Hätte man beim Jahresauftakt des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) zur Feier des Tages jedes Mal an einem Glas Sekt genippt, immer wenn Andreas Krautscheid oder Christian Ossig, die beiden Hauptgeschäftsführer des BdB, die Bedeutung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte für die hiesige Finanzbranche betonten, man wäre ziemlich fröhlich durch den Rest des Tages gegangen. Denn “die Musik spielt in Brüssel” und die Erwartungen des BdB an die “Dirigentenrolle”, die Deutschland ab dem 1. Juli für sechs Monate im europäischen Konzert übernimmt, sind hoch.”Das ist eine Aufgabe für die deutsche Ratspräsidentschaft”, erklärte die BdB-Spitze zum Thema Bankenunion, das nach einem Vorstoß von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf europäischer Ebene wieder ausgebremst wurde. “Da setzen wir auf die deutsche Ratspräsidentschaft”, lautete der Appell mit Blick auf geeignete Anreizmechanismen rund um das Thema Sustainable Finance, das mit der jüngst beschlossenen EU-Taxonomie zum Bürokratiemonster zu werden droht. “Da setzen wir auf die deutsche Politik”, hieß es mit Blick auf die Umsetzung von Basel IV, die in diesem Jahr ganz oben auf der europäischen Agenda für die Finanzbranche steht. “Der Schlüssel liegt in Brüssel”, hieß es zu den Wettbewerbsbedingungen für deutsche Banken. Und geht es nach den Vorstellungen des BdB, soll Deutschland hier bald den Ton angeben. “Was Europa braucht, ist Führung”, lautete die Marschroute für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft.Die große Bedeutung, die Europa für die Finanzwirtschaft spielt, ist unbestritten. Vier von fünf Regulierungsvorgaben für die Banken kommen aus Brüssel. Wohl und Wehe der deutschen Institute hängen davon ab, ob es gelingt, auf dem Weg zu einer Bankenunion Tempo zuzulegen, adäquate Rahmenbedingungen für Zukunftsthemen wie Sustainable Finance zu schaffen und internationale Regulierungsanforderungen so umzusetzen, dass sie den europäischen Besonderheiten Rechnung tragen. In eine deutsche Dirigentenrolle während der zweiten Jahreshälfte sollten die Banken dabei aber nur wenig Hoffnung setzen. Die EU-Ratspräsidentschaft wird nicht mit dem Dirigentenstab, sondern mit dem Moderatorenkoffer ausgestattet. Auch in dieser Rolle kann die Bundesregierung aber nur erfolgreich sein, wenn sie mit einer Stimme spricht. Das war beim Thema Bankenunion zuletzt nicht der Fall, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Finanzminister ins Leere laufen ließ.