NOTIERT IN FRANKFURT

98 Prozent - da hält nicht jede Neuer-Markt-Bude mit

In der zurückliegenden Woche wurde einmal mehr Bankgeschichte geschrieben. Diesmal meinen wir nicht die Jahrhundertfusion von DZ Bank und WGZ Bank. Der vorige Montag war ja Tag 1 der vereinigten genossenschaftlichen Zentralbank, aber dieses freudige...

98 Prozent - da hält nicht jede Neuer-Markt-Bude mit

In der zurückliegenden Woche wurde einmal mehr Bankgeschichte geschrieben. Diesmal meinen wir nicht die Jahrhundertfusion von DZ Bank und WGZ Bank. Der vorige Montag war ja Tag 1 der vereinigten genossenschaftlichen Zentralbank, aber dieses freudige Ereignis hatten wir mit der in der Vorwoche erfolgten Eintragung ins Handelsregister abgehakt. Hatten die Kreditgenossen allen Grund, die ultimative Kräftebündelung im Oberbau der Volks- und Raiffeisenbanken zu begießen, musste der Champagner bei den eher erschreckenden, mindestens traurig stimmenden bankhistorischen Entwicklungen der vergangenen Tage im Kühlschrank bleiben. Es sei denn, man hätte auf Kursverfall gewettet und deshalb von den Rekordtiefständen der Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank profitiert. Oder man hätte Anlass gesehen, sich vor lauter Frust über die flagrante Kapitalvernichtung zu betrinken – die betroffenen Anleger jedenfalls hätten dafür unser volles Verständnis.Ganze 11,20 Euro für die Blauen und 5,22 Euro für die Gelben standen am Dienstag an der Tafel, in beiden Fällen Tiefstände auf der Kursskala, die sich von der nach oben offenen Richterskala unter anderem dadurch positiv abhebt, dass sie nicht nach unten offen ist, sondern bei null endet – jedenfalls so lange, wie die EZB nach den Minuszinsen nicht noch negative Aktienkurse erfindet. Doch das nur am Rande. Es ging dann am Mittwoch bis auf 11,06 respektive 5,16 Euro runter, ehe sich die Kurse im weiteren Wochenverlauf – wie soll man das nennen? – leicht stabilisierten.Vor uns an der Wand hängt ein am 29. Mai 2012 in der Börsen-Zeitung veröffentlichtes Chart – aus unerfindlichen Gründen konnten wir uns bisher nicht davon trennen. Es stellt den Verlauf der “DBK”-Aktie in der Ära von Bankchef Josef Ackermann dar. Am 14. Mai 2007, fast genau in der Mitte der zehnjährigen Amtszeit des Schweizers an der Spitze der Deutschen Bank, war der Kursgipfel erreicht: 118,51 Euro. Bereinigt um spätere Kapitalmaßnahmen sind das 103,14 Euro, verabschiedet hatte sich Ackermann 2012 mit rückgerechnet 27,74 Euro. Zwischen dem damaligen Hoch und dem Tief dieser Tage liegen Welten: – 89,3 %.Die Commerzbank hat es sogar geschafft, ihre Aktionäre in einen noch tieferen Abgrund blicken und diesen im Depot spüren zu lassen. Am 10. März 2000 hatte ihre Aktie ungeheure 266,42 Euro erreicht (an Kapitalmaßnahmen angepasst). Hier tut sich zum historischen Tief eine Kluft auf, mit der nicht jede einstige Neuer-Markt-Bude mithalten kann: – 98,1 %.Häme? Schadenfreude? Keineswegs. In den Reaktionen am Finanzplatz Frankfurt dominieren – gerade auch bei Konkurrenten der beiden (noch) im Dax gelisteten Großbanken – eher Mitleid und vor allem Besorgnis. Zwar erscheint der fürwahr drastische Kursverfall beim Blick auf die Zahlenwerke beider Häuser maßlos übertrieben, zwar gibt es in der hiesigen Bankenszene auch ein Kontrastprogramm von Erfolgsgeschichten. Aber ein Zeichen wirtschaftlicher Stärke des Standorts Deutschland ist es sicher nicht, wenn die zwei letzten Großbanken an der Börse so darniederliegen.