Allianz rückt Kapitalstärke in den Fokus
In der Krankenversicherung zählt aus Sicht der Allianz wie auch in anderen Sparten die Kapitalrendite. Befinde sich dieser Wert im Lot, fielen auch die Beitragserhöhungen geringer aus, sagt die Chefin der Krankenversicherungssparte. Nicht bei allen Kunden aber sei diese Botschaft angekommen.Von Michael Flämig, MünchenDie Allianz will mit ihrer vergleichsweise hohen Kapitalrendite künftig auch in der Krankenversicherung punkten. “Zunehmend beobachten nicht nur Profis das Thema Kapitalstärke”, sagte Birgit König, Vorstandsvorsitzende der Allianz Private Krankenversicherungs AG, der Börsen-Zeitung. Die einzelnen Krankenversicherten erkennen demnach mittlerweile ebenfalls, dass die künftige Beitragsstabilität auch von den Kapitalerträgen der Versicherungsgesellschaften abhängen. Nachdem Krankenversicherungen viele Jahre über die Leistung und anschließend über den Preis verkauft worden seien, rücke damit die Kapitalstärke ins Zentrum: “Die Allianz Krankenversicherung liefert im Branchenvergleich ausgezeichnete Ergebnisse”, sagte sie. Im vergangenen Jahr wiesen die Münchner eine Nettoverzinsung von 4,1 % aus.In der Lebensversicherung sei die Einsicht verbreitet, dass die Verzinsung eine wichtige Rolle spiele. In der Krankenvollversicherung dagegen werde gerne übersehen, dass immerhin rund ein Drittel des Beitrags in den Sparanteil fließe. Bei einer monatlichen Überweisung von 450 Euro legt die Allianz also rund 150 Euro für den Kunden auf die hohe Kante – je höher die Verzinsung ausfällt, desto geringer steigen die Beiträge mit zunehmendem Lebensalter. Umgekehrt gelte: “Sinkt die Kapitalrendite um zehn Basispunkte, steigt der Beitrag um etwa 1 %.” Teilweise zeigten sich die Effekte aufgrund regulatorischer Vorgaben erst verzögert – dann aber umso stärker. Rechnungszins bleibt stabilWie aber können Kunden kapitalstarke Versicherer identifizieren? Die Vorstandsvorsitzende relativiert: “Die Masse der Versicherten macht natürlich keine Bilanzanalyse, viele orientieren sich lieber an Siegeln.” Die Allianz werde den Rechnungszins auch im nächsten Jahr nicht senken müssen, betonte König. Längerfristig allerdings möchte sie sich nicht festlegen. Grundsätzlich profitiert die Allianz nach Ansicht von König in der Kapitalanlage von der Größe des Unternehmens und der Tatsache, dass die Investment-Teams global agieren können.Zugleich möchte die Vorstandsvorsitzende die Herausforderungen durch die Politik der Europäischen Zentralbank nicht überbewerten: “Die Krankenversicherung ist vergleichsweise widerstandsfähig gegen den Niedrigzins.” Selbst in einem Umfeld mit einem Zinssatz von 0 % lägen die Beiträge für den typischen Neueinsteiger in den Allianz-Tarif unter dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung. Klug tarifierte Verträge und vorausschauende Risikoprüfung sei dabei ebenso wichtig: “Die Kalkulation ist die Hälfte der Miete bezüglich Beitragsstabilität.” Die Folge: In den vergangenen Jahren habe der Beitragsanstieg der Allianz Private Krankenversicherung deutlich unter dem Schnitt der Branche gelegen. Auch im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung stelle sich der Kunde besser. Dort sei seit 2008 im Schnitt der jährliche Beitragsanstieg mit 2,6 % um 0,4 Prozentpunkte höher als bei der Allianz ausgefallen. Verzicht auf FußangelnZuletzt waren die Beitragseinnahmen unter anderem wegen einer Senkung von Beiträgen um 1,5 % auf 3,2 Mrd. Euro gesunken. Neben einer weitgehenden Beitragsstabilität sind König beim Werben um den Kunden zwei weitere Aspekte wichtig. Erstens dürfe es bei den Versicherungsbedingungen keine Fußangeln im Kleingedruckten