Alles andere als eine Nebensache
Von Anna Maria BorseDeutschlands Mittelstand hat nicht nur einen guten Namen, Anlagen in deutschen Mid-Cap-Aktien haben sich in den vergangenen Jahren auch in Heller und Pfennig ausgezahlt. So ist der Dax auf Sicht von drei Jahren um insgesamt 30 % gestiegen, der MDax hingegen um 57 %, auf Sicht von fünf Jahren sind es 40 % versus 100 % (1). Seit Jahresanfang kommen zwar beide Indizes auf Verluste, beim “großen Bruder” fallen diese aber doppelt so hoch aus. In der ETF-Welt war lange der iShares MDax (DE0005933923) die einzige Möglichkeit, um von den “Mittelgroßen” zu profitieren. Mit dem Rückenwind des “First Movers” hat dieser Exchange Traded Fund (ETF) bereits 1,6 Mrd. Euro an Anlegergeldern eingesammelt. Dem Beispiel sind mit einiger Verzögerung dann auch andere Anbieter gefolgt. Mittlerweile gibt es aber eine ganze Reihe von ETF, die die Entwicklung von Mid Caps aus Deutschland oder auch anderen Ländern und Regionen wiedergeben, etwa der Eurozone oder ganz Europa, der USA oder Japan. Selbst ein Mid-Cap-Indexfonds auf den MSCI World ist mittlerweile im Angebot. Aktuell wenig InteresseDennoch halten sich Anleger zurück. “Wir haben in jüngster Vergangenheit eher steigende Nachfrage nach Large-Cap-Indizes gesehen”, berichtet Thomas Meyer zu Drewer, Geschäftsführer von Comstage. Das wundert ihn nicht, in unsicheren Zeiten würden eben in erster Linie Blue Chips gesucht. Auch die DekaBank berichtet von einer eher niedrigen Nachfrage – sowohl im ersten Quartal 2016 als auch 2015. “Generell sind Mid Caps etwas weniger stark in den Portfolios vertreten als Small oder Large Caps, zudem dürften die volatilen Märkte ihren Teil dazu beigetragen haben”, erklärt Gordon Rose, Leiter Produktmanagement ETF bei der DekaBank. Dass sich Aktien kleiner und mittelgroßer Unternehmen – zumindest auf lange Sicht – besser entwickeln als Large Caps (“size factor”), gilt auch in der Wissenschaft als belegt. Auslöser für eine wieder steigende Nachfrage könnte nun neben der Beruhigung der Märkte und dem Wunsch nach Diversifizierung auch die konjunkturelle Erholung sein: Die Europäische Kommission beispielsweise rechnet für dieses Jahr mit einem Wachstum von 1,8 % in der EU nach 1,7 % 2015 und 1,6 % 2014. Viel mehr als nur der MDaxIn Deutschland sind insgesamt 22 Indexfonds, die sich als Mid-Cap-ETF bezeichnen, im Angebot, im Small-Cap-Segment sind es mit 32 übrigens deutlich mehr. Die Anzahl derer, die auf dreistellige Anlagebeträge in Euro kommen, ist bei den Mid-Cap-ETF mit insgesamt acht aber überschaubar. Nummer 2 von der Größe her ist hinter dem einstigen Monopolisten iShares MDax der S&P Mid Cap 400, gefolgt vom iShares Euro Stoxx Mid. MDax, MSCI Europe Mid Caps, S&P Mid Cap 400 – es gibt eine ganze Reihe von Indizes, auf die sich die böresengehandelten Indexfonds beziehen. Doch was sind Mid Caps eigentlich? Zum Teil werden sie definiert als Unternehmen mit einem Börsenwert zwischen 500 Mill. und 2 Mrd. Euro, eine allgemein anerkannte Abgrenzung von Large, Mid und Small Caps gibt es aber nicht. Vergleichsweise einfach ist die Situation in Deutschland, hier gibt es mit Dax, MDax und SDax klar abgegrenzte Segmente. Der MDax bildet die Wertentwicklung der 50 größten auf die Dax-Werte folgenden Unternehmen im Prime Standard der Deutschen Börse ab. Dabei gilt er als vielseitig, vom klassischen Maschinen- und Anlagebau wie DMG Mori, Gea oder Krones über Modeunternehmen wie Hugo Boss, Medienkonzernen wie Axel Springer oder der RTL Group bis hin zu Immobilienkonzernen wie TAG und LEG ist alles dabei. Auf den MDax beziehen sich vier börsengehandelte Indextracker: neben dem Schlachtschiff von iShares noch Indexfonds von Comstage, der DekaBank und Lyxor. Von db x-trackers gibt es außerdem noch den db x-trackers Mittelstand & Mid Cap Germany (IE00B9MRJJ36), der in 70 Unternehmen des Solactive Mittelstand & Mid Cap Deutschland investiert, der Unternehmen aus MDax, TecDax und SDax abbildet und damit einen breiteren Zugang zu Deutschlands Mittelstand verspricht. Es muss nicht immer Deutschland seinWas europäische Indizes angeht, ist das Bild unübersichtlicher, die ETF beziehen sich mal auf den EMU Mid Cap, mal auf den Euro Stoxx Mid und mal auf den MSCI Europe Mid Cap. Hier gilt es, genau