AIG greift deutsche Platzhirsche an

In der Industrieversicherung will der Konzern Marktanteile gewinnen und raus aus den roten Zahlen

AIG greift deutsche Platzhirsche an

AIG hat sich in Deutschland lange mit sich selbst beschäftigt. Jetzt will der Industrieversicherer wieder unter die Top 3 im Markt. In der Cyberversicherung findet Länderchef Alexander Nagler die Preise zu aggressiv.Von Antje Kullrich, DüsseldorfAIG attackiert die Marktführer in der deutschen Industrieversicherung. Der US-Konzern will nach Jahren der Beschäftigung mit sich selbst hierzulande wieder Marktanteile im Geschäft mit großen Unternehmen gewinnen. “Unser Ziel ist es, unter die Top 3 zu kommen”, gibt Deutschland- und Nordeuropa-Chef Alexander Nagler selbstbewusst die Marschrichtung vor. Bislang besetzen Branchenprimus Allianz, HDI und Zurich die Spitzenpositionen.Deutschland ist ein schwieriger Markt für den einst größten Versicherer der Welt. Als Nagler vor drei Jahren das Ruder übernahm, sei er der sechste Chef in sechs Jahren gewesen, erzählt der 42-jährige Manager, der seit fast 19 Jahren für AIG tätig ist und in mehreren europäischen Dependancen Karriere gemacht hat. Die Eltern des gebürtigen New Yorkers kommen aus Österreich, er hat neben einem US-Pass auch die Staatsangehörigkeit des Alpenlandes. Nagler war Länderchef in Schweden und der Schweiz, bevor er seinen Job in Frankfurt antrat.Über den Preis wolle AIG in Deutschland im seit Jahren weichen Markt der Industrieversicherung nicht gehen, versichert Nagler. Der US-Versicherer, der im Zuge der Finanzkrise von der US-Regierung gerettet werden musste, will mit seinem globalen Netzwerk punkten und bei Kunden mit multinationalen Programmen mehr Gewicht erlangen. “Wir haben mehr Standorte als jeder andere Versicherer weltweit und beschäftigen heute international 700 Ingenieure”, sagte Nagler im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Ich glaube, dass wir es schaffen, unter den Top-500-Unternehmen in Deutschland jedes Jahr drei bis fünf Führungen der Versicherungsprogramme zu gewinnen.” Die Herausforderung sei groß: “Deutsche Kunden sind sehr treue Kunden.”Ein wichtiges Wachstumsfeld ist für Nagler auch die Cyberversicherung. AIG dominiert mit rund einem Viertel Marktanteil den US-Markt und sieht sich in dem Bereich auch weltweit führend. Nagler hält die aktuelle Preisgestaltung auf dem deutschen Markt in Teilen für ungesund. “Die Konkurrenz ist im Pricing aggressiver als wir.” Kumulrisiken würden teilweise unterschätzt. Dennoch ist AIG bei fast allen Cyberversicherungsprogrammen im Dax dabei, allerdings nicht unbedingt in der Grunddeckung. “Im MDax führen wir einen Großteil der bestehenden Cyber-Programme oder sind teilweise sogar alleiniger Versicherer”, betont Nagler. Das Verhältnis von Risiko zu Preis sei in diesem Segment angemessen. Optimismus für 2018In der Branche wird das Prämienvolumen von AIG in der Industrieversicherung hierzulande auf knapp 600 Mill. Euro geschätzt. Der Konzern äußert sich dazu nicht, bezeichnet Deutschland aber als fünftwichtigsten Markt weltweit.Im vergangenen Jahr hat AIG auf dem hiesigen Markt noch rote Zahlen geschrieben. “In den letzten drei Jahren haben wir mit Hochdruck daran gearbeitet, unsere Profitabilität zu verbessern. Jetzt sind wir gut für die Zukunft gerüstet”, betont Nagler. Hier und da hat das Unternehmen das Portfolio verändert. Seit 2017 versichert AIG keine Krankenhäuser mehr. Die Anpassungen, die der Versicherer vornehmen wollte, seien nicht durchsetzbar gewesen. Für den laufenden Turnus, in dem er nur wenig Wachstum erwartet, ist Nagler in puncto Ertrag optimistisch: “2018 hat wirklich gut angefangen. Ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Jahr profitabel sein werden.”Die Kostenquoten in der Industrieversicherung seien ein Knackpunkt. Erhebliche Einsparpotenziale sieht Nagler durch die Digitalisierung. Der vor Jahren übernommene Maklerversicherer Wüba dient als digitale Plattform, mit der AIG Deutschland derzeit vor allem im Gewerbegeschäft arbeitet. Sie soll aber sukzessive für weitere Teile des Geschäfts genutzt werden, plant Nagler. Blockchain gefragtInternational experimentiert AIG mit der Blockchain. Mit der britischen Großbank Standard Chartered hat der Konzern im vergangenen Jahr eine multinationale Versicherungspolice als Pilotprojekt mit dieser Technologie aufgesetzt. Aktuell entwickele AIG für zwei weitere Kunden eine Blockchain-Lösung, hieß es. Dabei gehe es um die Branchen Transport und IT.