geben. Sie verweist beispielhaft auf die “Kriegsklausel”. Behandlungen wurden früher nicht bezahlt, wenn der Grund in einem Krieg lag und der Kunde vom Kriegseintritt nicht überrascht wurde. Angesichts von Bürgerkriegen mitsamt Terroranschlägen sei diese Definition jedoch nicht mehr handhabbar, betonte König. Allianz-Kunden erhielten nun grundsätzlich auch bei Unfällen oder Verletzungen in Krisengebieten Leistungen, außer wenn es eine ausdrückliche Warnung des Auswärtigen Amtes für die Region gebe.Der zweite Punkt für König: “Die Kunden erwarten heute, dass auch der Kontakt mit ihrem Versicherungsunternehmen einfach und komfortabel ist.” Die Allianz habe nun beispielsweise eine Rechnungs-App im Angebot, die zusammen mit dem Onlineportal “Meine Allianz” auch den Blick auf den aktuellen Bearbeitungsstand ermögliche. Digitalisierung sei für den Kunden in der Krankenvollversicherung wichtig, weil er das auch in anderen Bereichen als selbstverständlich voraussetze.Baustein-Tarifen erteilt König eine Absage: “Das ist keine gute Idee.” Die Allianz biete dagegen ihren Kunden eine Tariferweiterung ohne Risikoprüfung, wenn diese Option im Grundsatz zu Vertragsbeginn vereinbart worden sei. Etwa jeder zweite Neukunde nehme diese Option in Anspruch. Eine entsprechende Flexibilisierung gebe es auch in den Pflegetarifen.Steigende Marktanteile allerdings kann die Allianz bisher nicht verbuchen. Nach einem Absturz im vergangenen Jahrzehnt stoppte die Allianz ihre Marktanteilsverluste in der Vollversicherung im Jahr 2011 bei einem Stand von 9,4 % (siehe Grafik). “Krankenversicherung ist ein extrem langfristiges Geschäft”, betonte König, die ihr Amt Anfang 2012 angetreten hat. “In der Krankenvollversicherung der Allianz gibt es fast kein beeinflussbares Abschmelzen des Versichertenbestands mehr.” Dies sei ein Erfolg Seit 2001 geschrumpftDie Zahl der Allianz-Vollversicherten sank im vergangenen Jahr um 2,1 % auf 640 600 Personen – Ende 2001 waren noch mehr als 800 000 Vollversicherte an Bord. Dabei müsse man berücksichtigen, dass die Allianz-Kunden vergleichsweise alt seien, sagte König. So schieden jährlich 2 % der Versicherten durch Tod oder Absinken ihres Gehalts unter die Beitragsbemessungsgrenze aus. Die vermeidbare Stornoquote dagegen liege bei nur 0,6 %. Grundsätzlich gilt für König: “Wir gehen davon aus, in der Vollversicherung wachsen zu können – ebenso wie in der Zusatzversicherung.” Aber auch in der Zusatzversicherung kommt die Allianz scheinbar nicht vom Fleck. Bei 8,2 % verharrte der Marktanteil bei der Zusatzversicherung bezogen auf die Beiträge im Jahr 2013, während er sich bezogen auf die Versicherten 0,2 Prozentpunkte erhöhte. In den Jahren 2011 bis 2013 habe ihr Haus mit 190 000 Personen jedoch mehr Neugeschäft gemacht als jedes andere Unternehmen der Branche, erklärte König. Das Kundenplus in der Zusatzversicherung betrug zuletzt 1,4 % auf 1,93 Millionen Versicherte. Die Allianz-Managerin rechnet damit, dass die Zusatzversicherung auch in Zukunft rund ein Fünftel der Beitragseinnahmen beisteuern wird. Letztlich gehe es darum, die Erwartungshaltung der Versicherten zu erfüllen: “Wir nehmen das Thema Kundenzufriedenheit extrem ernst, und man sieht die Resultate.” Die Kundenzufriedenheit sei im achten Quartal in Folge gestiegen.Zufrieden sein dürfte auch die deutsche Muttergesellschaft, die für das Jahr 2014 eine Gewinnabführung von 104 Mill. Euro kassierte. Bei einer kombinierten Schaden-Kosten-Quote von 85,7 % sticht insbesondere die hohe Eigenkapitalrendite hervor, die zu Beginn der Dekade sogar über 30 % stieg – während der Markt im Durchschnitt Mühe hat, einen zweistelligen Wert vorweisen zu können.