Achleitner bittet um Geduld
In einer Art Rechtfertigungsrede zeigt Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner Bedauern über die Umstände des Rücktritts von Kontrolleur Thoma und bittet die Aktionäre weiter um Geduld.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer Mann, der am Donnerstag in der Frankfurter Festhalle im Mittelpunkt steht, fährt dreigleisig: Paul Achleitner, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Bank, zeigt in einer Art Rechtfertigungsrede, deren Text elf Seiten umfasst, Bedauern über den Abschied von Gremiummitglied Georg Thoma, gelobt vollen Einsatz für das Institut und bittet zugleich die Aktionäre um Geduld.Gelegentlich werde Kritik an seiner Person verbunden mit der Frage, “ob ich überhaupt noch der Richtige sei, um den notwendigen Neuanfang in der Deutschen Bank zu begleiten”, hebt er auf der Hauptversammlung unter aufbrandendem Applaus der Aktionäre an, um die Frage gleich selbst zu beantworten. Er sei fest davon überzeugt, dass es sich lohne, für eine Institution wie die Deutsche Bank “alles zu geben”. Er sei sich sicher, indem er alles gebe, dieser Institution dienen zu können. Und er stehe zu seiner Pflicht und Verantwortung.Der Rücktritt von Aufsichtsratsmitglied Georg Thoma sei “im Interesse des Unternehmens” gewesen und tue ihm besonders leid, da ihn eine langjährige Freundschaft mit Thoma verbinde, erklärt Achleitner. Jurist Thoma wurde Ende April aus dem Kontrollgremium gedrängt, nachdem er mit seiner Arbeit als Vorsitzender des Integritätsausschusses die übrigen Aufsichtsräte gegen sich aufgebracht hatte. Dass diese Auseinandersetzung öffentlich ausgetragen worden seien, “bedauern wir alle und ich persönlich am meisten”, sagt Achleitner. Ob seine Taktik, auf die Kritik an ihm einzugehen, aufgeht? Zumindest sind am Ende seiner Ausführungen keine Buh-Rufe in der Festhalle zu hören. Kräftiger Applaus indes ebenso wenig. Thoma, dessen Mandat nach einmonatiger Frist erst Ende Mai ablaufen wird, nimmt an der Aktionärsversammlung nicht teil.Was Fortschritte der Bank angeht, so stellt Achleitner fest: “Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen. Aber: Die Ziele stimmen, der Weg ist klar definiert, der Vorstand kommt gut voran auf diesem Weg.” Langjährigen Aktionären dürften bei solchen Worten die Ohren klingeln, hören sie solche Bitten um Geduld, verbunden mit dem Versprechen von Verbesserungen, doch schon seit Jahren.So erklärte Ex-Co-Chef Anshu Jain schon vor zwei Jahren: “Sie sollten uns vertrauen, weil der Umbau der Deutschen Bank funktioniert.” Und Co-Chef Jürgen Fitschen sekundierte damals: “Heute sind wir mehr denn je davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir halten Kurs und werden weiterhin die versprochenen Ergebnisse liefern.” Im folgenden Jahr 2015 lief ein Rekordverlust von knapp 7 Mrd. Euro auf.Als er 2012 ins Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt worden sei, sei die Bank unterkapitalisiert gewesen, habe in zahlreichen Rechtsstreitigkeiten gesteckt und sei sehr abhängig von einem einzelnen Geschäftsbereich, dem Investment Banking, gewesen, rechnet Achleitner nun den Aktionären vor. Das Problem: Im Prinzip hat sich nichts geändert. Nach wie vor klammZwar hat das Institut seine harte Kernkapitalquote seither von 7,8 % auf 10,7 % heraufgefahren, volle Umsetzung von Basel III unterstellt. Auf Basis der Übergangsregelungen von Basel III fordert die Aufsicht der Bank inzwischen freilich 10,75 % im laufenden Jahr sowie 12,25 % per 2019 ab. Da die Bank 2016 bestenfalls auf eine schwarze Null kommen dürfte, wird sie eigenen Schätzungen zufolge deshalb in den Jahren 2017, 2018 und 2019 insgesamt 6 Mrd. bis 7 Mrd. Euro Eigenkapital bilden. Derweil kämpft die Bank, wie am Donnerstag bekannt wird, aktuell mit 7 800 Rechtsstreitigkeiten, und im vergangenen Jahr entfielen auf die Investment-Banking-Sparte Corporate Banking & Securities nicht weniger als 42 % der Nettoerträge.In diesem Jahr rechne die Bank “noch einmal mit weiteren Belastungen” aus rechtlichen Auseinandersetzungen, erklärte John Cryan, der mit Ausscheiden von Co-Chef Jürgen Fitschen nach Ablauf der Hauptversammlung alleiniger Chief Executive Officer der Bank wurde, und fügte hinzu: “Meine Damen und Herren, Rechtskosten in solchen Dimensionen sind völlig inakzeptabel.” Bei aller Vorsicht aber sehe er die Bank, was Rechtsstreitigkeiten angehe, “allmählich auf der Zielgeraden”.—– Personen Seite 16