Ackermann, viel Agitation und wenig Aufklärung
Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite ist es interessant zu erfahren, wer alles nichts mit der Finanzkrise zu tun hatte. Ingrid Matthäus-Maier etwa, von 2006 bis 2008 Chefin der KfW, die seinerzeit Großaktionär der 2007 in Schieflage geratenen IKB war – der Beginn der Krise in Deutschland. Sie wirft dem damaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vor, die Krise “selber ausgelöst” zu haben, indem er die Kreditlinie der IKB “on hold” stellte. Der KfW-Vorstand, so die frühere SPD-Politikerin am vorigen Mittwoch im ZDF-Beitrag “Geheimakte Finanzkrise”, habe sich durch ein Ultimatum des zuvor so charmant auftretenden, in Wahrheit aber skrupellosen “Brandstifters” Ackermann erpresst gefühlt. Dem gibt sie nicht mehr die Hand, dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück übrigens auch nicht. Nun ist Ackermann gewiss nicht die Unschuld vom Lande. Aber schon vergessen, dass es die IKB war, die sich wie eine Reihe weiterer namhafter deutscher Adressen bei hochspekulativen Geschäften außerhalb der Bilanz schlicht verzockt hatte?Auch der einstige Sparkassenpräsident Heinrich Haasis scheint verdrängen zu wollen, dass nicht zuletzt einige Landesbanken aus seiner Gruppe Stammgäste im globalen Finanzkasino waren und von “Kreditersatzgeschäften” gar nicht genug kriegen konnten. “Eigentlich” habe die Deutsche Bank die Krise herbeigeführt, sagt er. Und die Ratingagenturen hätten für Investments in die Verbriefungen getrommelt. Für das Instrument habe schließlich sogar das Bundesfinanzministerium geworben. Auch für Ex-Finanzminister Hans Eichel (SPD) ist es eine Krise der anderen. Dass Derivate finanzielle Massenvernichtungswaffen seien, hätten der Regierung anstelle von Warren Buffett auch die deutschen Banken verraten können, dann “hätten wir vielleicht andere Gesetze gemacht”.Für weitere Höhepunkte in dem eher wie Agitation als wie Aufklärung anmutenden Beitrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens (“Merkel schmiss eine Privatparty im Kanzleramt” zum 60. Geburtstag Ackermanns) sorgt Deutsche-Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau, der sich (in wessen Auftrag?) interviewen lässt und diese Chance zu einer Art Generalabrechnung mit Ackermann nutzt. Der Verzicht auf staatliche Hilfe, gibt er zum Besten, war “eine der egozentrischsten politischen Entscheidungen, die ich je von einem leitenden Banker gesehen habe”. Hätte man doch nur auf Folkerts-Landau gehört, der – seit 1997 im Haus – lange vor Beginn der Krise überzeugt war, dass der Markt für minderwertige Hypothekenkredite irgendwann kollabieren würde! Aber das Management habe ja geglaubt, “im Spiel bleiben” zu müssen. Und Obacht: Dieser neunmalkluge Mann weiß offenbar noch mehr. Er wäre überrascht, so menetekelt er und klagt über seine schlaflosen Nächte, “wenn wir in den nächsten drei bis fünf Jahren nicht wieder eine sehr schwere Krise erleben würden”.”Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein maroder Finanzkonzern zusammenbricht und das System wieder aus dem Gleichgewicht bringt”, unkt die Stimme aus dem Off – die Kamera schwenkt über die Türme in Frankfurts Bankenviertel.