hinzuschauen: Während die EMU-Indizes (EMU=European Economic and Monetary Union) nur die zehn entwickeltesten Eurozonenländer berücksichtigen, deckt der Euro Stoxx Mid Unternehmen mittlerer Marktkapitalisierung aus der gesamten Eurozone ab, die Anzahl ist variabel. Der MSCI Europe Mid Cap gibt unterdessen die Entwicklung von 243 Unternehmen aus 15 entwickelten Länder Europas wieder.US-Aktien werden mit dem MSCI USA Mid Cap, dem Russell Mid Cap und dem S&P Mid Cap abgebildet. Dabei enthält der MSCI USA Mid Cap aktuell 331 Unternehmen aus dem marktbreiten MSCI USA, der Russell Mid Cap rund 800 Adressen aus dem Russell 1000, der S&P Mid Cap 400, wie der Name schon sagt, 400 Titel aus dem S&P 1500. Für japanische Aktien ist der MSCI Japan Mid Cap maßgeblicher Index, für britische der FTSE 250. Nur ein globaler Mid-Cap-ETFDie Auswahl an ETF auf globale Indizes ist noch übersichtlich, lediglich die BlackRock-Tochter iShares bietet mit dem iShares MSCI World Size Factor ETF ein Produkt an. Dieser Passivfonds ist allerdings noch vergleichsweise jung, die Bewährung über mehrere Marktzyklen steht noch aus – was übrigens für viele andere Indexfonds auch gilt. Dass dünne Angebot bei Weltindizes hängt Rose zufolge auch damit zusammen, dass Produktentwicklungen im ETF-Markt letztlich nachfragegetrieben sind. “Wenn man sich nur anschaut, wie viel Research es zum Thema Smal- und Large Caps gibt, und wie wenig zum Thema Mid Cap, ist schnell klar, dass hier der Fokus auf dem oberen bzw. unteren Teil der Marktkapitalisierung liegt.” Ein weiterer Punkt sei die Liquidität bei einem globalen Aktien-ETF auf Mid Caps. “Da der Trend hin zur physischen Replikation geht, könnte es hier zu Liquiditätsengpässen kommen.” Das ist der Grund, weswegen Fonds wie der der aktiv gemanagte DWS Aktienstrategie Deutschland wegen zu hoher Zuflüsse die Ausgabe neuer Anteile vorübergehend eingestellt hat. Teuer sind die Mid-cap-ETFs allesamt nicht, die Spanne bei den Gesamtkosten (Total Expense Ratio) reicht von jährlich 0,20 bis 0,51 %. Am teuersten ist ausgerechnet der iShares MDax, der Comstage MDax und das Pendant von der DekaBank sind mit 0,30 % deutlich günstiger zu haben.Was Anleger nicht vergessen sollten: Der – auf lange Sicht – höheren Rendite steht ein höheres Risiko gegenüber. Kurse von Mid Caps schwanken stärker als Kurse von Large Caps, da sich die Gewinne kleinerer Unternehmen weniger stabil entwickeln, dazu kommt die geringere Marktliquidität. Da die Risikoaversion der Anleger in unruhigen Zeiten zurückgeht, schneiden Mid Caps dann auch schlechter ab. “ETF auf Aktien aus der zweiten Reihe decken ein sehr spezielles Segment ab, das von Land zu Land sehr unterschiedlich sein kann”, betont Meyer zu Drewer außerdem. Oft habe der Erfolg auch mit spezifischen Gegebenheiten oder Verbrauchervorlieben zu tun. Er hält eine Beimischung des MDax-ETF zu einem Basisportfolio, das bereits eine Grunddiversifikation aufweist, für sinnvoll. “Bei der Einmalanlage sollte man den Betrag besser zu zwei oder drei unterschiedlichen Zeitpunkten investieren, den Kauf als Börsenorder aufgeben und Limite nicht vergessen.” Anlegervertrauen soll steigenMeyer zu Drewer geht davon aus, dass bei zurückkehrendem Anlegervertrauen die Nachfrage nach kleineren Aktienwerten wieder steigen wird. Die DekaBank prognostiziert eine regional sehr unterschiedliche Entwicklung der Nachfrage. “Grund sind die unterschiedlichen Sektorallokationen bei Mid Caps etwa in Europa und den USA, die maßgeblich die relative Performance gegenüber den Large Caps, aber auch die absolute Performance beeinflussen”, erläutert Rose. Hinzu komme, dass aufgrund der politischen Unwägbarkeiten viele Anleger Europa aktuell mieden. Das werde sich im Laufe des Jahres aber wieder ändern. “Auch die aktuell stark eingetrübten Gewinnaussichten sollten sich wieder verbessern.” Anleger würden sich dann verstärkt Europa zuwenden, was auch die Kurse der europäischen Mid Caps unterstützen werde.—— 1,6 Mrd. Eurosind in den größten Exchange Traded Funds (ETF), der iShares MDax Ucits ETF (DE) investiert, der die deutschen Nebenwerte abbildet. Mit einem Volumen von rund 450 Mill. Euro folgt mit dem iShares Euro Stoxx Mid Ucits ETF der erste Indexfonds, der passiv in europäische Nebenwerte investiert.