Allianz Leben sagt Pfandbrief Lebewohl

Versicherer steuert in der Kapitalanlage um - Solvency II und Verzicht auf Garantiezins machen Neuordnung möglich

Allianz Leben sagt Pfandbrief Lebewohl

Erst distanzierte sich die Allianz vom Garantiezins in der Lebensversicherung, nun bricht die zuständige Gesellschaft mit einer weiteren Tradition: Der Pfandbrief soll aus der Kapitalanlage der Allianz Leben weitgehend verschwinden. Das Produkt passt demnach nicht mehr in eine chancenreiche Kapitalanlage.jsc Frankfurt – Der Lebensversicherer der Allianz will sich aus Pfandbriefen in der Kapitalanlage weitgehend zurückziehen. “Wir werden uns de facto aus dem eigentlichen Brot-und-Butter-Asset der deutschen Lebensversicherung, dem Pfandbrief, verabschieden”, sagte Andreas Lindner, Chefanleger von Allianz Leben, am Mittwoch in Frankfurt. Zwar werde der Versicherer womöglich noch einzelne Bestände halten, insgesamt sei das Instrument aber nicht attraktiv. “Es passt zu uns nicht mehr.” Derzeit entfallen 18 % der Kapitalanlage von Allianz Leben auf Pfandbriefe und besicherte Darlehen.Ein Abbau der Instrumente deckt sich mit der Entwicklung der gesamten Branche (siehe Grafik). Der Pfandbrief wurde 1769 durch einen Erlass des preußischen Königs Friedrich II. (“Friedrich der Große”) eingeführt und hat somit Tradition – seit der Jahrtausendwende hat das Instrument aber an Bedeutung verloren. Gerade öffentliche Pfandbriefe werden heute selten emittiert, während Hypothekenpfandbriefe ihr Umlaufvolumen seit Jahren in etwa halten. Mehr AktienChancenreiche, aber riskantere Anlageklassen sollen bei Allianz Leben hingegen mehr Gewicht erhalten: Der Aktienbestand von derzeit 10 % soll “mittelfristig”, also binnen drei bis vier Jahren, auf 13 bis 18 % anschwellen. Alternative Anlagen, zu denen vor allem Immobilien und Kreditbestände aus der privaten Baufinanzierung, aber auch Anlagen wie öffentliche Infrastruktur, erneuerbare Energien und Private Equity gehören, sollen von derzeit 23 % auf rund 35 % steigen. Bereits im April hatte Chefanleger Lindner im Interview der Börsen-Zeitung angekündigt, in sieben bis zehn Jahren “jeden dritten Euro” in alternative Anlagen zu investieren (vgl BZ vom 11. April). Der Kapitalbestand von insgesamt 249 Mrd. Euro soll weiter wachsen, so dass rund 100 Mrd. Euro auf alternative Anlagen entfallen können. Für Flexibilität habe das Regelwerk Solvency II gesorgt, das starre Anlageregeln beseitigt habe, sagte Lindner. Der Anteil von Staatsanleihen soll sinken, das Gewicht von Unternehmensanleihen indes steigen.Mit dem Schwenk folgt Allianz Leben der Neuausrichtung des Produktangebots: 90 % des Neugeschäfts entfallen heute bereits auf Verträge “mit neuen Garantieprofilen”, also Policen ohne den gesetzlichen Garantiezins von 0,9 %. Bereits seit Jahren baut die Gesellschaft den Anteil der flexibleren Produkte aus. Zwar haben auch neue Verträge typischerweise eine Beitragsgarantie. Ohne den Garantiezins ist der Konzern aber nach eigener Darstellung in der Kapitalanlage flexibler. Langlaufende, sichere Papiere werfen demnach zu wenig ab, um neben einer Garantieverzinsung noch Spielraum in der Anlage zu haben. Auch Pfandbriefe gelten als sehr solide, aber kaum rentierlich. Online-Vertrieb tröpfelt nochIm Online-Vertrieb experimentiert der Konzern derzeit mit der Plattform “Fourmore”, die sich an junge Menschen richtet. Im Neugeschäft spiele das Projekt bisher aber kaum eine Rolle, sagte Allianz-Leben-Chef Markus Faulhaber. Die Gesellschaft habe ähnliche Erfahrungen gesammelt wie der Rest der Branche: Lebensversicherungen werden fast ausschließlich im direkten Kontakt mit Vertretern, Maklern und Bankberatern verkauft, während der Direktvertrieb eher bei Sach- und vor allem bei Kfz-Versicherungen verbreitet ist. Allerdings informieren sich laut Faulhaber viele Anleger im Internet über Lebensversicherungen, ehe sie einen Berater aufsuchen.