Alternative Finanzierungen

Kreditfonds sprießen förmlich aus dem Boden

Schon vor Corona hatten Kreditfonds für klassische Unternehmens­finanzierung vor allem im Sub-Investment-Grade-Bereich signifikante Marktanteile gewonnen. Dieser Trend setzte sich 2021 weiter fort.

Kreditfonds sprießen förmlich aus dem Boden

Nachhaltigkeitsfaktoren, Coronakrise, Brexit: Der Kreditmarkt ist gründlich durcheinandergerüttelt. Neue Fremdfinanzierungen werden für Unternehmen immer schwieriger. Kreditfonds als alternative Finanzierungen konnten ihren Anteil am Kreditmarkt in den vergangenen Monaten deshalb in vielen Bereichen deutlich erhöhen.

Auch wenn die befürchtete große Insolvenzwelle bisher ausgeblieben ist, sorgt die Coronakrise für immer mehr Kreditausfälle bei Unternehmen. Daran hat auch das Gesetz über Stabilisierungs- und Re­strukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG), das Restrukturierungen außerhalb der normalen Insolvenz er­möglicht, nicht grundlegend etwas geändert. Für Banken gestaltet sich die Weiterführung bestimmter Kreditengagements unter Risikovorsorgegesichtspunkten immer schwieriger.

Neue Überlebensperspektive

Demgegenüber steht eine zu­nehmende Zahl von Distressed-Debt-Fonds. Diese Kreditfonds können problematische Kredite von Banken übernehmen. Betroffene Unternehmen bekommen dadurch in schwierigen oder gar existenzbedrohenden Phasen eine neue Überlebensper­spektive. Distressed-Debt-Fonds profitieren mit ihrem Kreditengagement nicht nur von hohen Renditeerwartungen. Manchmal streben sie die Übernahme des Darlehensnehmers an.

Schon vor Corona hatten Kreditfonds für klassische Unternehmens­finanzierung vor allem im Sub-Investment-Grade-Bereich signifikante Marktanteile gewonnen. Dieser Trend setzte sich 2021 weiter fort: Kreditfonds wurden zunehmend wichtiger bei der Finanzierung des Mittelstandes und anderer deutscher Wirtschaftsakteure. Denn: Sie können in der Regel schneller Kreditentscheidungen treffen. In der Auswahl der Bewertungskriterien sind sie freier.

Auch aus der Finanzierung von Akquisitionen sind Kreditfonds nicht mehr wegzudenken: Hier sind sie vor allem im LBO-Segment (Leveraged Buy-out) inzwischen bei mehr als zwei Drittel der Transaktionen mit ihren „Unitranche“-Fazilitäten involviert. Daneben mischen sie zunehmend bei der Finanzierung öffentlicher Übernahmen mit. Hier stellt die vergleichsweise lange Vorlaufzeit für die Verfügbarkeit eines Darlehens von ca. zwei bis drei Wochen in manchen Fällen ein Handicap dar. Sogenannte Capital-Call-Fazilitäten helfen, diesen Zeitraum auf ein Minimum zu verkürzen.

Traditionellen Kreditgebern machen heute vor allem ESG-Kriterien (Environment Social Gover­nance – kurz ESG) zu schaffen: Sie sind in der Gesetzgebung und bei aufsichtsrechtlichen Fragen immer präsenter. Außerdem sind solche Kriterien oft stark politisch motiviert. Seit 2021 sind große Finanzmarktteilnehmer einschließlich Banken dazu verpflichtet, ihren Umgang mit Nachhaltigkeit bei ihren Investitionsentscheidungen offenzulegen.

Folgen von ESG

Durch den politischen, regulatorischen und öffentlichen Druck auf Banken sind diese zunehmend gezwungen, Finanzierungen zurückzufahren, die unter ESG-Gesichtspunkten schädliche Aktivitäten unterstützen würden. Bestimmte Geschäftsmodelle und -bereiche werden von Banken unabhängig von der Rendite deshalb zunehmend nicht mehr finanziert.

Diese Marktlücke kann durch Kreditfonds gefüllt werden: Sie sind grundsätzlich flexibler und decken deshalb eine große Bandbreite von möglichen Anlagezielen ab. Kreditfonds können außerdem für individuelle „Nischenzwecke“ genutzt werden, die andere Finanzmarktteilnehmer durch eine veränderte regulatorische und politische Lage meiden. Allerdings dürften solche Finanzierungen für betroffene Unternehmen zukünftig deutlich teurer werden.

Kreditfonds für Institutionelle

Der Erfolg von Kreditfonds und die von ihnen im Niedrigzinsumfeld erzielten Renditen rufen Investoren auf den Plan, die in Kreditfonds investieren und so am Boom partizipieren möchten. Waren Kreditfonds früher eher eine Domäne von angloamerikanischen Private-Equity- und Hedge-Fonds-Häusern, legen inzwischen auch Banken für institutionelle Anleger Kreditfonds auf. Sie können so in unterschiedlichen Bereichen wie Schiffsfinanzierungen, erneuerbaren Energieprojekten oder allgemeinen Unternehmensfinanzierungen aktiv sein.

Neue Kreditfonds sprießen allerorts förmlich aus dem Boden – nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Städten wie Hamburg und München. Zuwächse an Distressed-Debt-Fonds werden aktuell durch Zuwächse sogenannter Direct-Lending-Fonds noch übertroffen: Die Senior-Finanzierungen derartiger Kreditfonds gelten durch ihre umfassende Besicherung und einen „last in/first out“-Ansatz als relativ risikoarm. Sie erzielen deutlich bessere Renditen – gemessen an vergleichbaren Fremdfinanzierungen von Banken.

Kreditfonds werden inzwischen auch für einzelne Investoren nach deren Vorstellungen aufgesetzt. Auf diese Weise erhalten zum Beispiel Family Trusts die Möglichkeit, für bestimmte Projekte als Fremdkapitalgeber Kredite zu vergeben und dadurch Renditen zu erzielen. Kreditvolumen und Anlagekriterien werden hierbei vom Investor beim Aufsetzen des Fonds vorgegeben.

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