IM GESPRÄCH: STEFAN MEINE

ABN Amro gibt sich grünes Leitbild

Deutschland-Chef der Firmenkundensparte: Man kann da richtig gute Geschäfte machen

ABN Amro gibt sich grünes Leitbild

Die niederländische Großbank ABN Amro will sich konzernweit als Anbieter nachhaltiger Finanzierungen etablieren. In Deutschland liege die Bank auf der Rennliste für die Emission nachhaltiger Anleihen schon jetzt vorne, sagt Stefan Meine, Leiter des Firmenkundensegments hierzulande. Das Geschäft lohne sich. Von Bernd Neubacher, Frankfurt ABN Amro verankert nachhaltige Kriterien im Leitbild des Konzerns sowie im Geschäftsmodell ihres deutschen Firmenkundengeschäfts. Dies sagt Stefan Meine, Head of Corporate Banking Germany, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Auf ihrem Investorentag am morgigen Freitag wird das niederländische Kreditinstitut demnach das Motto “Banking for better, for generations to come” zum offiziellen Leitbild erklären. Für Meine ist Nachhaltigkeit ähnlich wie die Digitalisierung ein wesentlicher Trend in der Finanzwirtschaft. Andere Banken positionierten sich vor allem in Sachen Digitalisierung, kritisiert der Manager. “Was die Digitalisierung angeht, steht ABN Amro nicht schlechter da als andere digital führende Banken. Digitalisierung ist für uns eine Notwendigkeit, kein Leitbild.”Im deutschen Corporate-Finance-Geschäft will ABN Amro ihre Kunden auf dem Weg zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell begleiten, wie er erklärt. Ein Anfang sei bereits gemacht. So hat das Institut seinen Angaben zufolge seit Anfang 2016, als die Bank das deutsche Corporate-Finance-Geschäft nach Jahren der Abstinenz wieder zu forcieren begann, die Emission von grünen oder auf soziale Vorhaben ausgerichtete Anleihen für rund 1,5 Mrd. Euro begleitet. Damit führe das Haus die Rennliste im deutschen Markt an, sagt er. Wie unterdessen der Konzern angibt, entfielen Ende 2017 rund 10 Mrd. Euro oder 2,5 % der Bilanzsumme auf nachhaltige Produkte.Meine zeigt sich überzeugt, dass sich Nachhaltigkeit für die Bank betriebswirtschaftlich lohnt: “Man kann da richtig gute Geschäfte machen.” So rechne die Bank bei grünen Finanzierungen mit geringeren Ausfallkosten. Daher sei sie bereit, Kunden in diesem Segment günstigere Konditionen als im herkömmlichen Kreditgeschäft einzuräumen. Der Markt wächstGrüne Finanzierungen dürften etwa die Gefahr bannen, dass die damit finanzierten Aktiva im Zuge politischer oder regulatorischer Neuerungen im Wert verfallen, wie dies etwa bei Kohlekraftwerken zu beobachten ist. Das Engagement der Bank speist sich auch aus der Erkenntnis, dass der Markt für grüne Anleihen sowie für die weniger klar definierten, nicht öffentlichen Emissionen sogenannter Green Loans im Gegensatz zu anderen Segmenten des Corporate Banking prozentual zweistellig zulegt.Meine vertritt die These, dass der Markt für nachhaltige Finanzierungen binnen fünf bis zehn Jahren seinen Durchbruch erleben wird. Daher sei nun der richtige Zeitpunkt, dieses Feld zu besetzen, um über eine starke Marktposition zu verfügen, wenn etwa im Gefolge der Autohersteller auch deren Zulieferer ihr Geschäftsmodell ändern müssten. Die Niederlande seien auch als Staat in der Nachhaltigkeitsdebatte bereits weiter als die Bundesrepublik.Während in Deutschland noch über Recycling gesprochen werde, schmiede man in den Niederlanden bereits Pläne über den Weg hin zu einer Kreislaufwirtschaft. “Das würden wir gerne nach Deutschland tragen.” Die Diskrepanz