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Adyen scheut den US-Preiskampf

Die Aktie des Fintech-Stars Adyen ist abgestürzt – und es besteht weiter Verkaufsdruck. Grundsätzlich ist Adyen aber gut aufgestellt.

Adyen scheut den US-Preiskampf

Auch wenn es im Tech-Sektor schon zu einem breiten Ausverkauf gekommen war, so blieben trotz dieser Abschläge viele Titel immer noch auf hohen Bewertungen stehen. Doch mit der Schwäche der Konjunktur und Deflationssorgen in China wachsen nun die Risiken am Aktienmarkt. Auf Enttäuschungen reagieren Anleger da sehr sensibel.

Unter den Erwartungen geblieben

Das hat der niederländische Zahlungsdienstleister Adyen schmerzhaft erfahren müssen, als er vergangene Woche Halbjahreszahlen vorlegte und dabei die Prognosen verfehlte. Gut 40% gab die Aktie am Donnerstag ab, was den Marktwert um rund 18 Mrd. Euro abschmelzen ließ. Auch am Montag notierte das Papier an der Euronext um weitere 6% schwächer bei 821,00 Euro, womit die Marktkapitalisierung auf 25,5 Mrd. Euro schrumpft.

Beim Börsengang Mitte Juni 2018 war die Aktie zum Ausgabepreis von 240 Euro in den Handel gekommen – und hatte direkt um 90% zugelegt. Auf mehr als 2.500 Euro kletterte die Aktie im Hype, bevor der Kurs auf ungefähr 1.500 Euro zurückkam. Doch selbst mit dem Abverkauf um 40% blieb das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei 43, was sportlich sein kann, wenn das Wachstum nachlässt.

Nur noch kleine Schritte

Und genau das ist bei Adyen eingetroffen. Die rasanten Anstiege in abgewickeltem Bruttovolumen und daraus erzieltem Umsatz (Gebühren) haben sich abgeflacht (siehe Grafik). Dabei legten die Erlöse im ersten Halbjahr zwar noch um 21% (i.V. +37%) auf 804,3 Mill. Dollar zu – aber das lag, wie das Betriebsergebnis, bereits erheblich unter den Analystenerwartungen.

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Die Begründung lässt aufhorchen: Adyen verweist vor allem auf das US-Geschäft, wo Kunden ihre Prioritäten von Wachstum hin zu Kosteneinsparungen hin verlagert hätten. Adyen betreut globale Marken wie Nike – und signalisiert damit, dass im Online-Handel das Tempo nachlässt. Der Zahlungsdienstleister bekommt nun auch zu spüren, dass es in den Coronajahren zu Vorzieheffekten im digitalen Handel kam.

CEO Pieter van der Does verweist zudem auf einen Preiskampf in den USA, auf den sich Adyen aber nicht einlassen wolle. Das sei die falsche Strategie, so der CEO in einer Analystenkonferenz, auch wenn das Unternehmen in der Branche die niedrigsten Kosten habe.

Diese Überlegung erscheint verständlich. Wenn Adyen an den Preisen dreht, leidet die Marge – und das wahrscheinlich auf längere Sicht. Daher könnte es sich für Aktionäre auszahlen, dass Adyen sich nicht oder zumindest nicht sofort am Preiskampf beteiligt. Wenn aber das Abwicklungsvolumen daraufhin nur langsam wächst, droht ebenfalls ein Abverkauf der Aktie. Konzernchef van der Does steckt in der Zwickmühle.

Noch immer mit Aufschlag

Da Investoren die Multiples nun grundsätzlich stärker hinterfragen, dürfte die Luft für die als Wachstumswert gehandelte Adyen-Aktie weiter dünn bleiben. Denn in der Vergleichsgruppe notieren Worldline bei einem KGV von 13,7 und Nexi bei 8,8. Die Unternehmen sind alle im Zahlungsverkehr tätig, aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Adyen nahm ihren Aufstieg mit einer Payment-Plattform, die im Online-Handel wohl als „Best in Class“ gelten kann. Ein Aufschlag im Vergleich zu anderen Werten kann also gerechtfertigt sein. Zugleich käme die Branche insgesamt unter Druck, würde sich die globale Konjunkturabschwächung beschleunigen. Der Trend hin zum digitalen Handel ist gleichwohl intakt.

Intakt ist auch Adyens grundsätzliche Aufstellung. Den Vorstoß in die USA flankierte der Konzern mit einer Lizenz für den neuen Sofortzahlungsdienst „Fednow“ – eine Funktion, die Adyen für zukünftige Märkte braucht. Das zeigt, dass das Management seine Hausaufgaben erledigt und einen guten Draht zu den Aufsehern pflegt. Da Adyen das einzige Fintech in der Riege der ersten Fednow-Lizenzen ist, wurden aus der US-Fintech-Szene schon Vorwürfe laut, die Federal Reserve verhalte sich „unamerikanisch“. Das ist natürlich ein schlechter Witz, zeigt aber, dass es insgesamt ungemütlicher wird.

Ein weiteres Problem sind die sprunghaft gestiegenen Personalkosten. Während der Rest der Tech-Welt die Belegschaft in den vergangenen Monaten reduzierte, baute Adyen in den USA im ersten Halbjahr weiter kräftig Stellen auf. Zwar ist das Unternehmen dort weiter grundsätzlich im Expansionsmodus. Doch es sollte ein Leichtes sein, einzelne Projekte zu schieben oder einzustampfen, um Kosten zu senken. Spätestens mit den Zahlen zum dritten Quartal werden die Investoren hier Ergebnisse sehen wollen.

Adyen scheut den US-Preiskampf

Nach dem Sturz der Aktie rücken Wachstumsaussichten des Zahlungsdienstleisters in den Blick – Management unter Kostendruck

Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt

Innerhalb von zwei Handelstagen hat Adyen rund die Hälfte an Wert verloren. Das abgeschwächte Wachstum in den USA sorgt die Anleger. Und es werden Fragen laut, ob der niederländische E-Commerce-Dienstleister genug Preismacht besitzt, um der Konkurrenz zu trotzen. Die Aktie bleibt vorerst unter Druck.

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