Euro/m².

Besonders im Fokus des Interesses stehen die Symbole des Frankfurter Finanzplatzes: die Bürotürme. Sie nehmen bei Nutzern wie Investoren weiter eine Sonderstellung ein. Auf der einen Seite sind sie sehr begehrt, versprechen sehr große Flächen in innerstädtischer Lage und ein hohes Prestige, auf der anderen Seite stellen sie ihre Eigentümer angesichts zusätzlicher ESG-Reglementierungen (ESG steht für Environment, So­cial, Governance) vor besondere Herausforderungen.

Frankfurt verfügt aktuell über mehr als 80 Hochhäuser. Dazu zählen alle Gebäude mit einer Mindest-höhe von 50 Metern. Zusammen­gerechnet haben sie mehr 2,5 Mill. m², was mehr als ein Fünftel aller Bestandsflächen des Frankfurter Büromarktes bedeutet. Einzigartig in Deutschland ist nicht nur die eindrucksvolle Skyline, sondern auch die Möglichkeit, sehr viele Büroflächen zu nutzen und zu erwerben.

Denn die Bürotürme werden nicht im Übermaß gehandelt. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Sie erfordern ein besonders hohes Investitionsvolumen und sind zugleich mit architektonischen und technologischen Herausforderungen verbunden. Türme erfordern also erfahrene Profis. Erst recht, da bei allen Hochhäusern immer eine politische und gesellschaftliche Komponente mitschwingt. Sprich: Vom Brandschutz bis zur Auswirkung auf die Stadtsilhouette bietet ein Büroturm jede Menge Diskussionspunkte.

Wir beobachten einen hohen Kapitaldruck im Markt, und gerade Frankfurt mit seinen prominenten Türmen wird davon profitieren. Für besonders großes Aufsehen sorgte der Verkauf des „T1“. 1,4 Mrd. Euro zahlten Allianz und Bayerische Versorgungskammer für den Turm im Frankfurter Quartier „Four“, das bis Anfang 2025 auf dem alten Areal der Deutschen Bank im Herzen Mainhattans entsteht. Die Summe ist der höchste Preis, der je in Deutschland für ein Einzelgebäude gezahlt wurde.

Den Rekord für ein einzelnes Objekt hielt bislang das „The Squaire“ mit fast 1 Mrd. Euro – natürlich auch in Frankfurt, am Flughafen, als „horizontales Hochhaus“. Der Turm „T1“ soll eine Höhe von 233 Metern erreichen und damit nach dem Commerzbank-Tower (259 Meter) und dem Messeturm (256,5 Meter) das dritthöchste Gebäude in Frankfurt und zugleich in Deutschland werden.

Das zeigt: Die Nachfrage deutscher und internationaler Investoren ist unvermindert stark. Dass Deutsche und Europäer derzeit noch die besseren Karten haben, liegt an den Reisebeschränkungen, zum Beispiel für Asiaten, aber auch an den Renditen, die in Asien höher sind.

Gesunder Leerstand

Die Investoren setzen darauf, dass sich die Nachfrage nach hochwertigen Flächen in attraktiver Lage auch weiter positiv entwickeln wird. Auch JLL geht für die nächsten Jahre von einer weiteren Belebung aus. Viele angedachte Planspiele für eine signifikante Reduzierung von Büroflächen sind angesichts von Homeoffice bei den meisten Unternehmen längst wieder vom Tisch.

Denn wer kein Desk Sharing einführen will, kann auch keine Fläche reduzieren. Wer den Komfort von etwas mehr Abstand im Büro auch nach der Pandemie beibehalten will, benötigt mehr Fläche pro Arbeitsplatz. Vor allem aber: Wer mehr Raum für Kooperation und Kreativität schaffen will, braucht mehr Fläche als im klassischen Schreibtischbüro. Zumal das Risiko, dass sich die Belegschaft im Homeoffice entfremdet und schließlich kündigt, mehr und mehr Unternehmen präsent wird – „the great resignation“ nennt man es in den USA bereits und in China „tang ping“.

Zwar ist der Büroleerstand während der Pandemie gestiegen, doch hilft die historische Einordnung: Aktuell liegt die Quote bei 7%. Vom historischen Höchstwert von 18,1% im Jahr 2006 ist das aber noch sehr weit entfernt. Wer auf drastisch wachsenden Leerstand und in der Folge auf sinkende Mieten setzt, dürfte sich mit großer Sicherheit verspekulieren. Im Gegenteil: Vieles spricht dafür, dass sich die Preisschraube bei den Bürospitzenmieten auch weiterdreht. Die Gründe: Steigende Baukosten und wachsende Anforderungen der Nutzer an die Qualität lassen auch weiter steigende Mieten erwarten. Für die nächsten Jahre werden wir bundesweit wieder anziehende Mieten sehen – im Durchschnitt um 2% pro Jahr.

Moderne Flächen nötig

Entscheidend ist, dass sich die Rolle des Büros während der Pandemie grundlegend geändert hat. War es vorher für die meisten der Ort, an den man zum Arbeiten kam, ist diese Arbeit nun durch Homeoffice und mobiles Arbeiten auf mehrere Orte verteilt. Das Büro selbst muss sich also als Ort der Zusammenarbeit, Kreativität, des Austauschs und der Identifikation mit dem Unternehmen positionieren. Wenn die Mitarbeiter nicht mehr ins Büro kommen müssen, sollte die Firma alles daransetzen, dass sie kommen wollen, um Teil einer Gemeinschaft zu sein.

Deshalb bleiben moderne Büros in attraktiven Gebäuden und zentraler Lage für die Topunternehmen ein wichtiges Investment in ihre Mitarbeiter und damit in die eigene Leistungs- und Zukunftsfähigkeit. Frankfurt als Finanz- und Dienstleistungsstandort hat dabei durch seine konsequente Weiterentwicklung sehr gute Karten, wenn es wie bisher auf visionäre Stadtplanung, seine Kreativität und seine Infrastruktur setzt. International mag es wie ein David wirken, doch die globalen Goliaths sollten es nicht unterschätzen.