sei allerdings nachvollziehbar, falle einer Dienstleistungsgesellschaft wie der niederländischen ein Wandel hin zu Nachhaltigkeit leichter als der stärker von Industrie geprägten Bundesrepublik.Nach einem Gewinneinbruch im zweiten Quartal, auf den eine Restrukturierung des Firmenkundengeschäfts außerhalb Nordwesteuropas folgte, hat ABN Amro das Ergebnis im dritten Quartal wieder gesteigert, und zwar binnen Jahresfrist um rund 8 % auf 725 Mill. Euro. Die Eigenkapitalrendite erhöhte sich von 13,8 % auf 14,4 %. Das deutsche Firmenkundengeschäft blieb von den Kürzungen ausgenommen.Mit dem Geschäft in dem Segment hierzulande zeigt sich Meine zufrieden. Mit dem vom Konzern zugeteilten Eigenkapital habe die deutschen Aktivitäten bislang deutlich mehr Ertrag erwirtschaftet als geplant, und dies bei etwas niedrigeren Kosten. “Wir liegen über unserem Plan”, resümiert er. Das deutsche Corporate-Finance-Geschäft übertreffe die interne Renditevorgabe des Konzerns von 10 % bis 13 %. Konkrete Zahlen zu Ertrag und Ergebnis im deutschen Firmenkundengeschäft nennt Meine aber nicht. Ein paar Dutzend GroßkundenSeit Neustart zu Beginn des vergangenen Jahres hat die Bank “ein paar Dutzend Großkunden” mit einem Umsatz im meist dreistelligen Millionen-, aber auch im Milliardenbereich akquiriert, wie er berichtet. Reges Geschäft verzeichnet das Haus demnach vor allem in den Sektoren Erneuerbare Energien, Telekommunikation, Medien und Technologie sowie Nahrungsmittel und Einzelhandel. Im klassischen Industriegeschäft dürfte es dagegen gerne noch etwas mehr sein, wie Meine erkennen lässt.Dennoch will die Bank nicht Rendite zugunsten von Wachstum opfern, wie er erklärt. Von der internen Renditevorgabe von 10 % bis 13 % weiche ABN Amro auch dann nicht ab, wenn sich die Bank Hoffnungen auf Folgemandate mache: “Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, würden wir Geschäft akzeptieren, das nicht unseren Vorgaben entspricht.” Aktiv bei Leveraged LoansDass sich die niederländische Großbank dabei ungeachtet des Szenarios einer nahenden Zinswende auch im Sektor der gehebelten Firmenkredite (Leveraged Loans) tummelt, relativiert der Manager. Die Bank beschränke sich dabei auf die ihr angestammten Sektoren, erklärt er. Auch engagiere sich die Gesellschaft dabei nicht im Zuge milliardenschwerer Transaktionen, sondern bevorzugt im Segment von Finanzierungen zwischen 20 Mill. und 50 Mill. Euro, und dies auch nur gemeinsam mit anderen Banken. Überdies konzentriere sich ABN Amro bei ihren Geschäften auf Transaktionen mit Finanzinvestoren, zu denen bereits ein Vertrauensverhältnis bestehe.Die Personalstärke von rund 200 Leuten im deutschen Corporate-Finance-Geschäft betrachtet Meine als grundsätzlich angemessen, auch wenn die Bank seinen Worten zufolge selektiv einstellt. Dennoch dürfte das Firmenkundengeschäft des Instituts in Frankfurt bald stärker sichtbar werden. Denn im März kommenden Jahres zieht die ABN Amro ihre unter dem Namen Bethmann Bank firmierenden Private-Banking-Aktivitäten sowie 80 ihrer rund 200 Corporate Banker hierzulande im neuen, ökologisch zertifizierten Haus Marienforum an der Frankfurter Taunusanlage zusammen.Meine verspricht sich davon Synergien unter anderen in der Gebäudebewirtschaftung. Bislang noch auf vier Etagen in einem Bürohaus im Frankfurter Westend verteilt, sollen diese Corporate Banker dann auf einer Etage ihrer Arbeit nachgehen. Inklusive der Bethmann Bank beschäftigt ABN Amro in Deutschland derzeit rund 700 Leute.