2024 wird das Jahr des Aufbruchs im Zahlungsverkehr
2023 war im Zahlungsverkehr geprägt durch regulatorische Pflichtaufgaben wie die Umstellung des Großbetragszahlungssystems Target2. Mit dessen erfolgreicher Bewältigung ist nun der Blick frei für strukturelle Veränderungen, allen voran durch neue Zahlverfahren wie Instant Payments.
Mit der erfolgreichen Target-Migration wurde ein wichtiger Meilenstein für die Zahlungsverkehrsindustrie erreicht. Das System arbeitet nun auf Basis neuer Prozesse und Formate, dem ISO 20022-Format. Auch das privatwirtschaftliche Pendant im Großbetragszahlungsverkehr – Euro1 der EBA-Clearing – wurde im März 2023 umgestellt.
Nach der Target-Umstellung ist der Blick – und merklich auch Budgets und Ressourcen – wieder für andere Veränderungen offen. Dazu zählen vor allen Dingen neue bzw. überarbeitete Zahlverfahren wie die Umsetzung der Instant-Payment-Regulierung, der Start der European Payments Initiative (EPI), die Verbreitung von Request to Pay und die Einführung des digitalen Euro.
EU einig sich auf Instant-Payments-Regulierung
Vor wenigen Wochen haben sich die Institutionen der Europäischen Union (EU) im sogenannten Trilog auf die Eckpunkte der Instant-Payment-Regulierung geeinigt. Instant Payment wird EU-weit verbindlich. In einem ersten Schritt müssen Kreditinstitute vermutlich bereits Anfang 2025 für Echtzeitzahlungen erreichbar sein. Die Fähigkeit, Echtzeitzahlungen senden zu können, wird voraussichtlich ab dem 4. Quartal 2025 verpflichtend. Zahlungs- und eGeld-Institute sind zwar erst später betroffen, sind aber auch – für viele überraschend – von der Instant-Payment-Regulierung betroffen.
Darüber hinaus sieht die Regulierung die verpflichtende Einführung von zusätzlichen Funktionalitäten vor. Dazu gehört der sogenannte Iban-Name-Check. Dieser dient der Bekämpfung von Betrug dadurch, dass Nutzer überprüfen können, ob hinter einer angegebenen Iban tatsächlich der beabsichtigte Empfänger steht.
Request to Pay könnte profitieren
Die Regulierung wird vorschreiben, dass Echtzeitüberweisungen nicht teurer sein dürfen als herkömmliche Überweisungen. Trotzdem bietet sie die Chance, Endkunden neue und attraktive Dienstleistungen anzubieten und sich damit Ertragsquellen zu erschließen. Eine Initiative, die dieses Potenzial erkannt hat, ist EPI. Der Zusammenschluss einiger großer europäischer Banken plant im Spätsommer 2024 den Produktstart von Wero. Nach einer initialen Peer-to-Peer Lösung werden in weiteren Ausbaustufen insbesondere die Themen eCommerce und Point of Sale (POS) angegangen.
Auch das neue Verfahren zur Zahlungsaufforderung Request to Pay dürfte von der bevorstehenden Instant-Payment-Pflicht profitieren. Vorreiter ist hier die genossenschaftliche Finanzgruppe, die Anfang Dezember ihre Pilotphase gestartet hat. In dem Piloten werden die Abwicklung von Verträgen bzw. Rechnungen mit Request to Pay kombiniert. Das Verfahren dürfte weiteren Schub durch die geplante gesetzliche Pflicht zur Umstellung auf elektronische Rechnungen im B2B-Bereich ab dem 1. Januar 2025 erhalten.
Digitaler Euro
Beim digitalen Euro treibt die Europäische Zentralbank (EZB) das Projekt intensiv voran. Sie hat im November 2023 beschlossen, eine zweijährige Vorbereitungsphase zu starten. Der notwendige Rechtsrahmen wird es jedoch nicht mehr durch die laufende Legislaturperiode des Europäischen Parlaments schaffen. Im Juni 2024 wird ein neues Parlament gewählt. Im Falle eines Rechtsrucks wird es der digitale Euro schwerer haben.
Während der retail-orientierte digitale Euro politisch also auf unsicheres Terrain zusteuert, werden die Anstrengungen des Eurosystems zu Wholesale Digital Currencies 2024 voranschreiten. Dabei geht es insbesondere um die Abwicklung des Settlements von Wertpapiergeschäften in digitalem Geld. Hier wird sich 2024 entscheiden, welcher der drei aktuellen Ansätze – Bundesbank, Banque de France oder Banca d'Italia – zum Einsatz kommen wird.
Kartengestützter Zahlungsverkehr vor Herausforderungen
Auch im kartengestützten Zahlungsverkehr sind die Herausforderungen im kommenden Jahr hoch. Im Merchant-Business ist die Omnichannel-Fähigkeit der Anbieter eine nicht mehr wegzudenkende Anforderung in nahezu jeder Ausschreibung. Wichtig bleibt zudem die Fähigkeit, mobile Wallets wie Click to Pay, Apple Pay und Google Pay integrieren zu können.
Spannend bleibt die Zukunft von Self-Check Outs bzw. Pick-and-Go-Lösungen. Während hierzulande der Ansatz in einer intensiven Experimentierphase steckt, überdenken aktuell große US-Ketten wie Costco und Walmart deren Einsatz schon wieder. Grund ist die Ablehnung durch Kunden und der viel größere „Schwund“ im Warenbestand.
Im Issuing werden die Aufgaben infolge der Maestro-Einstellung in der Einführung neuer (Co-)Badges bestehen. Ein weiteres Thema ist die Weiterentwicklung der nationalen Schemes, insbesondere was den Einsatz im eCommerce betrifft. Bewegung gibt es auch in der Kooperation zwischen Banken und Kundenbindungsprogrammen sowie im Co-Branding-Geschäft. Dies zeigt die Kooperation von Payback mit der Sparkassen-Finanzgruppe und der Wechsel des Miles-and-More-Portfolios von der DKB zur Deutschen Bank.
Intensive Betrugsbekämpfung
Die gesamte Zahlungsverkehrsbranche wird das Thema Betrugsbekämpfung intensiv beschäftigen. Die Herausforderung liegt dabei in der Gestaltung von nutzerfreundlichen und zugleich betrugsresistenten Produkten. Die Branche wird auch die weitere Konkretisierung der Regulierungen rund um die PSD3, um das Framework for Financial Data Access Regulation (Fida) und den Digital Operational Resilience Act (DORA) intensiv beobachten.
Auch das Thema Auslagerung des Zahlungsverkehrs wird die Branche beschäftigen. Denn die Fülle der Herausforderungen ist immens. Das betrifft sowohl die auslagernden Banken als auch die Dienstleister der Auslagerung. Neben dem Fachkräftemangel hat dies auch strukturelle Gründe, zum Beispiel veraltetete IT-Landschaften. 2024 wird es daher weitere Veränderungen im Markt geben.