Adyen hat die Kurve gekriegt
Das Payment-Fintech Adyen hat seine Glaubwürdigkeitskrise überwunden. Mit Verfehlen der Erwartungen war die Aktie im August um 40% an der Börse abgestürzt auf Notizen bei 600 Euro. Seitdem hatte sich die Aktie stetig erholt und mit der Zahlenvorlage zum Wochenschluss richtig haussiert. Der Kursabsturz ist damit nahezu vollständig ausgebügelt.
Im Investorendialog Vertrauen aufgebaut
Grund dafür ist neben einer verbesserten operativen Performance, dass sich das Management um die beiden Co-CEOs Pieter van der Does und Ingo Uytdehaage auf Roadshows begeben hatte und Investoren nun besser Bescheid wissen, was von Adyen zu erwarten ist und wie die mittelfristigen Ziele erreicht werden sollen. Adyen ist als Fintech bislang trotz der Börsennotiz ein wenig geizig gewesen mit Informationen und will nicht zu stark über kurzfristige Kennziffern gesteuert und wahrgenommen werden. Den Usancen am Kapitalmarkt können sich die beiden Gründer und Co-CEOs aber nicht entziehen.
Sorgen zerstreut
Stein des Anstoßes im Sommer waren der anhaltend hohe Kostenaufbau mit sinkender Ebitda-Marge sowie die leicht nachlassende Dynamik im US-Geschäft. Diese Sorgen konnten zerstreut werden: Im abgelaufenen Quartal wurden die Nordamerika-Erlöse um 45% gesteigert.
Da war es auch zu verschmerzen, dass sich das Wachstum im Bruttovolumen leicht abschwächte, da man weniger für Ebay abwickelt. Das ist allerdings eine bewusste Entscheidung, denn man will weniger von diesem (und einem weiteren) Großkunden abhängig sein, da es dort Preiskämpfe gibt – und die Investoren sind im Dialog darüber aufgeklärt worden. Experten bezeichnen Ebay inzwischen als „E-Commerce-Loser“.
Zudem erklärte Adyen, dass die zweijährige Investmentphase in das Personal beendet sei, da man nun alles habe, um als globale Plattform für Händler zu agieren. Das ist eine ganz entscheidende strategische Komponente – und bei Adyen kommen 80% des Wachstums aus dem Geschäft mit bestehenden Kunden. Wer auf der Adyen-Plattform integriert ist, dem fällt es leicht, zusätzliche Länder aufzuschalten, und Adyen wächst mit ihren Kunden mit.
Auf Jahressicht zeigte Adyen einen Zuwachs von 36% im Bruttoabwicklungsvolumen auf 970 Mrd. Euro, woraus ein Nettoumsatz von 1,6 Mrd. Euro (+22%) verblieb. Die Nettomarge verringerte sich vor allem aufgrund der US-Anlaufkosten auf 46% (55%).
Ziele bis 2026 stehen
Dabei bleibt Adyen international auf Wachstum gepolt. Auch 2024 wolle man in Schlüsselmärkten seine Vertriebsmannschaft ausbauen, so der Vorstand. Eine Finanzprognose gab es hingegen nicht. Einzig die mittelfristigen Ziele dienen als Orientierung: Bis 2026 will Adyen jährlich den Nettoerlös im niedrigen bis hohen 20-Prozent-Bereich steigern. Mehr als die Hälfte des Umsatzes soll dann (wieder) als operativer Gewinn (Ebitda-Marge) verbleiben.
Im Gegensatz zu Adyen gibt Paypal derzeit ein Bild des Jammers ab. Paypal-Vorstandschef Alex Chriss kündigte zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres einen umfangreichen Stellenabbau an. Rund 9% der Jobs werden gestrichen, 2.500 Stellen fallen weg. Dabei schwächelt Paypal seit geraumer Zeit, was sich am Margenverfall ablesen lässt, obwohl das Umsatzwachstum (+9%) und die Free-Cashflow-Generierung (4,2 Mrd. Dollar) gut sind für ein saturiertes Fintech der ersten Generation.
Keine einheitliche Plattform bei Paypal
Allerdings offenbaren sich auch grundsätzliche Probleme. Denn man hat es versäumt, eine einheitliche Tech-Plattform für die Zukäufe (Venmo, Braintree) zu bauen, so dass globale Händler schlechter bedient werden als zum Beispiel bei Stripe oder Adyen.
Mängel erkannt
Immerhin hat der neue CEO Alex Chriss gegenüber Investoren signalisiert, dass er diese Mängel erkannt hat und beseitigen will, so der Fintech-Experte Jevgenijs Kazanins („Popular Fintech“) in seiner Analyse. Das wird dauern – wenn es denn überhaupt gelingt, die aus M&A gewachsene IT-Landschaft zu harmonisieren. Das heißt, Adyen als Fintech der zweiten Generation dürfte Paypal bei globalen Händlern noch mehr das Wasser abgraben.